Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kaneon; Kanephoren; Kaneszieren; Käneus; Kanevas; Kanew; Känguruh; Känguruhinsel

457

Kaneon - Känguruhinsel.

Kaneon, runder oder ovaler Brot- oder Fruchtkorb der Griechen, welchen die athen. Jungfrauen ("Kanephoren") bei der Prozession der Panathenäen auf dem Kopf trugen (s. Abbildung).

^[Abb.: Kaneon.]

Kanephoren (griech., "Korbträgerinnen"), die Jungfrauen, welche in Athen bei festlichen Gelegenheiten die Opfergerätschaften in prachtvollen Körben auf dem Kopf trugen. Wegen der gefälligen Gestalt wurden die K. öfters als Motive für die bildende Kunst gewählt; berühmt waren die des Polyklet und Skopas.

Kaneszieren (latein.), grau werden (vor Alter). Kaneszenz, das greisenhafte Ergrauen.

Käneus, nach griech. Mythus ein Lapithe aus Gyrton in Thessalien, Sohn des Elatos und der Hippeia, soll ursprünglich eine schöne Jungfrau gewesen sein, die von ihrem Liebhaber Poseidon in einen Mann verwandelt und unverwundbar gemacht wurde. Er war Teilnehmer am Argonautenzug und an der kanonischen Jagd und wurde bei der Hochzeit des Peirithoos (s. d.) von den Kentauren mit Felsen und Baumstämmen ganz überschüttet, bis er zuletzt, noch immer lebendig und unverwundet, in den Grund der Erde fuhr. Verschiedene Bildwerke (Fries von Phigalia im Britischen Museum, auch Vasen) vergegenwärtigen die Szene.

Kanevas (franz. Canevas, spr. kannwa, v. lat. cannabis, "Hanf"; Kannefaß), Bezeichnung verschiedener Leinenzeuge, insbesondere grober und lockerer, mit regelmäßigen viereckigen Öffnungen versehener Gewebe, die als Grundlage für Wollstickereien (Stramin), auch zu Fliegen- und Luftfenstern, leichtem Unterfutter etc. dienen; auch s. v. w. Segeltuch und überhaupt derbe (ungebleichte) Leinwand; das Netz zu topographischen Karten; auch im allgemeinen der Entwurf oder die Grundlage zu etwas Auszuführendem. In der italienischen Stegreifkomödie bezeichnet man damit die Verteilung des Stoffes in Akte und Szenen, die dann von den Schauspielern durch Improvisation ausgefüllt wurden.

Kanew, Kreisstadt im russ. Gouvernement Kiew, an der Mündung der Kanewka in den Dnjepr, hat 2 griechisch-katholische und eine römisch-kath. Kirche, 5 Synagogen, mehrere Tuchfabriken und (1880) 8324 Einw. Der Kreis ist ein sehr industrieller; er zählt viele Fabriken, darunter 9 Branntweinbrennereien (die 1871 von Adelheim eröffnete ist die größte), 13 Zuckerfabriken und 3 Tuchfabriken. Die Wälder liefern viel Eichen zum Schiffbau am Schwarzen Meer.

