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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kaufmann

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Kaufmann (handelsrechtlich) - Kaufmann (Personenname).

Aktiengesellschaften auch auf diese, selbst wenn sie keine Handelszwecke verfolgen, und nach dem Gesetz vom 4. Juli 1868 auch auf die eingetragenen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften Anwendung. Dagegen behandelt das Handelsgesetzbuch (Art. 10) die Höker, Trödler, Hausierer und dergleichen Handelsleute von geringem Gewerbebetrieb, ferner Wirte, gewöhnliche Fuhrleute, Schiffer und Personen, deren Gewerbe nicht über den Umfang des Handwerksbetriebs hinausgeht, nicht als Kaufleute. So entsteht der Gegensatz zwischen dem Vollkaufmann und dem Kleinkaufmann (Minderkaufmann, Handelsmann, Krämer, K. mindern Rechts). Eine Beschränkung in Ansehung des Handelsbetriebs statuiert das Handelsgesetzbuch außerdem noch bei den Handelsmaklern (Art. 69), welche für eigne Rechnung keine Handelsgeschäfte machen, und bei den Prokuristen (Art. 56) und Handlungsgehilfen (Art. 59), welche dies wenigstens nicht ohne Genehmigung des Prinzipals dürfen; zudem ist nach den meisten Partikulargesetzgebungen den Beamten, Geistlichen und Soldaten der Handelsbetrieb untersagt. Im einzelnen sind die Rechte und Pflichten des Kaufmanns nach deutschem Recht im wesentlichen folgende. Der K. ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten den Kammern für Handelssachen nach Maßgabe ihrer Zuständigkeit unterstellt; er kann zum Handelsrichter gewählt werden (s. Handelsgerichte). Der K. hat das Recht der Firma (s. d.) und die Pflicht zu ihrer Veröffentlichung (Handelsgesetzbuch, Art. 15 ff.). Alle einzelnen Geschäfte desselben, welche zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören, sind als Handelsgeschäfte (s. d.) anzusehen, und zwar gelten im Zweifel die von ihm geschlossenen Verträge als zum Betrieb des Handelsgewerbes gehörig und die von ihm gezeichneten Schuldscheine als in diesem Betrieb gezeichnet, sofern sich nicht aus denselben das Gegenteil ergibt (Art. 273, 274). Der K. hat Anspruch auf den gesetzlichen Markenschutz (s. Fabrik- und Handelszeichen). In Ansehung der Prokura (s. d.) und der Handelsgesellschaften (s. d.) bestehen besondere Vorschriften. Ein K. kann bei Handelsgeschäften einem andern K. gegenüber auch ohne Verabredung oder Mahnung von dem Fälligkeitstermin ab Zinsen aus seiner Forderung beanspruchen, und zwar ist bei Handelsgeschäften die Höhe der gesetzlichen Zinsen, namentlich auch der Verzugszinsen, auf sechs vom Hundert normiert (Art. 287, 289). Bei einem einseitigen Handelsgeschäft, welches nur für den K. ein solches ist, kann derselbe jedenfalls vom Tag der Mahnung an derartige Zinsen beanspruchen (Art. 288). Für die Besorgung von Geschäften und die Leistung von Diensten seitens eines Kaufmanns kann letzterer auch ohne vorherige Verabredung Provision und, wenn es sich um Aufbewahrung handelt, zugleich auch Lagergeld nach den am Ort gewöhnlichen Sätzen, von seinen Darlehnen, Vorschüssen, Auslagen und sonstigen Verwendungen aber vom Tag ihrer Leistung oder Beschaffung an Zinsen in Ansatz bringen (Art. 290). Stehen ferner Kaufleute miteinander in einem Kontokorrentverhältnis, so können aus dem sich beim Abschluß ergebenden Saldo vom Tag des Abschlusses an Zinsen gefordert werden, auch wenn darunter Zinsen mit inbegriffen sind (Art. 291), während sonst das Nehmen von Zinseszinsen nicht erlaubt ist. Bemerkenswert ist ferner die Befugnis zur Ausstellung von Anweisungen und Verpflichtungsscheinen ohne Angabe des Verpflichtungsgrundes, welche als Orderpapiere behandelt und, wie ein Wechsel, durch Indossament begeben werden können (Art. 300-303). Kaufleute sind ferner privilegiert in Ansehung der Pfandbestellung für eine Forderung aus Handelsgeschäften, welche bei Mobilien und Inhaberpapieren in formloser Weise erfolgen kann (Art. 309-312); auch ist ihnen andern Kaufleuten gegenüber wegen fälliger Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften ein Retentionsrecht an allen beweglichen Sachen und Wertpapieren des Schuldners, welche mit dessen Willen auf Grund von Handelsgeschäften in ihren Besitz gekommen sind, eingeräumt (Art. 313). Dem K. steht ferner nach Maßgabe der Börsenordnungen das Recht des Börsenbesuchs zu; er ist zur Mitgliedschaft bei gewissen kaufmännischen Korporationen befugt, und besondere kaufmännische Statutarrechte und Observanzen kommen an einzelnen Handelsplätzen ihm gegenüber zur Anwendung. Dagegen ist der K. verpflichtet, ordentliche Handelsbücher zu führen und aufzubewahren, die empfangenen Handelsbriefe aufzuheben und von den abgesandten Abschriften in sein Kopierbuch einzutragen, ferner beim Beginn des Geschäfts ein Inventar seines Vermögens aufzustellen und alljährlich oder doch mindestens alle zwei Jahre eine weitere Inventur vorzunehmen und die Bilanz des Geschäfts aufzustellen (Art. 28-40). Die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs, wonach derartige Bücher entgegen dem Grundsatz, daß Privaturkunden für den Aussteller nichts beweisen, für besonders beweiskräftig, wenigstens in einem gewissen Umfang, erklärt waren, ist durch die deutsche Zivilprozeßordnung beseitigt. Die Vernachlässigung dieser Pflicht zur Führung von Handelsbüchern wird an dem insolventen K. unter Umständen kriminell bestraft (s. Bankrott).

