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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Legationen - Legendre.

Legationen (lat.), s. v. w. Gesandtschaften, namentlich päpstliche (s. Gesandte), sowie Bezeichnung für die Provinzen des ehemaligen Kirchenstaats (s. d.).

Legationsrat (Botschaftsrat), Amtstitel für höhere Beamte, welche einem Gesandten beigegeben sind, auch für vortragende Räte im Auswärtigen Ministerium. Legationssekretär ist das Dienstprädikat eines diplomatischen Beamten, welcher auf einer niedern Rangstufe steht; auch kommen die Titel Geheimer L., Geheimer Legationssekretär (Botschaftssekretär) vor.

Legato (ligato, ital., "gebunden") bezeichnet in der Musik ein Spiel ohne Pausen zwischen den einzelnen Tönen. Das L. wird im Gesang und bei Blasinstrumenten erzielt, wenn, ohne den Atemausfluß zu unterbrechen, die Tonhöhe verändert wird. Aus Streichinstrumenten werden Töne gebunden, 1) wenn sie auf derselben Saite gespielt werden, indem der Bogen die Saite nicht verläßt und nur die Applikatur verändert wird; 2) wenn sie auf verschiedenen Saiten liegen, indem der Bogen schnell auf die andre Saite hinübergleitet. Die Bindung der Töne auf Tasteninstrumenten wird bewerkstelligt, indem man die Taste des ersten Tons erst losläßt, während man die des zweiten herabdrückt; auf dem Klavier bleiben dann die Saiten des ersten Tons bis zum Anschlag des zweiten dämpferfrei, klingen also so lange, und auf den orgelartigen Instrumenten (Harmonium, Regal, Positiv) bleibt das den Wind zur Kanzelle lassende Ventil so lange offen, bis der neue Anschlag ein neues Ventil öffnet. - In der Notenschrift wird das L. gefordert durch den sogen. Binde- oder Legatobogen (s. Bogen). Das Non legato ist ein Halten der Note, aber ohne Bindung, d. h. der Ton wird abgesetzt, ehe der nächste eintritt. Vgl. Anschlag und Mezzo (Mezzolegato).

Légé (spr. -sche), Flecken im franz. Departement Niederloire, Arrondissement Nantes, an der Logne, mit (1886) 938 Einw. Hier 30. April 1793 im Vendéekrieg Sieg und im Juni d. J. Niederlage Charettes gegen die Republikaner.

Lege artis (lat.), nach den Regeln der Kunst.

Lege et fide (lat.), durch Gesetz und Treue (Wahlspruch des Kaisers Franz II.).

Legel, Schleifen am Segel (s. d.).

Legendar (lat. Legendarium), Legendenbuch.

