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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kleie; Kleienflechte; Kleimühle; Klein

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Kleie - Klein.

Luft, und es ist bekannt, wieviel mehr wir in naßkalter Luft frieren als in trockenkalter. Hier kommt das große Wärmeleitungsvermögen des Wassers und die durch Aufnahme des Wassers verminderte oder völlig unterdrückte Durchlässigkeit der K. für Luft in Betracht. Die Schnelligkeit, mit welcher die Luft in dem Kleidungsstoff vom Wasser verdrängt wird, hängt einerseits von der Adhäsionsfähigkeit des Wassers zu dem bezüglichen Stoff, anderseits von der letzterm zukommenden spezifischen Elastizität ab. Nun ist im feuchten Zustand die Faser der Leinwand, Baumwolle und Seide viel weniger elastisch als im trocknen, während die Wollfaser im nassen wie im trocknen Zustand von gleicher Elastizität ist. Die Undurchgängigkeit für Luft durch Benetzung wird daher bei Leinwand, Baumwolle und Seide sehr schnell, bei Schafwolle sehr schwer und vollständig fast niemals erreicht. Wir erkälten uns daher viel weniger, wenn wir in Wolle, als wenn wir in Leinwand und Seide gekleidet sind, während letztere vorzügliche Dienste leisten, wo wir die Haut möglichst kühl zu erhalten wünschen. Nasse Leinwand verdunstet ihr Wasser viel schneller als nasse Wolle. Von 1000 Teilen Leinwand werden verdunstet in den ersten 75 Minuten 511 Teile Wasser, von 1000 Teilen Wolle 456 Teile Wasser, hingegen in den folgenden 30 Minuten von Leinwand 130, von Wolle aber noch 148 und in weitern 30 Minuten von Leinwand 44, von Wolle 115 Teile. Der Trocknungsprozeß ist bei Wolle ein gleichmäßigerer als bei Leinwand und mithin auch die Bindung der Verdunstungswärme. Alle diese Verhältnisse erklären hinlänglich das außerordentlich verschiedene Verhalten des Körpers in wollenem und in leinenem Hemd und sprechen auch für den Sommer zu gunsten des erstern.

Die Absorptionsfähigkeit der K. für Gase ist bei tierischen Stoffen größer als bei vegetabilischen und am größten bei Seide. Aber auch die Faser übt einen Einfluß aus. Schwarze und dunkelblaue Stoffe absorbieren am reichlichsten, weiße am schwächsten, und dazu halten die schwarzen Stoffe z. B. üble Gerüche am hartnäckigsten fest. Schließlich kommt hierbei auch die hygroskopische Beschaffenheit in Betracht, insofern feuchte Stoffe reichlicher Gase absorbieren als trockne, und endlich die Oberflächenbeschaffenheit, da die Absorptionsfähigkeit bei jedem Material bei rauhen Stoffen größer ist als bei glatten. Hat man also Gefahren durch Aufnahme von Gasen zu fürchten, dann sind glatte Kleidungsstoffe aus vegetabilischen Substanzen zu wählen. Bei gefärbten Kleidungsstoffen können durch Benutzung giftiger Farben Gefahren entstehen. Es kommen hierbei besonders Arsen, Antimon, Blei und Zink in Betracht. Besonders gefährlich sind Kleidungsstoffe, denen die giftige Farbe nur mechanisch anhaftet, so daß sie beim Tragen der Kleider abstäubt. Zink- und Antimonverbindungen können auf der Haut Geschwüre und Ausschläge erzeugen, und auch manche Teerfarben scheinen ähnlich zu wirken. Nach den Vereinbarungen der bayrischen Chemiker sind die genannten Metalle für die Verwendung auf Kleidungsstoffe ausgeschlossen, es ist aber nicht möglich, die Anwendung unschädlicher Farbstoffe nur dann zu gestatten, wenn sie absolut frei von schädlichen Metallen ist, und es ist deshalb zulässig, daß 100 qcm von Kleidungsstoffen 0,002 g Arsen oder Antimon enthalten, aber nur in im Wasser unlöslicher Form. - Über die Geschichte der K. s. außer den Spezialartikeln den Artikel Kostüm; über die K. der Geistlichen s. Klerus.

