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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karolinensiel; Karolinenthal; Karolinger

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Karolinensiel - Karolinger.

Juni 29-31° C. Von November bis März weht der Nordostpassat, von April bis September der Südwestpassat; heftige Orkane richten oft große Verheerungen an. Die Karoliner gehören zu den Mikronesiern; sie sind von hübschem Äußern, hellbrauner Hautfarbe und schwarzem Haar, freundlich und liebenswürdig (vgl. Tafel "Ozeanische Völker", Fig. 14, 15, 19, 20). Sie leben in kleinen Staaten unter vielen Häuptlingen, die stets miteinander in freilich nicht sehr blutigen Kriegen leben, obschon die Residenzen dieser Häuptlinge zuweilen durch Schiffskanonen verteidigt werden. Als kühne Seefahrer unterhalten sie einen lebhaften Verkehr mit den Marianen, wo sie auf Saypan mehrere kleine Niederlassungen gegründet haben. Merkwürdig sind die großartigen, aus früherer Zeit stammenden Steinbauten, Hafendämme u. a. auf manchen Inseln sowie das Steingeld, welches sie bis zur Größe von Mühlsteinen auf Palau brechen. Wichtig ist die Gruppe in neuester Zeit durch den Koprahandel geworden. Die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee (Samoa) hat Faktoreien auf Ujilong, Ponape, Lukunor, Losap, Nukuor, Lamotrek, Uluihi, Yap und Palau, die Firma Hernsheim (Jaluit) seit 1876 auch Faktoreien mit eignem Grundbesitz auf Ponape und einigen andern Inseln; außerdem gibt es hier ein paar englische Häuser. Von Kopra, dem einzigen Handelsgegenstand der K., werden jährlich durch die deutschen Firmen 1000 (Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft 800, Hernsheim 200) Ton. ausgeführt.

Die Inselgruppe wurde zuerst 1527 durch den Portugiesen Diego da Rocha entdeckt und Sequeirainseln getauft, erhielt aber 1686 von dem Spanier Lazeano nach König Karl II. ihren jetzigen Namen, welcher den ihnen gleichfalls von Spaniern gegebenen Namen der Neuen Philippinen schnell verdrängte. Von Manila aus suchten die Jesuiten die Bewohner der K. zum Christentum zu bekehren, die erste Expedition 1710 mißlang, andre ebenfalls, und als 1731 der Pater Cantova ermordet wurde, bekümmerte sich Spanien nicht mehr um die Gruppe. Untersucht wurde dieselbe 1817 durch Kotzebue mit Chamisso, 1824 durch Duperrey, in besonders verdienstlicher Weise aber 1827 und 1828 durch Lütke. Weitere Nachrichten über einzelne Teile verdanken wir Semper, Kittlitz, Hernsheim u. a. Die Gruppe ist danach von manchen Geographen als Besitz Spaniens aufgeführt worden, als dieses aber 1875 sein angebliches Besitzrecht geltend machen wollte, wurden seine Ansprüche sowohl von Deutschland als von England zurückgewiesen. Als 1884 die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft die Reichsregierung ersuchte, die Gruppe unter deutschen Reichsschutz zu stellen, wurde diesem Wunsch unter Absendung eines Kriegsschiffs entsprochen, das 25. Aug. 1885 auf Yap die deutsche Fagge heißte. Die zu demselben Zweck entsandten spanischen Kriegsschiffe zogen sich darauf zurück. Die Nachricht hiervon rief in Spanien die größte Aufregung hervor, die sich in verletzenden Kundgebungen äußerte. Die Regierung protestierte gegen die deutsche Besitzergreifung, worauf Deutschland sich bereit erklärte, die Streitfrage dem Schiedsgericht des Papstes zu unterwerfen. Dieser entschied 22. Okt., daß die K. und Palauinseln Spanien gehören, dieses aber Deutschland volle Freiheit und Schutz des Handels und der Schiffahrt sowie das Recht, auf den K. eine Schiffs- und Kohlenstation anzulegen, gewähren sollte. In diesem Sinn kam im Dezember ein Vertrag zwischen Deutschland und Spanien zum Abschluß. Auf die Schiffs- und Kohlenstation verzichtete Deutschland 1886. Vgl. Kubary, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis der Karolinen-Inselgruppe (Berl. 1885 ff.); Mantero Vidal, El archipiélago Filipino y las islas Marianas, Carolinas etc. (Madr. 1886); Taviel de Andrade, Historia del conflicto de las Carolinas (das. 1886).

