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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kärnten

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Kärnten (Geschichte).

Puddelstahl und Gärbstahl (welch letzterer einen Weltruf genießt und unter verschiedenen Bezeichnungen, gewöhnlich als "Brescianer Stahl", bis nach der Türkei und nach überseeischen Ländern abgesetzt wird), in neuerer Zeit auch zu Bessemerstahl (250,000 metr. Ztr.), dann zu Gußwaren, Schwarz- und Kesselblech, Draht, Drahtseilen und Drahtstiften, Eisenbahnschienen und anderm Eisenbahnmaterial, Maschinen, Sensen und Waffen. Die Hauptsitze der Eisenindustrie sind Prävali, Buchscheiden, Lippitzbach, Heft u. a. Die Waffenfabrikation insbesondere konzentriert sich in Ferlach, wo jährlich 12,000 Stück Jagdgewehre nebst Pistolen und andern Waffen gefertigt werden. Auch das gewonnene Blei wird zu mannigfachen Fabrikaten, als vorzüglichem Bleiweiß, dann Blech, Röhren, Schrot, Mennige etc., verarbeitet. Neben der Metallwarenindustrie ist noch die Fabrikation von feinem Tuch zu Viktring, die Lederwarenfabrikation zu Klagenfurt, die Zementfabrikation (6 Fabriken), endlich die Holzstofffabrikation (für Papierfabriken) und sonstige Holzverarbeitung zu nennen. Das Land bildet seiner Lage wegen das Verbindungsglied zwischen dem mittlern Donaugebiet und Italien und besitzt in den Städten Klagenfurt und Villach Mittelpunkt seines Verkehrs, der sich neuerdings infolge der Eisenbahnen, die das Land von O. nach W. und von N. nach S. durchschneiden, und infolge der direkten Verbindung mit Italien durch die Pontebbabahn bedeutend gehoben hat. Es exportiert Erzeugnisse der Montanindustrie, Holz und Rindvieh; dagegen führt es Nahrungsmittel, Manufakte und gewerbliche Hilfsstoffe ein. In den letzten Jahren ist der Fremdenverkehr in K. erheblich gewachsen; die Gebirge bieten zahlreiche Anziehungspunkte für Touristen, und die Ufer der Seen sind als Sommeraufenthalt sehr beliebt. Für die geistige Bildung sorgen über 350 Volksschulen, die von 94 Proz. der schulpflichtigen Jugend besucht werden, die Obergymnasien in Klagenfurt und Villach, das Untergymnasium in St. Paul, die Oberrealschule, die Lehrerbildungsanstalt, die mechanisch-technische Lehrwerkstätte und die Bibliothek in Klagenfurt, die Fachschulen für Gewehrindustrie in Ferlach, für Holzindustrie in Villach und Wolfsberg.

In politischer Beziehung zerfällt das Herzogtum in den Stadtbezirk Klagenfurt und 7 Bezirkshauptmannschaften, die unter der k. k. Landesregierung stehen. Areal und Bevölkerung derselben sind aus nachfolgender Tabelle zu ersehen:

Politische Bezirke Areal Bevölkerung

QKilom. QMeil. 1880

Stadt Klagenfurt 5 0,1 18747

Bezirkshauptmannschaften

Hermagor 825 15,0 18248

Klagenfurt 1480 26,9 61282

St. Veit 1487 27,0 52210

Spittal 2767 50,3 45463

Villach 1446 26,2 58409

Völkermarkt 1318 23,9 53506

Wolfsberg 1000 18,2 40865

Zusammen: 10328 187,6 348730

Der Sitz der Landesregierung sowie des Landesgerichts, der Finanzdirektion, der Berghauptmannschaft, der Handelskammer und des Landtags ist Klagenfurt. Letzterer besteht aus 37 Mitgliedern: dem Fürstbischof von Gurk, 10 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 9 der Städte und Märkte, 3 der Klagenfurter Handelskammer, 14 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrats sendet K. 9 Vertreter. Als Gerichtshof erster Instanz, dann als Handels- und Berggericht fungiert das Landesgericht zu Klagenfurt, welchem 28 Bezirksgerichte unterstehen; in zweiter Instanz entscheidet das Oberlandesgericht zu Graz. Das kärntnerische Wappen (s. Tafel "Österreich.-ungarische Länderwappen") ist ein gespaltener Schild, links ein silberner Querbalken im roten Feld, rechts drei schwarze Löwen im goldenen Feld.

