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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kerzenbeerstrauch; Kerzenweihe; Kesbiner; Keschkul; Kescho; Kesch, Piz; Kese-dar; Keser; Késmárk; Kessel

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Kerzenbeerstrauch - Kessel.

rat, dessen Kristallisationsfähigkeit durch Zusatz von 3 Proz. Wachs oder Paraffin aufgehoben wurde, wie die Stearinsäurekerzen, nur etwas heißer, gegossen. Sie sind sehr schön durchsichtig u. farblos, brennen mit hoher, hell leuchtender Flamme, verzehren sich aber ziemlich schnell und sind daher teuer. Vgl. Engelhardt, Handbuch der prakt. Kerzenfabrikation (Wien 1887).

Geschichtliches. Die Römer benutzten anstatt der K. mit Pech oder Wachs getränkte Flachsschnüre, später in Pech getauchte und mit Wachs überzogene Streifen von Papiergras oder Binsen. Fettgetränktes Mark vom Schilfrohr wurde als Nachtlicht neben den Leichen aufgestellt. Die ersten K. unsrer Art scheinen zur Zeit der Christenverfolgungen aufgekommen zu sein, und vielleicht hängt damit der ausgedehnte Gebrauch der K. bei kirchlichen Zeremonien zusammen. Apulejus unterschied zu Ende des 2. Jahrh. schon Wachs- und Talgkerzen, doch verdrängten letztere erst mit Anfang des 9. Jahrh. den Kienspan. Im Mittelalter wurden Wachskerzen und Wachsfackeln mit Dochten von gedrehtem Werg in Formen gegossen. Die Brenndauer der Wachskerzen von bestimmter Länge und Dicke diente neben der Sanduhr zu ungefährer Zeitbestimmung, namentlich bei Gerichtsverhandlungen u. dgl. ("à chandelle éteinte"). Wachskerzen waren im 14. Jahrh. an den Höfen reicher Fürsten immer noch sparsam im Gebrauch; aber die katholische Kirche dehnte ihren Gebrauch ins Fabelhafte aus, und es wurden z. B. in der Schloßkirche zu Wittenberg zu Luthers Zeit 35,750 Pfd. in einem Jahr verbrannt. Als durch den Protestantismus diese Konsumtion beschränkt wurde, traten die Höfe besonders im 18. Jahrh. mit großartigem Luxus dafür ein: in Dresden verbrauchte ein einziges Hoffest 14,000 Stück Wachslichte. Seit dem 15. Jahrh. kamen die Talglichte in allgemeinen Gebrauch. Braconnot und Simonin (1818) und Manjot (1820) in Paris fertigten K. aus Stearin. 1831 stellte man in England solche K. aus Palmöl dar, aber schon 1825 hatte Chevreul mit Gay-Lussac ein Patent auf K. aus Stearinsäure genommen, deren tadellose Herstellung indes erst 1834 gelang, nachdem Cambacérès geflochtene und gedrehte Dochte und Milly die Verseifung der Fette durch Kalk erfunden hatte. Milly, welchem die Stearinkerzenindustrie viele wesentliche Verbesserungen verdankt, verpflanzte dieselbe 1837 mit großem Erfolg nach Wien, und um dieselbe Zeit wurde in Berlin die erste derartige Fabrik errichtet. Milly tränkte zuerst die Dochte mit Salzen, wußte das Kristallinischwerden der Stearinsäure zu beseitigen und führte die Dampfheizung, die hydraulische Presse und das Gießen in die Stearinkerzenfabrikation ein. 1839 stellte Seligue in Paris Paraffinkerzen aus bituminösen Schiefern dar; bessere Resultate gewann aber erst Young in Manchester, und bald darauf entwickelte sich die Paraffinindustrie der Provinz Sachsen, welche seitdem das Ausgezeichnetste leistete. Eine Konkurrenz erwuchs der letztern durch die Belmontinkerzen (nach der im Belmontquartier in London liegenden Fabrik benannt) und noch mehr durch die K. aus Ozokerit, welches Material schon vor der Entdeckung des Paraffins in der Moldau verarbeitet ward. Die ersten Talg- und Wachslichte wurden gezogen, die Erfindung des Gießens scheint nicht über das 17. Jahrh. hinauszugehen.

Kerzenbeerstrauch, s. Myrica.

