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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Leipzig

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Leipzig (Geschichte der Stadt).

mit Park und einer Gemäldegalerie des Barons v. Speck-Sternburg; ferner die durch die Völkerschlacht von 1813 denkwürdigen Dörfer Probstheida, Meusdorf, Wachau (Geburtsort Rabeners), Dölitz, Lösnig und Markkleeberg, teilweise noch mit Spuren der Schlachttage; Machern, Knauthain und Eythra mit herrlichen Parkanlagen; endlich der Bienitz, ein 8 km entferntes Gehölz und Fundort botanischer Seltenheiten. In direkter Eisenbahnverbindung steht L. mit Dresden (durch zwei Linien), Magdeburg, Hof, Erfurt, Gera, Dessau, Berlin und Guben. Eine die Stadt mit den Vorstadtdörfern verbindende Pferdebahn (1887 Baulänge 29,8 km) besteht seit 1872.

Geschichte.

Die Stadt L. verdankt ihren Ursprung einem kleinen Fischerdörfchen, das die wendischen Sorben am Zusammenfluß von Pleiße und Parthe gründeten und Lipsk (von lip oder lipa, die Linde) nannten. Erst 1015 wird der Ort als Stadt erwähnt, die unter den Grafen des Gaues Chutici stand. 1017 verschenkte Kaiser Heinrich II. L. an das Stift Merseburg; 1082 wurde es von dem Böhmenherzog Wratislaw zerstört, erhob sich aber bald wieder. 1134 brachte es Konrad von Wettin durch Tausch an sein Haus. Unter Otto dem Reichen (1156-89) ward L., damals 5-6000 Einw. zählend, erweitert und befestigt und erhielt seine beiden Hauptmessen. Um die ihm besonders wegen der Gründung des Thomasklosters (nebst der Thomaskirche 1213), dem er das Patronat der Leipziger Kirche übergab, feindlich gesinnten Bürger im Zaum zu halten, ließ Markgraf Dietrich 1218 die Stadtmauer schleifen und drei feste Schlösser errichten. Während der Minderjährigkeit Heinrichs des Erlauchten (1221-63) ließ dessen Vormund, Landgraf Ludwig von Thüringen, das Schloß am Grimmaischen Thor wieder niederreißen, worauf die Dominikaner auf dieser Stelle ihr Kloster zum heil. Paulus erbauten. Heinrich vergrößerte die Stadt durch Anlegung des Brühls, der Ritterstraße, der Nikolaistraße und eines Teils der Reichsstraße (1237). Um diese Zeit bildete sich in L. auch eine Kaufmannsgilde, zu welcher sich die italienischen Kaufleute (Lombarden), die seit der Rückkehr Konrads von Wettin aus Italien sich hier niedergelassen hatten, gesellten. Bei der von Heinrich vorgenommenen Länderteilung kam L. mit dem Osterland an Dietrich den Weisen, Markgrafen von Landsberg (1263-1283), der den nach L. reisenden Kaufleuten für ihre Person und Güter einen Schutzbrief erteilte, die Bürger vom Gerichtszwang ihres Amtmanns befreite und 1273 der Stadt das Münzrecht verlieh. Bei der Länderteilung unter den Söhnen Friedrichs des Ernsthaften 1349 fiel L. mit dem Osterland Friedrich dem Strengen (1349-81) zu. Dieser und sein Bruder Wilhelm stifteten 4. Dez. 1409 auf Grund der Errichtungsbulle des Papstes Alexander V. (vom 9. Sept.) daselbst eine Universität (vgl. S. 666), welche zu Ende des 15. Jahrh. schon über 660 Studierende zählte. 1423 erlangte die Stadt, welche bisher von markgräflichen Vögten verwaltet worden war, jedoch nur auf Wiederkauf, die Ober- und Niedergerichte und bestellte einen Stadtrichter. 1454 wurde der Stadtgraben um die innere Stadt gezogen, und 1483 erfolgte die Gründung des Oberhofgerichts; 1458 kam zu den beiden schon bestehenden Messen noch die Neujahrsmesse hinzu. Bei der neuen Teilung der Wettinschen Lande 1485 fiel L. der Albertinischen Linie zu. Georg der Bärtige (1500-1539) gab der Stadt das Stempel- und Niederlagsrecht, erweiterte die Grenzen des Weichbildes und überließ ihr 1508 nunmehr erblich die Ober- und Untergerichte. Das 1519 in der alten Pleißenburg zwischen Luther, Karlstadt und Eck gehaltene sogen. Leipziger Kolloquium war für die weitere Entwickelung der Reformation von großem Einfluß. Georg unterdrückte zwar die evangelische Lehre in L. gewaltsam; indes schon sein Bruder Heinrich der Fromme (1539-41) führte die Reformation förmlich ein (der jedoch die Universität erst später sich anschloß) und erteilte dem Rate das Patronatsrecht über die Kirchen und Schulen. 1545 ließen sich die ersten Buchhändler, Steiger und Boskopf, in L. nieder. Im Schmalkaldischen Krieg erlitt L. 1547 eine Belagerung durch Johann Friedrich den Großmütigen, bei der die Vorstädte gänzlich eingeäschert wurden. Unter dem neuen Kurfürsten Moritz wurden dagegen die Festungswerke verstärkt, die Pleißenburg neu aufgebaut; die Vorstädte entstanden in ihrer jetzigen Entfernung von der innern Stadt, und 1550 wurde das Konsistorium aus Merseburg hierher verlegt. Im März 1549 ward hier von den sächsischen Landständen das sogen. Leipziger Interim beschlossen. Durch Kurfürst August veranlaßt, ließen sich viele niederländische Kaufleute in L. nieder.

