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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kurs

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Kurs (im Börsenverkehr).

amtlichen Kurszetteln notiert sind. Die amtlichen oder offiziellen Kurszettel, welche nur diejenigen Effekten enthalten, die von der Börsenbehörde zur amtlichen Notierung zugelassen sind, dienen bei Streitigkeiten in Geld-, Wechsel- und Effektengeschäften den richterlichen Entscheidungen zur Grundlage. (Vgl. das Allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch, Art. 343 u. 353.) Die Feststellung der Kurse findet durch die vereideten Makler (Börsenältesten, Börsenkorporationen etc.) auf Grund bestimmter Usancen oder Vorschriften statt und beruht auf den von den vereideten und nicht vereideten Maklern gemachten Angaben, zu welchem K. die ihnen an dem betreffenden Tag übergebenen An- und Verkaufsaufträge ausgeführt worden sind. Die notierten Kurse sind in der Regel Durchschnitts- oder Mittelkurse, die demnach mit den Preisen, zu welchen die einzelnen Effekten wirklich gehandelt wurden, nicht gerade übereinstimmen. Vollständiger erfüllt natürlich ein Kurszettel seinen Zweck, wenn, wie an der Pariser Börse, für das Zeitgeschäft außer den arithmetischen Mitteln aus allen Kursen auch die höchsten, die niedrigsten Kurse, ferner Anfangs- und Schlußkurse (Kurse bei Beginn und Schluß der Börse) angegeben werden, zu welchen Papiere und Geldsorten nur angeboten, nur begehrt oder wirklich verkauft wurden. Kompensation-, Liquidationskurs, Ultimokurs heißt der K., welcher bei einer Liquidation als maßgebend gilt, bez. der K. zu Ende eines Monats oder Jahrs (vgl. Börse, S. 237).

In den Kurszetteln werden zunächst die Wechselplätze angegeben, auf welche der K. lautet. Hinter den aufgeführten Wechselplätzen folgt in den neuern Kurszetteln diejenige feste Geldsumme, für welche der K. gilt; sie heißt die feste oder unveränderliche Valuta (le certain) im Gegensatz zur veränderlichen Valuta (l'incertain) und beträgt jetzt im Berliner, Hamburger, Frankfurter und Wiener Kurszettel je 100 Münzeinheiten des betreffenden auswärtigen Wechselplatzes. So verfügt man über 100 Frank in Paris bei Wechselparität durch Zahlung von 81 Mk. in Berlin. Steht der K. unter pari, so ist in Berlin ein Wechsel auf Paris für weniger als 81 Mk. zu kaufen. Nur für Londoner Wechsel besteht eine Ausnahme, indem Berlin und Hamburg für je 1 Pfd. Sterl., Frankfurt und Wien für je 10 Pfd. Sterl. den K. notieren. Auch der K. für New Yorker Wechsel wird in Hamburg für je 1 Doll. notiert. Früher wurde diese feste Valuta nicht angegeben, sondern als bekannt vorausgesetzt. Nach der festen Valuta folgt zunächst die Angabe der Sicht, d. h. der Zeit, welche die notierten Wechsel noch zu laufen haben. Laufen dieselben noch bis zu 8 Tagen (Petersburg bis 3 Wochen), so haben sie kurze Sicht (k. S.); Wechsel, welche noch 3 Monate laufen, sind langsichtig, daher die Bezeichnungen: "kurz London", "lang Petersburg". Laufen Wechsel länger als 14 Tage und kürzer als 2½ Monate, dann gelten solche als mittelsichtig und werden gewöhnlich zum langen K., vermehrt um einen zu vereinbarenden Zinssatz für die abgelaufenen Tage, gehandelt. Der Spalte für die Sicht folgt diejenige für den Zinsfuß (Z. F.), welcher zur Berechnung kommt, wenn der Verfalltag eines Wechsels entweder über die kurze Sicht (höchstens 8 Tage) hinausgeht, oder die lange Sicht (um höchstens 14 Tage) nicht erreicht. Im erstern Fall wird der sich ergebende Zins für die überschießenden Tage von der aus dem K. berechneten Valuta in Abzug gebracht, im andern Fall für die an der langen Sicht fehlenden Tage zur berechneten Valuta hinzugezählt. Der Zins wird zum Teil nach den Diskontraten der großen Banken bemessen oder (und dies ist überwiegend der Fall) nach den Diskontsätzen, welche am offenen Markt in London, Paris und andern Plätzen bezahlt werden, und die meist von den betreffenden Bankraten abweichen.

