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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Latinisieren - Latouche.

haben und ins Meer nicht völlig abfließen können, den Pontinischen Sümpfen zwischen Antium und Circeji den Ursprung gegeben haben. Die bemerkenswertesten Ortschaften lagen vorzugsweise an den äußern Abhängen des Albaner- und Volskergebirges, in der Niederung zwischen diesen Gebirgen und dem Apennin, am Anio und Tiber und an der Meeresküste oder in der Nähe derselben. Am Albanergebirge lagen im N. Tusculum (oberhalb des heutigen Frascati), Labicum (Colonna), Corbio, Vitellia, im O. Veliträ (Velletri), im SW. Lanuvium (Civita Lavigna), Aricia; im Innern des Randgebirges auf dem nordöstlichen Rande des Albanersees lag Albalonga, die Mutterstadt Roms und außerdem gab es noch zwei geweihte Punkte des Gebirges, den Mons Albanus (Monte Cavo), den höchsten Gipfel des Gebirges, auf dem alljährlich die Feriae latinae gefeiert wurden, und den Tempel und Hain der Ferentina, wo die L. ihre Zusammenkünfte hielten. Um das Volskergebirge herum sind zu nennen: Signia (Segni), Privernum (in der Nähe des heutigen Piperno), Setia (Sezzi), Norba (in der Nähe des heutigen Norma) und Cora (Cori); in der Niederung zwischen diesen Gebirgen und dem Apennin: Gabii, Präneste (Palestrina) und im Thal des Trerus Anagnia (Anagni), Ferentinum (Ferentino), Frusinum (Frosinone) und oberhalb des Ausflusses des Trerus Fregellä (Ceprano); am Anio: Tibur (Tivoli), Collatia, Antemnä, auf der rechten Seite, zum Teil in einiger Entfernung, Corniculum (Monticelli), Cäcina (Sant' Angelo), Nomentum, Ficulnea und im Winkel zwischen Anio und Tiber Fidenä; am Tiber außer Rom die vom König Ancus Marcius angelegte Hafenstadt Ostia; an der Meeresküste: Laurentum, Lavinium, Ardea, Antium und oberhalb desselben Satricum; hierauf folgen die unbewohnbaren Pontinischen Sümpfe, wo jedoch in der ältesten Zeit 23 Städte gestanden haben sollen, dann Circeji, Terracina (von den Volskern Anxur genannt) und in dem sogen. Latium adjectum Cautulä, Fundi, Formiä und Minturnä. Unter den zahlreichen Straßen, von denen ganz Latium durchzogen war, sind bemerkenswert die 312 v. Chr. von dem Zensor Appius Claudius angelegte Via Appia, die in gerader Linie von Rom nach Terracina, und die Via Latina, welche durch das Gebirge nach Kampanien führte. S. Karte bei Art. "Italia". Vgl. Westphal, Die römische Kampagne (Berl. 1829); W. Abeken, Mittelitalien vor den Zeiten römischer Herrschaft (Stuttg. 1843); Zöller, Latium und Rom. Forschungen über ihre gemeinsame Geschichte bis zum Jahr 338 v. Chr. (Leipz. 1878).

Latinisieren (lat.), nach dem Lateinischen formen, lateinisches Ansehen geben.

Latinismus (lat.), eine der lateinischen Sprache eigentümliche Ausdrucksweise, besonders wenn sie ungehörig in einer andern Sprache auftritt; Latinist, Lateiner, Kenner der lateinischen Sprache.

Latinität (lat.), der lateinische Stil; im alten Rom der Stand und das Recht eines Latiners.

Latinus, nach der gewöhnlichen röm. Sage Sohn des Faunus und der Nymphe Marica, Gemahl der Amata, König von Latium; nach andern dagegen Sohn des Odysseus und der Kirke oder des Telemach und der Kirke oder des Herakles und einer arkadischen Jungfrau etc. Durch Vermählung seiner Tochter Lavinia mit Äneas ward dieser sein Nachfolger.

Latisana, Distriktshauptort in der ital. Provinz Udine, am Tagliamento, hat eine Pfarrkirche mit einem Gemälde von P. Veronese, lebhaften Handel mit Bauholz und Mehl und (1881) 2669 Einw.