Geschichte.

Kärntens Name ist dem keltischen Volsstamm ^[richtig: Volksstamm] der Karner (s. d.) entlehnt. Anfangs zu Noricum und seit der Zeit des Augustus zum Römerreich gehörig, wurde das Land nach dem Aufhören der Römerherrschaft über die Länder im Süden der Donau von Slawen besetzt. Da jedoch die korutanischen Slawen meist von Salzburg aus zum Christentum bekehrt wurden und die bayrischen Herzöge immer mehr Einfluß daselbst erzwangen, so wurde um 772 Karantonien dem bayrischen Dukat einverleibt und kam bei dem Fall Thassilos II. unter die fränkische Herrschaft Karls d. Gr. Im J. 843 blieb K. mit Bayern bei Ludwig dem Deutschen, dessen Sohn Karlmann seinen natürlichen Sohn, den spätern Kaiser Arnulf, zum Herzog von K. ernannte. Unter letzterm und Ludwig dem Kinde war K. wieder mit Bayern vereinigt, gelangte unter die Amtsgewalt Liutpolds von Scheyern und teilte dann die Geschicke Bayerns, bis es 976 von Kaiser Otto II., durch die Markgrafschaft Istrien und fast ganz Friaul vergrößert, als ein besonderes Herzogtum Heinrich dem jüngern, einem Neffen des bayrischen Herzogs Arnulf, verliehen wurde, der es aber 978 verlor, 983 wieder erwarb. Nach dessen Tod (989) kam K. für eine kurze Zeit wieder an Bayern zurück, von welchem es 995 für immer getrennt wurde. Dann kam es in den Besitz des herzoglichen Geschlechts von Rheinfranken, 1011-1035 in die Hand der Eppensteiner Grafen von Mürzthal, und nach dem Zurücktritt des Herzogs Konrad II., des jüngern (1039), ließ es Kaiser Konrad II. unbesetzt. Kaiser Heinrich III. verlieh K. 1047 dem Grafen Welf von Altorf, und Heinrichs IV. Mutter Agnes darauf dem Grafen Berthold von Zähringen, dessen Nachkommen seitdem den Titel Herzöge von K. führten, obwohl schon 1073 Berthold des Herzogtums verlustig wurde. 1073-1122 hatten die Eppensteiner, 1122-1269 die Sponheim-Lavantthaler den Herzogsstuhl inne. Als der letzte derselben, Ulrich III., starb (1269), fiel das Land zufolge eines Erbvertrags an seinen Vetter, den König Ottokar II. von Böhmen. Schon infolge des Wiener Friedens mit Ottokar (1276) nahm König Rudolf von Habsburg K. und Krain nebst Österreich und Steiermark in Besitz und zog erstere beiden Länder als erledigte Lehen ein. Den Grafen Meinhard von Görz-Tirol, welcher die Verwaltung Kärntens und Krains in Händen hatte, belehnte er 1286 für seine Treue im Kampf gegen Ottokar von Böhmen mit dem Herzogtum K. Als nun dessen Nachkommen in männlicher Linie 1335 ausstarben, erbte die Tochter des letzten Grafen, Margarete Maultasch, Tirol; K. aber ward vom Kaiser Ludwig dem Bayern den Herzögen Albert und Otto von Österreich und Steiermark verliehen. Seitdem ist es bei Österreich verblieben und bildete seit 1412 einen Bestandteil der sogen. "innerösterreichischen" Ländergruppe. 1809 kam K. teilweise (der Villacher Kreis) infolge des Friedens von Schönbrunn an Frankreich und bildete einen Teil der illyrischen Provinzen; 1814 fiel es indes wieder an Österreich zurück. Seit 1816 gehörte es als Klagenfurter und Villacher Kreis zum Gubernium Laibach des Königreichs Illy-^[folgende Seite]