Ungemein litt die Stadt in dem Dreißigjährigen Krieg. 1631 erschien Tilly vor Leipzigs Mauern und nötigte es zur Übergabe. Gustav Adolfs glänzender Sieg bei Breitenfeld 17. Sept. d. J. befreite jedoch schon 22. Sept. die Stadt vom Feind. 1632 und 1633 wurde sie vom kaiserlichen General Holk eingenommen, 1642 von den Schweden unter Torstensson, welche sie trotz des 1648 abgeschlossenen Westfälischen Friedens wegen rückständiger 267,000 Thlr. Kriegssteuer bis 1650 besetzt hielten. Der Dreißigjährige Krieg hatte der Stadt über 1,070,000 Thlr. gekostet und ihren Wohlstand gänzlich zerrüttet. Nach wiederhergestelltem Frieden wurde L. stärker befestigt; auch wurden damals die Lindenalleen auf den Wällen angepflanzt; 1677 wurde die Ratsbibliothek gegründet und 1678 die Börse errichtet. Seit 1667 zog sich der Buchhandel aus Frankfurt a. M., wo zu strenge Zensur geübt wurde, nach L., und seit Anfang des 18. Jahrh. wurde L. der Hauptstapelplatz des deutschen Buchhandels. 1682 wurde das Handelsgericht errichtet und eine Handelsgerichts- und eine Wechselordnung bekannt gemacht; 1687 trat eine Bücherkommission ins Leben, und 1690 wurde die Münzkonferenz gehalten, der 1691 die Einführung des Leipziger Münzfußes (1 Mark = 12 Thlr.) folgte. Unter August II. (1694-1733) ließ sich, nach Aufhebung des Edikts von Nantes, die sogen. französische Kolonie (meist Kaufleute) in L. nieder. L. gehörte zu den vier Legestädten des Reichs und hatte bei den sächsischen Landtagen das Direktorium unter den Städten. Von den traurigsten Folgen war der Siebenjährige Krieg für L., das von Friedrich d. Gr. mit schweren Kontributionen (über 15 Mill. Thlr.) belegt wurde. In der Zeit des nachfolgenden Friedens nahmen der Handel und die Messen einen Aufschwung wie fast niemals vorher. Die Universität wurde von Friedrich August I. sehr begünstigt, seit 1784 die Festungswerke abgetragen und der Stadtgraben in einen Park verwandelt. Eine ganz veränderte Richtung gab dem Handel der französisch-preußische Krieg von 1806. Die französische Beschlagnahme aller englischen Waren mußte durch Zahlung von 7 Mill. Frank losgekauft werden, doch hatte L. sich mitten in den folgenden Kriegsjahren starker Messen zu erfreuen. Im Krieg von 1809 wurde es 22. Juni von den Österreichern und 26. Juni von einem Korps Braunschweiger besetzt, das eine Kon-^[folgende Seite]