Latissimus dorsi (Musculus l. d.), der breite Rückenmuskel.

Lätitia (lat., "Freude"), Name der Mutter Napoleons I. (s. Bonaparte, S. 182).

Latitieren (lat.), sich verborgen halten, namentlich ohne polizeiliche Anmeldung sich aufhalten.

Latitüde (franz., lat. latitudo), Breite (besonders geographische), Weite, namentlich Spielraum, Freiheit der Bewegung; latitudinal, auf Breite (Breitengrad) bezüglich.

Latitudinarier (lat., "Weitherzige"), die gemäßigte Partei der engl. Hochkirche, welche in den Streitigkeiten zwischen dieser und den Presbyterianern seit der Mitte des 17. Jahrh. den Mittelweg zu halten suchte, sofern sie zwar an der Episkopalkirche festhielt, dagegen Fortschritte der Geschichts- und Naturwissenschaften nicht ignoriert wissen wollte.

Latium, Landschaft, s. Latiner.

Latmos, 1500 m hohes Gebirge in Karien, östlich von Milet, spielt in der Mythologie eine Rolle als der Ort, wo Artemis den schlafenden Endymion küßte. Danach benannt war der Latmische Meerbusen vor der Mündung des Mäander, welcher jetzt durch die Anschwemmungen des Flusses in den Binnensee Akis Tschai von 18 km Länge und 11 km Breite verwandelt ist.

Latobiker (Latovici), kelt. Völkerschaft im südwestlichen Teil von Pannonien, in den Ostalpen seßhaft.

Latobriger (Latobrigi), kelt. Völkerschaft in Gallien, die als Nachbarn der Helvetier und Rauriker am obern Rhein genannt werden. Sie zogen 58 v. Chr. mit den Helvetiern 14,000 Mann stark aus, wurden aber von Cäsar zur Rückkehr genötigt.

Latomien (griech.), Steinbrüche, wurden im Altertum häufig als Gefängnisse benutzt. Berühmt waren in dieser Hinsicht die L. von Syrakus (s. d.) mit dem sogen. Ohr des Dionysios. Hin und wieder wird Latomia auch für "Freimaurerei" gebraucht.

Latona, s. Leto.

Latopolis, im alten Oberägypten (Thebais) an der Stelle des heutigen Esneh (s. d.), am linken Nilufer gelegene, der Hathor und dem Fisch Latus heilige Stadt. Ein ganzes Quartier der modernen Stadt ruht unmittelbar auf dem Dach des Tempels, dessen Schätze unter dieser Decke einer spätern Zeit vorbehalten bleiben. Zugänglich ist jetzt nur der Portikus inmitten der Stadt, dessen herrliche Säulenfronte beinahe bis an die Kapitäler in Schutt vergraben ist. Erbauer desselben waren die letzten Ptolemäer.

Latouche (spr. -tuhsch), Hyacinthe Thabaud de gewöhnlich Henri de L. genannt, franz. Schriftsteller, geb. 2. Febr. 1785 zu La Châtre in Berry, war Beamter bei der Verwaltung der indirekten Steuern, verlor seine Stelle durch den Sturz des Kaiserreichs und sah sich dann auf den Ertrag seiner Feder angewiesen. Er schrieb nun eine große Anzahl Gedichte, Lustspiele, Romane, Journalartikel etc., die seine schöpferische Phantasie und lebhafte Gestaltungskraft, aber auch große Mängel in der Durchführung und im Stil hervortreten lassen. Einen Namen machte er sich durch "Histoire du procès Fualdès", "Mémoires de Madame Manson", die Lustspiele: "Selmours" (in Gemeinschaft mit E. Deschamps verfertigt) und besonders "Le tour de faveur", alle 1818 veröffentlicht. Von 1819 bis 1830 gehörte er der romantischen Schule an, dichtete Balladen nach deutschen und englischen Mustern und erwarb sich durch naturfrische und geistreiche Beschreibung den Namen des "Hesiod der romantischen Schule". Seine Verse jedoch taugen nicht viel. In diese Zeit fällt die Herausgabe