Kleie, s. Mehl.

Kleienflechte (griech. Pityriasis), örtlich beschränkte oder über den ganzen Körper verbreitete, sehr reichliche Abschelferung der Epidermis in äußerst kleinen, weißen, fast mehlartigen Schüppchen, ohne alles Nässen und ohne vorhergehende Bläschen- oder Knötchenbildung. Die K. findet sich oft bei ganz gesunden Personen, häufig aber auch bei Leuten, welche an abzehrenden Krankheiten leiden (P. tabescentium). Sie ist schmerzlos, ohne alle Bedeutung und verschwindet bei einfachem Waschen mit Wasser und Seife sehr bald. Die P. capitis (Kleiengrind, Schinn, Kopfgrind, Kopfschabe) besteht in einer chronischen Hyperämie der oberflächlichen Schichten der behaarten Kopfhaut mit Jucken und so reichlicher Talgabsonderung (Seborrhoe), daß der abgesonderte Hautschmer in Form einer glänzend weißen, blätterigen, asbestähnlichen Schicht (Schinn) erscheint. Die Haare werden gelockert und fallen entweder freiwillig oder bei der gleich zu erwähnenden Behandlung in größerer Menge aus, da sie nur künstlich durch den eingedickten Hauttalg festgehalten wurden; bei langem Bestehen der Krankheit bildet sich Kahlköpfigkeit aus, bei frischern Fällen wachsen die Haare bald wieder nach. Die Behandlung des Kopfschinns beginnt mit Erweichen der Fettborken mittels Olivenöls, welches dreimal täglich eingerieben wird. Dann werden die weichen Massen mit gewöhnlicher Seife und lauem Wasser abgewaschen, getrocknet und die Haare später eingeölt. Als Nachbehandlung muß man noch monatelang alle acht Tage den Kopf mit Seifenspiritus und lauem Seifenwasser reinigen, um die Schmerbildung zu mäßigen. - Ganz verschieden hiervon ist die P. versicolor, eine in gelben und bräunlichen Flecken (Leberflecken) meist auf der Brust auftretende Pilzwucherung eines dem Milchschimmel verwandten Schmarotzers (Microsporon furfur Robin). Sie ist ohne jede Bedeutung und durch Reinlichkeit sofort zu beseitigen.

Kleimühle, s. Mauersteine.

Klein, in der Kochkunst die eßbaren Extremitäten und das Gekröse (Magen, Leber, Lunge, Herz) von Geflügel und Wildbret (Gänse-, Hasenklein etc.).

Klein, bei naturwissenschaftl. Namen für J. Th. ^[Jakob Theodor] Klein (s. d.).

Klein, 1) Jakob Theodor, Zoolog, geb. 15. Aug. 1685 zu Königsberg, studierte daselbst seit 1701 die Rechte, bereiste dann Deutschland, England, Holland und Tirol, kehrte 1711 zurück, siedelte 1712 nach Danzig über und wurde dort zum Stadtsekretär erwählt. 1714 ging er als residierender Sekretär der Stadt an den polnischen Hof nach Dresden, von dort nach Polen und lebte seit 1716 in Danzig his zu seinem Tod 27. Febr. 1759. Im J. 1718 legte er in Danzig einen botanischen Garten an und begann auch mit großem Erfolg ein Naturalienkabinett zusammenzubringen: Er war Mitbegründer der Danziger naturforschenden Gesellschaft, fungierte anfänglich als deren Sekretär und dann lange Jahre als Direktor. Mit Ausnahme der Insekten hat K. von allen Klassen des Tierreichs ausführliche Bearbeitungen gegeben; er stellte auch ein System auf, welches jede Anerkennung einer natürlichen Verwandtschaft entbehrte und als Einteilungsprinzip die Zahl, Form und Stellung der Gliedmaßen anwandte. Er betrachtete die Tiere als vom Schöpfer selbst in Geschlechter und Gattungen eingeteilt, welche aufzufinden und zu charakterisieren Sache des Zoologen sei. Er bekämpfte in seiner "Summa dubiorum circa classes quadrupedum et amphibiorum in C. Linnei systemate naturae" (Danz. 1743) mit großer Schärfe