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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: London

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London (Denkmäler, Kirchen).

anstalten verdienen sie vollkommen den ihnen beigelegten Namen der "Lungen Londons". Unter den großen Friedhöfen zeichnen sich diejenigen von Highgate, Kensal Green, Brompton und Norwood durch schöne Anlagen und sehenswerte Denkmäler aus. Die alten Kirchhöfe sind teilweise in Gärten umgewandelt worden.

[Denkmäler.] Von den 81 im Freien aufgestellten öffentlichen Denkmälern sind nur wenige von hervorragend künstlerischem Wert. Von ihnen verherrlichen 23 Mitglieder des königlichen Hauses, 11 Kriegshelden oder kriegerische Ereignisse, 15 Staatsmänner, 5 Schriftsteller, 4 Gelehrte, 2 Maler, 4 Philanthropen etc. Es sind unter ihnen 4 Säulen, 5 Obelisken, 63 Standbilder, 7 Brustbilder und 2 anderweitige. Unter allen diesen Denkmälern nimmt das des Prinzen Albert im Hyde Park (nach dem Entwurf des Architekten G. Scott) den vornehmsten Rang ein. Außerdem verdienen Beachtung die 59 m hohe Nelsonsäule auf dem Trafalgar Square, die schwerfällige Säule mit dem Standbild eines Herzogs von York auf dem Waterloo Place, die zur Erinnerung an den "großen Brand" vom Jahr 1666 errichtete Säule in der City und der auf dem Themsedamm aufgestellte 21 m hohe ägyptische Obelisk (Kleopatras Nadel). Unter den bedeutenden Männern, die L. durch Denkmäler geehrt hat, sind die Dichter Shakespeare und Byron, die Gelehrten Newton, Hunter, Sloane und Jenner, die Schriftsteller Carlyle und Mill, die Maler Hogarth und Reynolds, der Ingenieur Brunel, der Gärtner Paxton, die Staatsmänner Canning, Pitt, Fox, Peel, Palmerston, Derby, Beaconsfield, Cobden und Lord Lawrence, der Philanthrop Peabody, der Nordpolfahrer Franklin, die Kriegshelden Nelson, Wellington, Lord Clyde, Napier, Havelock und Outram zu nennen.

Kirchliche Bauwerke.

