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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Känguruhratte; Känguruhwein; Kanile; Kanin; Kaninchen

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Känguruhratte - Kaninchen.

Känguruhratte, s. Känguruh.

Känguruhwein, s. Cissus.

Kanile, s. Schall.

Kanin, eine Halbinsel im nördlichen Rußland, zwischen dem Weißen Meer und der Tscheskajabai, 10,500 qkm (190 QM.) groß, endigt an der Nordwestseite mit dem Kanin Noß und ist eine niedrig gelegene, große, morastige Fläche, sogen. Tundra, welche von vielen Seen, Bächen und Hügeln unterbrochen wird. Ehemals war K. eine Insel, welche vom Festland eine schiffbare Wasserstraße abtrennte, die durch die Flüsse Tschjuscha (nach NO.) und Tschischa (nach SW.), die Abflüsse des Sees Parusnoje, gebildet wurde. Infolge der Hebung der russischen Nordküste hat sich der See allmählich in einen Sumpf verwandelt. Die Vegetation ist sehr arm; Bäume kommen gar nicht vor. K. wird nur von Samojeden bewohnt (1859 zählte man im ganzen 1760 Einw.), welche im Sommer im nördlichen Teil ein Nomadenleben führen und für den Winter sich in den südlichern Teil zurückziehen, wo sie drei Dörfer haben. Im Sommer finden sich hier auch Jäger ein, die eine reiche Beute an Seehasen, Seekälbern und einer Art von Seehunden (Phoca cristata) finden. Vgl. Herm. und Karl Aubel, Reise nach Lappland und K. (Leipz. 1874).