Legende (v. lat. legenda, "das zu Lesende"), die Lebensgeschichte eines Heiligen, auch die Erzählung einzelner Begebenheiten daraus, sofern sie an gewissen Tagen in der Kirche vorgelesen wurde; im weitern Sinn die poetische Darstellung einer frommen, der kirchlichen Überlieferung angehörigen Handlung, die mit einem wunderbaren Erfolg gekrönt wird; endlich s. v. w. kirchliche Sage überhaupt, im Gegensatz zur weltlichen Sage und zur Kirchengeschichte. Mit Vorliebe behandelte die L. das Leben der Jungfrau Maria und der Märtyrer der ersten christlichen Jahrhunderte und gewann dadurch in der Blütezeit des Marien- und Heiligenkultus den außerordentlichen Umfang, der uns in den verschiedenen Legendensammlungen entgegentritt. Das berühmteste unter den mittelalterlichen Werken dieser Art ist die vom Erzbischof Jacobus de Voragine (gest. 1298) veranstaltete Sammlung, welche den Namen "Aurea legenda" (neue Ausg. von Grässe, Leipz. 1845) führt; das umfassendste aber sind die "Acta Sanctorum" der Bollandisten (s. d.). Auch in die nationale Poesie der christlichen Völker fand die L. frühzeitig Eingang; insbesondere bildet sie, als Erzeugnis des poetischen Glaubens jener Zeit, ein schwer zu missendes Glied der alten deutschen Dichtung. Zu den bekanntesten und wertvollsten Legendendichtungen derselben gehören: das Lobgedicht des Mönchs Wernher auf die heilige Jungfrau (1172 gedichtet); das "Marienleben" vom Bruder Philipp; die "Kindheit Jesu" von Konrad von Fußesbrunn; die "Goldene Schmiede" von Konrad von Würzburg, sämtlich aus dem 13. Jahrh.; ferner aus der Unzahl von Heiligenlegenden die vom "Heiligen Gregor auf dem Stein" von Hartmann von Aue; "Barlaam und Josaphat" von Rudolf von Ems; die Legenden "Vom heil. Silvester" und "Vom heil. Alexius" von Konrad von Würzburg; das Leben der heil. Elisabeth (nach 1297 verfaßt; hrsg. von Binger, 1868) u. a. Eine umfängliche Sammlung von Legenden in 3 Büchern enthält das "Passional" aus dem 13. Jahrh. (hrsg. von Köpke, Quedlinb. 1853). Im 14. und 15. Jahrh. kamen zu den gereimten längern und kürzern Legenden auch prosaische Bearbeitungen, wie in dem "Buch von der Heiligen Leben" von Hermann von Fritzlar (um 1343), hinzu, wodurch jene allmählich verdrängt wurden. Im 16. Jahrh. endlich, dem Zeitalter der Reformation, verschwand die L. aus der Litteratur oder ging in die sittlich-lehrhafte sowie andernteils in die scherzhafte Erzählung über, in welcher Weise sie namentlich von Hans Sachs mit Glück behandelt ward. Eine Sammlung altenglischer Legenden gab Horstmann (Heilbr. 1878, neue Folge 1881) heraus. Auf den poetischen Gehalt der Legendenlitteratur hat namentlich Herder in den "Zerstreuten Blättern" und in der "Adrastea" hingewiesen, wie er sie auch durch einige gelungene Versuche wieder in die deutsche Litteratur eingeführt hat. Seitdem haben sich namhafte deutsche Dichter (Goethe, A. W. Schlegel, Kosegarten, Pyrker, Rückert, Kerner, Schwab, Simrock u. a.) in der poetischen Bearbeitung legendenartiger Stoffe mit Erfolg versucht.

In der Münzkunde bezeichnet L. die Inschrift oder Umschrift der Münzen (s. Münzwesen); auf Landkarten, Stadtplänen etc. die beigedruckten Namensverzeichnisse. Auch die Inschriften auf Spruchbändern, welche die Kunst des frühen Mittelalters aus dem Mund von Figuren heraushängen ließ oder ihnen in die Hände gab, um ihre Bedeutung oder ihre Handlung zu erläutern, nennt man Legenden. Solche Spruchbänder erhielten sich noch bis zum Ende des 15. Jahrh. namentlich in der Kupferstecherkunst.

Legen der Bauernhöfe nannte man die Einziehung von im herrschaftlichen Hofverband stehenden Bauerngütern durch die Gutsherren und die Verschmelzung derselben mit dem Herrschaftsgut. Dasselbe fand nach den Bauernkriegen im Norden und Osten von Deutschland ausgedehnte Anwendung, wurde aber, weil vielfach mit Vergewaltigungen verknüpft, und weil man im Staatsinteresse den Bauernstand erhalten zu sehen wünschte, in mehreren Ländern, so besonders in Brandenburg und Preußen, verboten. Erledigte Stellen sollten binnen bestimmter Zeit wieder besetzt werden. Mit Regulierung der bäuerlichen Verhältnisse und Beseitigung der bäuerlichen Abhängigkeitsverhältnisse ist das L. im frühern Sinn vollständig beseitigt. Ein solches "Legen" kam auch in andern Ländern, wenn auch unter andern Formen vor, so vorzüglich in England, wo mächtige Feudalherren bereits im 15. Jahrh. ausgedehnte, seither von Bauern, besonders von Pachtern bestellte Ländereien in für sie rentablere Weiden umwandelten.

Legendre (spr. löschangdr), Adrien Marie, Mathematiker, geb. 18. Sept. 1752 zu Paris, erhielt frühzeitig die Professur der Mathematik an der Militär-^[folgende Seite]