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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kolumbien

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Kolumbien (Naturprodukte, Areal, Bevölkerung etc.).

nicht vor; nur die Páramos sind kahl und einige Berggegenden, z. B. die von Antioquia, wenig fruchtbar. Ein großer Teil des Landes ist noch mit Urwald bedeckt, so besonders die Ebene von Choco, die der atlantischen Küste im Becken des Rio Magdalena, dessen wärmere Teile durch die herrliche Königspalme (Palma real, Oreodoxa regia) ausgezeichnet sind, und andre im O. der Kordilleren. Auch in den obern Thälern der Flüsse Cáuca und Magdalena finden sich noch herrliche Urwälder, hier meist mit Savannen abwechselnd. Im allgemeinen liegt die Baumgrenze in K. in 3606 m, die der Vegetation überhaupt in 4220 m Höhe; die Palmen steigen bis zu 1200 m empor. Besonders zwei Arten derselben sind für das Land charakteristisch: die Wachspalme (Ceroxylon) und der Palmito oder die Mostpalme (Oreodoxa frigida). Sehr schöne Bäume sind die Encinas, welche mit den Cedrelaceen prächtig kontrastieren. Auch die Cinchonen finden sich in verschiedenen Spezies fast in allen Teilen des Landes, am wertvollsten in der Höhe zwischen 2600 und 3000 m (der Nebelregion der Andeskette, mit einer mittlern Temperatur von 12-13° C.), und namentlich an den Abhängen des Plateaus von Bogotá nach dem Magdalenenstrom hin. Der Kautschukbaum kommt in drei Arten vor. Auch treffliches Bauholz liefert der Urwald, namentlich eine für Schiffbau vorzüglich geeignete Zedernart und auch Mahagoni, ferner Brasilholz und Dividivi (Caesalpinia coriaca), welche einen wichtigen Ausfuhrartikel bilden, Steinnüsse (Tagua, Ivory nuts, von einer Pandanusart), während die in Zentralamerika so wichtigen Mahagonischlägereien in K. nicht vorkommen. Endlich finden sich auch wohlriechende Harz- und Gummiarten sowie Balsamarten (namentlich peruvianischer) reichlich. Einen durchaus andern Charakter als der Wald im W. hat der auf den Abhängen der Sumapaz, weil aus andrer Formation stehend, und die Palmen (darunter eine mit glänzend weißem Stamm) zeigen nicht die mindeste Ähnlichkeit mit denen des Quindiugebirges. Vanille wächst vielfach wild, wird aber nicht zur Ausfuhr gesammelt.

[Areal und Bevölkerung.] Die Republik von K. umfaßt die unten aufgeführten 9 Departements nebst 7 Territorien, welche zeitweise von den Departements, innerhalb deren Gebiet sie liegen, der Zentralregierung überlassen werden, die sie durch Präfekten verwalten läßt, wobei Hauptzweck deren Entwickelung oder die Heranbildung wilder Indianerstämme ist.

Departements und Territorien QKilometer QMeilen Bevölkerung 1870 Auf das QKilom.