Der Zinsfußangabe folgt sodann der K. selbst. Derselbe wurde früher (in manchen Kurszetteln auch noch jetzt) in dreifacher Weise angegeben. In einer Spalte wird derjenige Preis aufgeführt, welchen der Wechselbrief- oder Papierinhaber für seine Briefe, Papiere oder Waren fordert, oder zu welchem er sie anbietet; in einer zweiten steht dann der K., zu welchem der Geldinhaber Briefe, Papiere oder Ware gesucht hat, und endlich in einer dritten der wirklich bezahlte Preis oder der K., zu welchem Abschlüsse vorgekommen sind. Die erste Spalte wird mit "Brief", "Papier" oder "Ware" (abgekürzt: B., P. oder W.) oder Angeboten, in Frankreich: plus bas, Lettres (L.), offert (o.), in England: Paper (P.), Bills (B.) überschrieben, die zweite mit "Geld", Gesucht (abgekürzt: G., Ges.), Begehrt, in Frankreich: plus haut, Argent (A.), demandé (D.), in England: Prices negociated (P. N.), Money (M.), die dritte mit "bezahlt" (abgekürzt: bez., bz.), gemacht, Begeben, "Clóture" (C.).

Im Berliner und Frankfurter Kurszettel findet sich eine solche Scheidung in drei Spalten nicht, es wird hier nur eine Kurszahl angegeben und hinter dieselbe entweder "B." oder "G." oder "bz." oder "bz. B." oder "bz. G." gesetzt. Steht hinter der Kurszahl: B., so war zu dem betreffenden K. noch Ware angeboten; steht dahinter G., so blieb zu diesem K. der betreffende Gegenstand gesucht; die Bezeichnung "bz." gibt die vorgefallenen Schlüsse an. Die Abkürzungen "bz. B." und "bz. G." erklären sich danach von selbst. Die Bezeichnungen "Brief" und "Geld" für "angeboten" und "gesucht" sind im Börsenverkehr so allgemein geworden, daß sie nicht nur bei der Notierung von Wechseln und Effekten, sondern auch bei Geldsorten und selbst bei den Artikeln der Produktenbörse in Anwendung kommen.

Im Kurszettel für Sorten, d. h. Gold-, Silber- und Papiergeldsorten, wird der K. entweder pro Stück der betreffenden Münze oder (namentlich bei Banknoten) für je 100 Münzeinheiten oder endlich bei einzelnen Geldsorten sowie bei Barren nach dem Gewicht (al marco) von 500 g fein angegeben. Etwas verwickelter sind Einrichtung und Berechnung der Effektenkurszettel. Bei denselben ist zunächst zwischen "Zins-" und "Dividendenpapieren", sodann zwischen vollgezahlten und nicht vollgezahlten Stücken, zwischen Effekten, welche auf die jetzige inländische Währung oder auf eine frühere oder eine fremde Währung lauten, zwischen Papieren, welche pro Stück oder nach Prozenten des Nennbetrags berechnet werden, zu unterscheiden. Ferner kommen in Betracht: 1) bei den Zinspapieren der stehende Zinsfuß, die Zinserhebungstermine, die Währung und der Nenngehalt, bez. die Größe der einzelnen Stücke (Appoints); 2) bei den Dividendenpapieren die Dividenden der letzten Jahre, der laufende usuelle Börsenzinsfuß, der Dividendenerhebungstermin sowie ebenfalls Größe, bez. Nennbetrag der einzelnen Stücke. An den Börsen, an welchen eine Lostrennung der Dividendenkoupons mit Ablauf des Geschäftsjahrs stattfindet, tritt eine veränderte Notierung insofern ein, als dem K. das Plus der geschätzten Dividende über den laufenden Zins ab- und das Minus zugerechnet wird. Wird keine Dividende erwartet, so erhöht sich der K. um den in der Regel 4 Proz. betragenden lau-^[folgende Seite]