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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kelter; Keltiberer; Keltische Altertümer

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Kelter - Keltische Altertümer.

Vordringen nach S. sich im 4. Jahrh. die Römer mit Erfolg widersetzten. Da sie auch die K. in Gallia cisalpina um 220 zu unterjochen begannen und der Zudrang der keltischen Stämme in das überfüllte Oberitalien immer noch fortdauerte, so wandte sich ein Teil derselben weiter gegen O. und nahm Pannonien und die umliegenden Landschaften ein; Krain, Kärnten, Steiermark, Österreich, das westliche Ungarn, Slawonien, Kroatien, Serbien und Bosnien wurden von den kriegerischen K. erobert. Auch in Thrakien und Illyrien setzten sich die K. fest. 280 brachen von hier aus 212,000 keltische Krieger verheerend in Makedonien, Thessalien und Griechenland ein und ließen sich in Kleinasien (Galatia) nieder. Die K. waren groß und stark gebaut, hatten eine weiße Haut, blondes oder rötliches, langes, von Stirn und Scheitel über den Nacken gezogenes Haar, das sie durch Kunst noch röter zu machen suchten, blaue Augen, lebhafte und trutzige Blicke und Gesichtszüge, waren zanksüchtig, eitel, leichtgläubig, übermütig, prahlerisch und kriegslustig. Sie besaßen große geistige Bildsamkeit, natürlichen Verstand und besondere Begabung für Rede und Dichtung. Überhaupt atmete in ihnen ein ritterlicher Geist. Ihre Sprache klang den Römern und Griechen rauh und unfreundlich. Manche K. schoren den Bart, andre ließen ihn kurz stehen; die Vornehmsten trugen zwar ein glattes Kinn, aber einen starken Schnurrbart. Die Kleidung bestand in bunten wollenen Leibröcken, über welche manche einen Gürtel von Gold oder Silber festgeschnallt trugen, in Hosen (braccae) und in einem kurzen Flausmantel. Goldene Bänder zierten die Handwurzel und den Arm, goldene Ringe die Finger und Ketten von gleichem Metall den Hals. Mannshohe Lederschilde mit bunten Malereien, eherne Helme mit großen Aufsätzen, welche Hörner oder Tiergestalten vorstellten, eiserne Panzer, oft von Draht geflochten, waren die Schutzwaffen, und sehr lange, starke Schwerter wurden an eisernen Ketten schräg an der rechten Seite getragen. Die Lanzen waren mit einer mehr als handbreiten und 30 cm langen eisernen Spitze versehen; selten bediente man sich der Bogen und andrer Wurfwaffen. Am liebsten kämpften die K. zu Pferde oder auf Streitwagen, und der vornehmere Teil bildete die Ritterschaft, welche des Ansehens und der Furchtbarkeit halber möglichst viel Anhänger und Kriegsgehilfen zu gewinnen strebte. Diese Ritter liebten den Einzelkampf und riefen im Angesicht der Feinde die Beherztesten dazu auf. Im ersten Angriff waren die K. jederzeit fürchterlich und fast unwiderstehlich. Nur durch die geschickte Benutzung ihrer innern Streitigkeiten und dadurch, daß sie die erste Hitze des Angriffs verbrausen ließen, vermochten die Römer endlich die Oberhand über sie zu gewinnen. Für Gold leistete der Kelte gern Kriegsdienste; der keltische Söldner war wegen seiner Tapferkeit gesucht, aber auch vom Feind leicht zu erkaufen, und oft brachen Empörungen unter den keltischen Mietlingsscharen aus. Den K. fehlte vor allem die Fähigkeit, unter Gesetzen zu leben, den Einzelwillen der Gesamtheit unterzuordnen und mit beharrlichem Sinn einem höhern Ziel zuzustreben. Es galt als schimpflich für den freien Kelten, das Feld mit eignen Händen zu bestellen; der freie Bauernstand schwand, es gab nur eine herrschsüchtige Priesterkaste, die Druiden, einen übermütigen Adel, der auch die Königsherrschaft nicht mehr duldete, und eine unterdrückte gutshörige Klientel, welche den jährlich neuverteilten Ackerboden bearbeitete. So erklärt es sich, daß die K. alle Staaten erschüttert und keinen gegründet haben, daß weder ein dauerndes Reich, noch eine eigne Kultur von ihnen geschaffen wurde. Wegen der Unsicherheit der Nachrichten des Altertums über die Wanderungen und Wohnsitze der K., wegen der Leichtigkeit, mit der die K. in andern Völkern aufgingen, beruht die Forschung der ältesten Geschichte der K. auf sehr schwankender Grundlage, und das Streben der sogen. Keltomanen, welche überall keltische Spuren wittern, alle Namen durch das Keltische erklären wollen, wird hierdurch befördert, obwohl nicht gerechtfertigt. Vgl. Zeuß, Die Deutschen und ihre Nachbarstämme (München 1837); Diefenbach, Celtica (Stuttg. 1839-41, 2 Tle.); Derselbe, Origines europaeae (Frankf. 1861); Brandes, Die ethnographischen Verhältnisse der K. und Germanen (Leipz. 1857); Contzen, Die Wanderungen der K. (das. 1861); Cuno, Vorgeschichte Roms, Bd. 1: "Die K." (Leipz. 1878); Saint-Brieuc, Études sur les Celtes et les Gaulois (Par. 1875); Bertrand, Archéologie celtique et gauloise (das. 1876); De Valroger, Les Celtes, la Gaule celtique (das. 1879).