Karolinensiel (Karolinensyhl), Dorf im preuß. Regierungsbezirk Aurich, Kreis Wittmund, an der Harle und der Linie Sande-K. der Oldenburgischen Staatsbahn, hat Schiffbau, Schiffahrt, Seefischerei, lebhaften Handel mit Getreide und sonstigen Landesprodukten und (1885) 1700 evang. Einwohner. Der Hafen befindet sich 1 km unterhalb an der Mündung der Harle in die Nordsee bei der Friedrichsschleuse; Überfahrt nach der Insel Wangeroog.

Karolinenthal (tschech. Karlin), Stadt in Böhmen, Vorstadt von Prag, liegt östlich von der Hauptstadt, zwischen der Moldau und dem Ziskaberg, ist mit Prag durch Tramway verbunden und hat (1880) 17,250 Einw. Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die zweigetürmte St. Cyrillus- und Methodiuskirche, ein schöner Bau im Rundbogenstil (1863 vollendet) auf dem mit Anlagen gezierten Ringplatz, das k. k. Invalidenhaus, ein großes, aber unvollendetes Gebäude, welches von der ausgedehnten Invalidenwiese (Exerzierplatz) und der Militärschießstätte umgeben ist, eine große Militärkaserne, Gasbeleuchtungsanstalt und der 1327 m lange Viadukt der Prag-Dresdener Eisenbahn, mit 87 Bogen über die Häuser Karolinenthals und über die Moldau hinwegsetzend. K. ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und Hauptsteueramtes, hat eine deutsche und eine tschechische Oberrealschule, Handelsschule, gewerbliche Fortbildungsschule und zahlreiche industrielle Etablissements, namentlich für Maschinen, Zuckerfabrikapparate, feuerfeste Kassen, chemische Produkte, Schokolade und Kanditen, Baumwollweberei und Kattundruckerei. Der Ort entstand aus einem hier im 16. Jahrh. angelegten Spital für Pestkranke und gewann seit 1800 stetig an Bedeutung und Umfang. S. den Stadtplan von Prag.

Karolinger, fränk. Dynastie, welche erst die Majordomuswürde im alten Frankreich bekleidete, mit Pippin dem Kleinen 751 den fränkischen Thron bestieg und sich durch Ludwigs des Frommen Söhne in drei Linien teilte: eine italienisch-lothringische, die schon 875, eine deutsche, die 911, und eine französische, die 987, resp. 994 erlosch. Die Heimat dieses glorreichen Geschlechts ist in dem Gebiet zwischen Maas und Mosel, Rhein, Roer und Amblève, also mitten in Austrasien, zu suchen, als Stammvater Arnulf, Bischof von Metz (612-627, gest. 641), zu betrachten. Sein Sohn Ansegisil heiratete eine Tochter des Majordomus von Austrasien, Pippin von Landen (622-639); diese Würde ging aber nicht auf ihn, sondern auf Pippins Sohn Grimoald über. Als dieser 656 einen verfrühten Versuch machte, sein Geschlecht an der Stelle des merowingischen auf den fränkischen Thron zu setzen, mußte er diesen Ehrgeiz mit dem Leben bezahlen. Doch des Ansegisil Zweig blühte fort, sein Sohn Pippin (von Herstal) gewann 687 durch die Schlacht bei Testri das Majordomusamt im gesamten fränkischen Reich. Nach seinem Tod folgte nicht sein unmündiger Enkel Theudoald, sondern sein unehelicher Sohn Karl Martell (714-741) als Majordomus, demselben 741 seine Söhne Karlmann und Pippin der Kleine, welch letzterer, als Karlmann 747 ins Kloster ging, allein das Ruder in die Hände bekam. Dieser ließ sich nach Entthronung