1) Antioquia 59025 1072,0 365974 6,2

2) Bolivar 69800 1267,6 241704 3,5

Territorium San Andres y Providencia 200 3,6 3520 0,1

3) Boyaca 33300 604,8 482874 14,6

Territorium Casanare 53000 962,5 26066 0,5

4) Cáuca 141600 2571,6 429224 3,0

Distrikt Caqueta 52720 957,4 50000 0,9

5) Cundinamarca 22000 399,5 409602 18,5

Territorium San Martin 184000 3341,6 4056 0,02

6) Magdalena 62000 1126,9 73190 1,2

Territorium Goajira 3000 54,5 8390 2,8

Territorium Nevado 4200 76,3 3673 0,9

Territorium Motilones 600 10,9 3200 5,3

7) Panama 82600 1500,0 220542 2,6

8) Tolima 47700 866,3 230891 4,9

9) Santander 42200 766,4 425427 10,1

Zusammen: 857945 15581,9 2978333 3,5

Zu dieser Einwohnerzahl würden noch etwa 50,000 nicht zivilisierte Indianer (Indios bravos) zu rechnen sein. Im J. 1880 schätzte man die Bevölkerung auf 4 Mill. Seelen, einschließlich von 220,000 Indios Bravos. Auf 1000 Männer kamen 1870: 1058 Weiber. Von der Gesamtbevölkerung sollen sein 1,600,000 Weiße und Mestizen mit vorwiegend europäischem Blut, 500,000 Ladinos (Mischlinge von Weißen und Indianern, mit vorwiegend indianischem Blut) und 500,000 Sambos (Mischlinge von Indianern und Negern). Neger sind nicht gerade zahlreich. Die Bewohner zeichnen sich im allgemeinen durch Geschicklichkeit, Heiterkeit und Gastfreiheit, die Kreolen Antioquias (die "Neuengländer von K.") insbesondere durch Handelsthätigkeit aus. Sinn für Wissenschaft und Litteratur findet man bei den Gebildetern mehr als bei andern Südamerikanern.

Staatsreligion war bis 1886 die römisch-katholische. Früher überaus reich und mächtig, ist die Kirche seit Losreißung des Landes von Spanien an Besitz und Ansehen gesunken. Es bestehen zur Zeit noch ein Erzbistum (in Bogotá) und acht Bistümer. Anhänger andrer Glaubensbekenntnisse erfreuen sich vollkommener Duldung. Von höhern Unterrichtsanstalten gibt es eine Universität zu Bogotá, die freilich wenig besagen will, und eine ziemliche Anzahl von Colegios und Priesterseminaren. Für das Volksschulwesen ist seit den 70er Jahren viel geschehen.

[Bodenkultur, Erwerbszweige.] Die Bodenkultur steht noch auf sehr niedriger Stufe. Obschon die Kulturpflanzen aller Zonen vorzüglich gedeihen, wird davon doch kaum genug für den eignen Bedarf gebaut und selbst dies mit sehr geringer Sorgfalt. Als Hauptnahrungsmittel dienen Mais, Maniok und Bananen, welch letztere fast ohne alle Kultur wachsen. Reis wird wenig (im Cáucathal), Weizen nur in der Tierra fria gebaut; auch der Anbau von Kakao ist für den starken Verbrauch nicht ausreichend. Die einzigen Kulturpflanzen, welche ansehnliche Exportartikel bilden und bei einer weniger indolenten Bevölkerung noch ganz andre Resultate liefern könnten, sind Kaffee, der in der Tierra fria vortrefflich gedeiht, und besonders Tabak, dessen Anbau seit Abschaffung des Tabaksmonopols (1849) durch die Betriebsamkeit deutscher Unternehmer eine beträchtliche Ausdehnung gewonnen hat. Die besten Sorten sind die von Ambalema, Chiron und El Carmen im Magdalenenthal, Palmira im Cáucathal. Auch Indigo und Baumwolle gedeihen vortrefflich; eine Agavefaser (figne) wird zu Säcken, Tauwerk etc. verwendet. Zucker wird ziemlich viel in den tiefern Thälern gebaut, bildet aber keinen Ausfuhrartikel. Viehzucht bildet in einigen Landesteilen die Hauptbeschäftigung der Einwohner, kann sich aber infolge der häufigen Bürgerkriege nicht entwickeln. Unter den Mineralien des Landes nimmt Gold, welches in ausgedehnten Lagern fast in allen Departements (am reichsten in Antioquia) vorhanden ist, den obersten Rang ein; die Ausbeute beträgt trotz des unvollkommenen Betriebes jährlich 10-12 Mill. Pesos. Außerdem sind die Silberminen von Santa Ana bei Mariquita, die Platinwerke von Choco, die Kupferminen von Moniquira, die Eisensteinlager bei Samanca (wo auch Hüttenwerke) und Pacho bemerkenswert. Ungeheure Steinsalzlager finden sich auf dem Plateau von Bogotá bei Zipaquira; Steinkohlen werden am Rio Hacha gewonnen und kommen außerdem bei Cartagena, Bogotá und in Panama vor; reiche Asphaltlager finden sich im Quindiugebirge und in Ocaña, Schwefel an verschiedenen Stellen,