Känguruh (Beutelhase, Macropus Shaw), Säugetiergattung aus der Ordnung der Beuteltiere, der Unterordnung der Krautfresser (Poephaga) und der Familie der Känguruhs (Halmaturidae), eigentümlich gebaute Tiere mit kleinem Kopf und kleiner Brust, kurzen, schwachen Vorderfüßen, sehr stark entwickelter Lendengegend, verlängerten, sehr kräftigen Hinterbeinen und verhältnismäßig mächtigem, äußerst muskelkräftigem Schwanz. Der Hinterteil des Leibes vermittelt fast ausschließlich die satzweise Bewegung, während die Vorderfüße hauptsächlich handartig benutzt werden. Die Hinterfüße haben vier starke, lange Zehen, von denen die mittelste einen gewaltigen hufartigen Nagel trägt, an den Vorderfüßen finden sich fünf bekrallte Zehen. Die Känguruhs bewohnen die grasreichen Ebenen Australiens, zum Teil dichtes Buschwerk oder Felsenklüfte; sie leben einzeln, sammeln sich aber auf futterreichen Plätzen zu Herden, die sich freilich bald wieder auflösen. Sie gehen schwerfällig humpelnd, sitzen gern auf Hinterfüßen und Schwanz mit schlaff herabhängenden Vorderfüßen, springen bei schneller Fortbewegung ausschließlich mit den Hinterbeinen und schnellen sich dabei 6-9 m weit fort. Sie werden daher bei ihrer großen Ausdauer, und da sie 2-3 m hohe Hindernisse mit Leichtigkeit überwinden, nur schwer von Hunden eingeholt. Die Känguruhs hören scharf; Gesicht und Geruch sind dagegen schwach entwickelt, und ihre geistigen Fähigkeiten sind gering. Bezeichnend ist ihre große Ängstlichkeit, der sie oft zum Opfer fallen. Sie leben von Gras und Kraut, Wurzeln, Rinde und Früchten. Die Fruchtbarkeit ist gering; das nach sehr kurzer Tragzeit geborne winzige, ganz unentwickelte Junge wird von der Mutter in dem Beutel an einer der Zitzen festgesetzt und nährt sich etwa acht Monate lang von der Muttermilch, ohne den Beutel zu verlassen. Geschieht dies endlich, so kehrt es noch beständig zur Mutter zurück, auch dann noch, wenn es selbst schon trägt und die Mutter ein zweites Junges im Beutel hat. Die Känguruhs werden wegen ihres wohlschmeckenden Fleisches und der Haut eifrig gejagt und sind durch rücksichtslose Verfolgung bereits sehr stark zurückgedrängt; sie ertragen auch die Gefangenschaft gut und pflanzen sich in zoologischen Gärten leicht fort. Das Riesenkänguruh (M. giganteus Shaw, s. Tafel "Beuteltiere"), gegen 3 m lang, mit 90 cm langem Schwanz, erreicht in sitzender Stellung fast Manneshöhe, ist braungrau, an Vorderarmen, Schienbeinen und Fußwurzeln hell gelblichbraun, an den Zehen und der Schwanzspitze schwarz, an den langen, spitzen Ohren nußbraun; es bewohnt Neusüdwales und Vandiemensland, ist gegenwärtig aber weit zurückgedrängt. Das Felsenkänguruh (M. penicillatus Gray) ist mit dem an der Spitze buschigen Schwanz 1,25 m lang, purpurgrau, am Kinn weiß, an der Brust grau, an Füßen und Schwanz schwarz; es bewohnt die Felsengebirge von Neusüdwales, hält sich am Tag verborgen und entgeht der Verfolgung meist durch seine außerordentliche Fertigkeit im Klettern. Die kleinsten Arten der Familie gehören zu der Gattung Känguruhratte (Buschratte, Hypsiprimnus Ill.); sie haben einen verhältnismäßig kürzern Schwanz und kleine, runde Ohren und erreichen die Größe des Hasen. Sie bauen ein dickwandiges Grasnest in einer gegrabenen Höhlung im Boden und liegen darin den Tag über verborgen; nachts gehen sie nach Futter aus, das in Gras und Wurzeln besteht. Man findet sie in Australien und Vandiemensland.

Känguruhinsel, Insel von 4400 qkm (80 QM.) Areal an der Südküste Australiens, vor dem Golf von St. Vincent, durch die westliche Investigatorstraße von der Yorkehalbinsel, durch die östliche Backstairspassage vom Kap Jervis getrennt. Die Insel wurde 1801 von Flinders entdeckt und wegen der außerordentlich zahlreichen, jetzt längst ausgerotteten Känguruhs K. benannt. Bei der Gründung der Kolonie Südaustralien, zu der die Insel gehört, wurde an der Nordküste die erste Ansiedelung (Kingscote an der Nepeanbai) angelegt, die noch heute mit einigen andern an der Küste kümmerlich besteht, da das Innere fast überall wasserlos und mit dichtem Buschwerk bedeckt ist. Die Bevölkerung betrug 1881 nur 380 Einw. Auf den Vorgebirgen Willoughby und Kap Borda sind Leuchttürme errichtet, und ein Kabel führt zum Festland. S. Karte "Australien".