Kaninchen (Lampert, Kuhlhase, Lepus cuniculus L., s. Tafel "Kaninchen", Fig. 1), Nagetier aus der Familie der Hasen, ist kleiner (36-42 cm lang, 1,5-2 kg schwer) und schlanker als der Hase, mit kürzerm Kopf, kürzern Ohren und kürzern Hinterbeinen. Der Pelz ist grau, ins Rostfarbene spielend, aus der Unterseite, am Bauch, an der Kehle und der Innenseite der Beine in Weiß übergehend; der Schwanz ist oben schwarz, unten weiß, die Ohren sind kürzer als der Kopf. Es ist ursprünglich in Südeuropa heimisch und auch jetzt noch in den Mittelmeerländern am häufigsten; an manchen Orten ist es auch in Mitteleuropa sehr gemein. Es lebt gesellig in hügeligen, sandigen Gegenden mit Schluchten und niedrigem Gebüsch, baut an sonnigen Stellen einfache Baue mit ziemlich tief liegender Kammer und im Winkel gebogenen Röhren, verbringt in denselben fast den ganzen Tag und geht abends auf Äsung. Es übertrifft an Gewandtheit und Schlauheit den Hasen, ist gesellig und vertraulich und hält mit dem Weibchen viel treuer zusammen als der Hase. Die Rammelzeit beginnt im Februar und März, und das Weibchen setzt bis Oktober alle fünf Wochen 4-12 Junge in einer mit seiner Bauchwolle ausgefütterten besondern Kammer. Diese saugen an der Mutter bis zum nächsten Wurf, sind im 5.-8. Monat zeugungsfähig und im 12. Monat ausgewachsen. Das K. ernährt sich wie der Hase, wird aber bei seiner großen Fruchtbarkeit und seiner Vorliebe für Baumrinde viel schädlicher. Deshalb verfolgt man die K. überall, wo und wie man irgend kann, das ganze Jahr hindurch. Man erlegt sie beim Anstand auf dem Bau, bei der Suche mit dem Vorstehhund und auf der Treibjagd, doch sind sie ohne Hilfe des Frettchens nicht auszurotten (vgl. Frettieren), und nur wenn der Iltis, das große Wiesel, der Steinmarder, Uhus und andre Eulen in der Gegend zahlreich sind, nehmen die K. ab. Das Wildbret ist weiß und wohlschmeckend, und da auch der Pelz Wert besitzt, so züchtet man das K., besonders in Frankreich, Belgien, England und Holland, und hat in neuester Zeit sich vielfach bemüht, die Kaninchenzucht auch bei uns einzuführen. Von den gezüchteten K. hat man folgende Rassen zu unterscheiden: Das halbwilde K. (Gehegekaninchen) ist ein in den sogen. Kaninchengehegen gezüchtetes und durch die günstigen Verhältnisse größer und vollkommener gewordenes, bis 2,5 kg schweres wildes K. Das im Handel vorkommende Lapin de garenne (Fig. 2) ist ein gezähmtes und zahm weitergezüchtetes, ehemaliges Gehegekaninchen, und aus diesem entstand und entsteht infolge der veränderten und verbesserten Zucht und Pflege das Lapin ordinaire. Das gewöhnliche K. oder der deutsche Stallhase ist ein unbedeutendes Tier und kommt hier nicht in Betracht. Das gewöhnliche französische K. (Lapin ordinaire, Fig. 3) ist aus dem gezähmten Gehegekaninchen entstanden, kommt in den verschiedensten Färbungen vor, z. B. Silberkaninchen, erreicht ein Gewicht von 2½-3 kg, hat ein sehr schmackhaftes Fleisch und einen guten Pelz. Das französische Widderkaninchen (Lapin bélier, Fig. 4) soll von dem Hasen vom Kapland (Lepus capensis) abstammen; es ist hasengrau, weiß, schwarz oder scheckig. Die hasengrauen werden wegen ihres Fleisches am höchsten geschätzt. Der Kopf ist dick, rundlich, der Halskamm hat oft einen Speckansatz, bei ältern Muttertieren bemerkt man ein stärkeres Hervortreten des sogen. Kropfes; die Vorderläufe sind kurz, die Hinterläufe verhältnismäßig lang. Die etwa 16-20 cm langen, breiten Löffel hängen, namentlich bei frisch eingeführten Tieren, zu beiden Seiten des Kopfes schlaff herab und werden selbst beim Lauschen nur wenig erhoben oder seitwärts bewegt. Das Gewicht des ausgewachsenen Tiers ist 5-7 kg; es setzt jährlich vier- bis sechsmal 4-7 Junge. Gegen Nässe und Kälte ist es ziemlich empfindlich. Das amerikanische K. ist dem vorigen ähnlich, aber weniger empfindlich und fruchtbarer. Dagegen ist es nicht so groß wie das Widderkaninchen und wird von diesem durch eine leichtere Ernährungsfähigkeit übertroffen. Durch Kreuzungen des amerikanischen Kaninchens mit den einheimischen Rassen hat man in Belgien das sogen. Riesenkaninchen erzüchtet. Dasselbe ist ungefähr von der Größe unsers Feldhasen, sehr fruchtbar, gegen unsre klimatischen Verhältnisse ziemlich unempfindlich und soll gemästet bis 8 kg schwer sein. Das Normandiner K. (Fig. 5) ist entstanden durch Kreuzung einheimischer französischer K. mit dem Lapin bélier. Das gewöhnliche Normandiner K. ist meist hasengrau, hat einen ovalen Kopf, teils hängende, teils aufrecht stehende Löffel und schöne runde Körperformen. Die Häsin setzt jährlich fünf- bis siebenmal 6-12 Junge. Das Tier wird 4-5 kg schwer und hat ein zartes, schmackhaftes Fleisch. Unter Leporiden versteht man im allgemeinen Bastarde vom Hasen und K. Man hat behauptet, daß dieselben die guten Eigenschaften des Hasen und Kaninchens vereinigen und diese Eigenschaften konstant auf ihre Nachkommenschaft übertragen. Bis jetzt haben sich diese Annahmen aber noch nirgends bewährt, und überdies sind die meisten als Leporiden verkauften Tiere umgetaufte Normandiner K. Übrigens ist die Leporidenzucht so schwierig, daß man alle Ursache hat, sämtliche Berichte über gelungene Zuchtversuche mit Vorsicht aufzunehmen. Das Angorakaninchen (Seidenhase, Fig. 6), aus Kleinasien, wird nur wegen seines zu feinen Gespinsten zu verwertenden Haars gezüchtet; es eignet sich aber nicht zur Zucht in Deutschland. Ein für unsre Verhältnisse vollkommen taugliches, zur Fleischnutzung zu züchtendes K. existiert noch nicht.

Bei kräftiger Ernährung der Jungen entwickelt sich der Geschlechtstrieb der K. oft schon im dritten Monat, und man pflegt die Geschlechter daher schon