Kelter, s. Presse und Wein.

Keltiberer (lat. Celtiberi), eins der mächtigsten Völker des alten Spanien, aus Vermischung der eingewanderten Kelten (s. d.) mit den eingebornen Iberern entstanden und daher von den Griechen K. benannt. Ihnen selbst war dieser Name unbekannt, sie kannten nur die Namen der einzelnen Stämme, in welche sie zerfielen, wie Arevaker, Murboger, Beronen, Pelendoner, Lusonen, Beller und Dittaner. Die K. hatten die Hochebene am obern Iberus in Besitz. Das Land war von steilen Bergketten durchzogen, rauh und unfruchtbar, das Volk der K. aber infolge davon das kriegerischte in ganz Spanien. Sie hatten nur wenige Städte, wie Clunia, Segovia, Numantia, und wohnten meist in Dörfern oder halbnomadisch als Hirten, da das Land fast bloß zur Schafweide geeignet war. Sie hatten den keltischen Körpertypus (blonde Haare, blaue Augen und hohe Gestalt) beibehalten, aber iberische Sitte, Tracht und Bewaffnung sowie auch iberische Sprache angenommen. Die K. machten unter allen Völkerschaften Spaniens den Römern, denen sie anfangs gegen die Karthager beigestanden hatten, am meisten zu schaffen. Ihr Abfall führte 212 v. Chr. den Untergang der Brüder P. und Gnäus Cornelius Scipio herbei. Der ältere M. Porcius Cato trat zuerst 195 kräftig gegen sie auf. Tib. Sempronius Gracchus zerstörte 179 viele ihrer festen Plätze und brachte sie in eine Art von Abhängigkeit von Rom. Viele Niederlagen erlitten die Römer von den Numantinern, und selbst Numantias Zerstörung 133 brach nicht den stolzen Freiheitsmut der K. Unter Sertorius erneuerten sie den Krieg, und erst nach dessen Untergang durch Pompejus war die Unterwerfung dieses heldenmütigen Volkes vollständig. Nun fanden römische Sprache, Kleidung und Sitten ungehindert überall Eingang, und das Land ward ein Teil des Conventus Cluniensis der römischen Provinz Hispania Tarraconensis.

Keltische Altertümer, früher allgemeine Bezeichnung für die vorrömischen Altertümer, nicht nur der ehemaligen Keltenländer, sondern auch der größtenteils in Deutschland entdeckten. Mit den Ansichten über die Zeit und Ausdehnung der Keltenherrschaft wechselten auch die Begriffe über die von den Kelten herstammenden Altertümer. In England bezeichnet man mit der Late Celtic Period (spätkeltische Periode) die der Römerherrschaft zunächst voraufgehende und zum Teil gleichzeitige Periode, in Frankreich dagegen