Zur Zeit der Reformation war L. reich an Kirchen wie keine andre Stadt; zwei Drittel des Areals der City waren mit kirchlichen Gebäuden bedeckt, und sämtliche Bischöfe des Landes sowie zahlreiche Äbte hatten in L. ihre Residenzschlösser. Heinrich VIII. räumte gewaltig unter den Klöstern auf, und leider verschwand infolgedessen manches wertvolle Bauwerk, während man die teilweise sehr häßlichen Gemeindekirchen stehen ließ. Der "große Brand" von 1666 zerstörte abermals 85 Kirchen, von denen nur 49 von Wren wieder aufgebaut wurden, so daß jetzt in ganz L. nur 25 Kirchen und Kapellen zu finden sind, welche aus der Zeit der Reformation stammen. Unter allen diesen Kirchen steht die Westminsterabtei obenan (vgl. Stanley, Historical memorials of Westminster Abbey, 5. Aufl. 1882). Sie ist in Gestalt eines lateinischen Kreuzes gebaut, 161,5 m lang, im Querschiff 61,86 m breit und im Hauptschiff 31,1 m hoch. Von dem Turm, welcher sich am Durchkreuzungspunkt der Schiffe erheben sollte, besteht nur der Unterbau. Chor und Querschiff wurden an Stelle einer ältern Kirche 1245-69 errichtet, ein Teil des Langschiffs wurde 1307 vollendet; aber die westliche, von zwei 68,6 m hohen Türmen eingefaßte Fassade wurde erst 1483-1509 in Tudor-gotischem Stil erbaut, und die Türme wurden später von Wren in verdorbenem Geschmack vollendet. Die Verhältnisse des Innern sind großartig. Die Höhe der Schiffe, Fenster und andrer Teile des Baues beträgt stets das Dreifache der Breite; so ist das Hauptschiff 10,36 m breit und 31,08 m hoch. Hinter dem Altar liegt die Kapelle Eduards des Bekenners, mit dem 1269 vollendeten Schrein dieses Heiligen. Das Chor umgibt ein Kapellenkranz, und östlich schließt sich an diesen die 1503-22 im reichsten gotischen Stil erbaute Kapelle Heinrichs VII. an, deren fächerartig gewölbte Decke ein Meisterwerk der Baukunst ist. Im Hauptschiff dieser Kapelle ist das Grabmal des Königs, von einem zierlichen Messinggitter umgeben, in der einen Seitenkapelle das Grabmal der Maria Stuart, in der andern das ihrer Gegnerin Elisabeth. Die Zahl der im Innern der Kirche aufgestellten Denkmäler ist ungemein groß; überall ziehen Namen der großen See- und Kriegshelden, der Staatsmänner, Geschichtschreiber und Philosophen, Theologen, Gesetzgeber, Maler, Bildhauer und Tondichter die Augen des Beschauers auf sich. Im sogen. Dichterwinkel hat man den größten englischen Dichtern, von Chaucer bis auf unsre Zeiten, Denkmäler errichtet (nur Byron nicht). Die an die Kirche angebauten Kreuzgänge sind sorgfältig wiederhergestellt worden. Einige alte Gewölbe, darunter die Kammer der Pyx (wo in einer altmodischen Kiste Proben aller in England geprägten Münzen aufbewahrt werden) aus der Zeit Eduards des Bekenners, stoßen an dieselben an, und ein Gang führt von ihnen in das achteckige, 1250 erbaute Kapitelhaus. Nächst der Westminsterabtei ist die St. Paulskathedrale die berühmteste Kirche Londons. Sie steht an Stelle der gotischen Kathedrale, welche 1666 ein Raub der Flammen wurde, und ist 1675-1710 nach den Entwürfen Christopher Wrens erbaut worden, als dessen Meisterwerk sie gilt. Die Baukosten beliefen sich auf 747,954 Pfd. Sterl., doch harrt ein großer Teil des Innern noch seiner Ausschmückung. Die Kirche ist in Gestalt eines Kreuzes erbaut, 152,4 m lang, 76,2 m breit und wird von einer Kuppel überragt, welche 32,9 m im Durchmesser hat. Die Spitze des Kreuzes erreicht eine Höhe von 111,25 m. Eine Freitreppe von 22 Marmorstufen an der Westfassade führt zu einer 36,5 m breiten, 15,25 m hohen Säulenhalle von 6 Säulenpaaren korinthischen Stils, über welcher 4 Paar Säulen gemischten Stils, 12,2 m hoch, einen zweiten Stock bilden. An beiden Seiten begrenzen 67,7 m hohe Glockentürme diesen doppelten Portikus. Im Innern hat man berühmten Engländern Denkmäler aufgestellt, und in der Krypte liegen unter andern begraben: Nelson, Wellington und der Erbauer der Kathedrale. Von den übrigen Kirchen sind noch hervorzuheben: St. Bartholomew's in West Smithfield, mit Chor und Kreuzschiff aus dem 12. Jahrh. und frühenglischem Portal; die bereits erwähnte Rundkirche der Tempelherren; St. Saviour's in Southwark, mit Chor und Kreuzschiff aus dem 13. Jahrh., eins der bemerkenswertesten Beispiele des frühenglischen Stils; die 1354 erbaute Kirche in Austin Friars, welche 1550 der niederdeutschen Gemeinde geschenkt wurde. Unter den kleinern Kirchen, welche Wren erbaute, verdienen St. Mary le Bow, gewöhnlich Bow (Bogen) Church genannt, mit zierlichem, 71,5 m hohem Turm, St. Bride's in Fleet Street und St. Dunstan's im O. Beachtung. Inigo Jones erbaute die Paulskirche im Covent Garden (1645), Gibbs die St. Martinskirche am Trafalgar Square (1721-26), Shaw die zierliche St. Dunstanskirche im Strand (1830-33), A. W. Pugin die kathol. Kathedrale des heil. Georg in Lambeth (1840-49), Gilbert Scott in jüngerer Zeit die Pfarrkirchen von Camberwell und Kensington. Unter den zahlreichen Kirchen der Dissidenten sind nur wenige, welche als Werke der Baukunst Beachtung verdienen. Wegen seiner Größe und innern Einrichtung (mit Bühne anstatt der Kanzel) ist das vom Geistlichen Spurgeon