Kaufmann, 1) Name einer berühmten Akustikerfamilie in Dresden. Johann Gottfried K., der Gründer der dortigen Fabrik selbstspielender Musikwerke, geb. 14. April 1751 zu Siegmar bei Chemnitz, war erst Strumpfwirker, trat sodann bei einem Mechaniker in Dresden in die Lehre und setzte nach dem Tod seines Lehrmeisters dessen Geschäft fort. Er verfertigte namentlich Spiel- und Harfenuhren, erfand auch eine Flötenuhr und erregte mit seinen mechanischen Arbeiten großes Aufsehen. Seit Anfang des 19. Jahrh. unterstützte ihn dabei sein Sohn Friedrich K., geb. 5. Febr. 1785, der neben seinem großen Trompeten- und Paukenwerk (Salpingion) besonders durch sein Belloneon und seinen Trompeterautomaten sich einen Namen erwarb. Gemeinschaftlich konstruierten Vater und Sohn das Chordaulodion und Harmonichord. Nachdem beide Künstler schon früher mehrere Städte Deutschlands mit ihren Instrumenten besucht, bereisten sie auch Italien, Rußland, England und Frankreich. Nach des Vaters Tode, der 10. April 1818 in Frankfurt a. M. erfolgte, setzte der Sohn diese Reisen fort. Er starb 1. Dez. 1866 in Dresden. Auch der Sohn des letztern, Theodor K., geb. 9. April 1823, war mit bedeutendem Kunsttalent begabt. Das von ihm erfundene "Orchestrion" muß zu den großartigsten mechanischen Kunstwerken gerechnet werden und erregte namentlich 1850 in England Bewunderung. Er starb 5. Febr. 1872. In Dresden besteht seit längerer Zeit das "Akustische Kabinett von K.", in welchem alle Instrumente der genannten Erfinder dem Publikum vorgeführt werden.

2) Christoph, originelle Figur aus der "Geniezeit", geb. 14. Aug. 1753 zu Winterthur, studierte Medizin in Bern, beschäftigte sich aber bald ausschließlich mit den Basedowschen pädagogischen Reformbestrebungen und durchzog als Weltverbesserer, von