Kerzenweihe, die Übung der katholischen Kirche, am Fest Mariä Reinigung (Lichtmeß), 2. Febr., unter gewissen Gebeten und Segnungen Wachskerzen zu weihen, welche entweder zum Gottesdienst oder zum Gebrauch in den Familien bei Gewittern u. dgl. bestimmt sind. Eine K. findet auch 3. Febr., dem Tag des heil. Blasius (s. d.), statt, und am Karsonnabend wird die Osterkerze geweiht (s. Ostern und Altarkerzen).

Kesbiner, mohammedan. Sekte, s. Nossairier.

Kesch, Piz, das 3417 m hohe Haupt einer der Hochalpengruppen des schweizer. Kantons Graubünden, wie sie zwischen Pizzo Stella und Silvretta in einem langen Zug aufeinander folgen. Der Hauptstock, vom Piz Uertsch (3273 m), Piz Frisla (2822 m) und Piz Forun (3051 m) umlagert, beherrscht das Gebirge zwischen Albula- und Scalettapaß. Die Besteigung erfolgt von Madulein (1681 m) im Unterengadin in 5-6 Stunden.

Keschkul (pers.), das aus einer halben Kokosnußschale gebildete Trinkgefäß der Derwische, das ihnen auch als Napf für die erbettelten Speisen dient.

Kescho, Stadt, s. Hanoi.

Kese-dar (pers.), Titel türk. Kassenbeamten, welche die Nebenausgaben eines Verwaltungsbüreaus und die Almosenverteilung besorgen.

Keser, türk. Münze, s. Beutel.

Késmárk, Stadt, s. Käsmark.

Kessel, meist größere und runde metallene Gefäße, je nach dem Zweck, zu welchem sie bestimmt sind, von abweichender Form. Am häufigsten sind die aus Kupfer geschmiedeten, aus Eisen gegossenen und aus Eisenblech getriebenen oder genieteten K. Die schmiedeeisernen K. werden vielfach emailliert, um das Angreifen des Eisens zu vermeiden, auch doppelwandig durch Schweißen hergestellt, zum Zweck des Kochens mit Dampf. Die größten K. benutzt man zur Erzeugung von Wasserdampf (s. Dampfkessel). - K. heißt auch eine von allen Seiten durch Erhöhungen begrenzte Vertiefung des Bodens von rundlicher Gestalt. Die K. unterscheiden sich von den Thalbecken hauptsächlich dadurch, daß sie entweder gar keinen oder doch nur einen einzigen Ausgang haben. - In der Artillerie heißt K. bei Geschützen mit cylindrischer Kammer (Haubitzen und Mörser, s. d.) der halbkugelförmige Teil der Seele zwischen Kammer und Flug. - In der Jägersprache nennt man K. die Vertiefung, welche sich die Sauen in den Boden brechen, um sich darin zu lagern (einzuschieben), auch die Erweiterungen in den Röhren der Baue der Dachse, Füchse, Kaninchen etc., in welchen dieselben Junge bringen; auch eine von Schützen und Treibern umstellte Fläche bei der Treibjagd (s. d.).

Kessel, van, niederländ. Künstlerfamilie, von welcher folgende Mitglieder die bekanntesten sind:

1) Hieronymus, geboren zu Antwerpen, war um 1594 Schüler des Cornel. Floris, ging dann nach Deutschland, wo er in Frankfurt a. M., Augsburg, Straßburg und Köln bis 1620 thätig war. Er soll dann nach seiner Heimat zurückgekehrt und daselbst nach 1626 gestorben sein. Er malte zumeist Porträte, welche von R. Sadeler gestochen worden sind.

2) Theodor, Kupferstecher und Radierer, geboren um 1620 in Holland, ließ sich um 1652 in Antwerpen nieder und radierte und stach daselbst nach Rubens (Jagd des kalydonischen Ebers), van Dyck, Tizian (Karl V.), G. Reni u. a.

3) Jan, der ältere, Sohn von K. 1), geb. 1626 zu Antwerpen, war Schüler von Simon de Vos und Samtbrueghel und malte in der Art des letztern vorzugsweise Vögel, Blumenkränze, Früchte, Insekten. Das Museum zu Antwerpen besitzt von ihm ein Vogelkonzert, das zu Madrid einen Blumenkranz mit Jesus und Johannes in der Mitte, das Belvedere zu Wien eine Wildschweinshetze, einen