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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ludwig

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Ludwig (Nassau, Neapel).

seinem Regierungsantritt mit den Ständen in Konflikt, der wegen seiner wachsenden reaktionären Richtung seine ganze Regierungszeit überdauerte. Den Ereignissen von 1848 sich nicht gewachsen fühlend, übertrug er 5. März 1848 seinem Sohn, dem spätern Großherzog, die Mitregentschaft; er starb 16. Juni 1848. L. war vermählt mit Prinzessin Wilhelmine von Baden (gest. 1836), die ihm drei Söhne, den Großherzog Ludwig III., Karl, geb. 23. April 1809, gest. 20. März 1877, Alexander, geb. 15. Juli 1823, und eine Tochter, Marie, geb. 8. Aug. 1824, gest. 3. Juli 1880, seit 1841 die Gemahlin des Großfürsten Thronfolgers, spätern Kaisers von Rußland, Alexander II., gebar. Vgl. Steiner, L. II., Großherzog von Hessen (Darmst. 1848).

41) L. III., Großherzog, Sohn des vorigen, geb. 9. Juni 1806, hatte vor 1848 wenig Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten, galt aber für einen Gegner der absolutistischen und ultramontanen Richtungen, die sich unter seinem Vater geltend machten, und wurde daher mit Jubel begrüßt, als ihn der Großherzog 5. März 1848 zum Mitregenten berief. Die Wahl Gagerns zum Minister steigerte seine Popularität, die noch nicht geschmälert war, als er 16. Juni 1848 den Thron bestieg. Erst mit dem allgemeinen Umschwung der Dinge 1850 änderte auch L. seine Politik, u. unter dem Ministerium Dalwigk kam ein durchaus büreaukratisch-reaktionäres System zur Herrschaft, das unter dem Einfluß der Großherzogin, Mathilde von Bayern (geb. 30. Aug. 1813, vermählt 1833, gest. 25. Mai 1862), der Kirche weitgehende Rechte und Freiheiten auf Kosten des Staats einräumte. L. selbst trat hinter dem allmächtigen Minister und dem Bischof von Mainz ganz zurück. 1866 nahm er am Kriege gegen Preußen teil und mußte sich nach Rheinhessen flüchten. Seine Verwandtschaft mit dem russischen Kaiser rettete ihm sein Land fast unverkürzt, doch mußte er für Oberhessen in den Norddeutschen Bund treten und mit Preußen eine Militärkonvention schließen. 1871 trat er mit dem ganzen Land ins Deutsche Reich ein und entließ auch 1872 endlich Dalwigk, worauf mit Hofmanns Eintritt 1873 ein völliger Systemwechsel erfolgte. Er starb, seit 1868 morganatisch mit einer Freiin von Hochstätten vermählt, kinderlos 13. Juni 1877. Ihm folgte sein Neffe, Großherzog Ludwig IV.

42) L. IV., Großherzog, Neffe des vorigen, Sohn des Prinzen Karl von Hessen und der preußischen Prinzessin Elisabeth, geb. 12. Sept. 1837, vermählte sich 1. Juli 1862 mit der zweiten Tochter der Königin Viktoria von England, Prinzessin Alice (gest. 14. Dez. 1878), aus welcher Ehe fünf Töchter und ein Sohn (Erbgroßherzog Ernst Ludwig, geb. 25. Nov. 1868) am Leben geblieben sind, befehligte 1866 eine Brigade im hessischen Kontingent, 1870/71 die hessische (25.) Infanteriedivision, welche einen Teil des 9. Korps bildete und sich besonders bei Gravelotte und in den Kämpfen an der Loire auszeichnete, und blieb auch im Frieden Befehlshaber derselben, bis er, durch den Tod seines Vaters (20. März 1877) Thronerbe geworden, nach dem Tod seines Oheims, des Großherzogs Ludwig III., 13. Juni 1877 als L. IV. den hessischen Thron bestieg. Er regierte nach liberalen Grundsätzen. 1884 vermählte er sich morganatisch mit Frau v. Kolemine, geborne Gräfin Czapska, welche Ehe aber kurz darauf gerichtlich wieder getrennt wurde.

[Nassau.] 43) Graf von Nassau-Dillenburg, Bruder Wilhelms I. (s. d.) von Oranien, geb. 10. Jan. 1538 zu Dillenburg, studierte in Genf, folgte seinem Bruder nach den Niederlanden, erlangte hier durch seinen edlen, ritterlichen Charakter und seinen frommen Eifer für den Protestantismus große Popularität, schloß sich dem sogen. Geusenbund (1565) an, ward bald das Oberhaupt desselben und verfaßte 1566 die Proklamation des niederländischen Adels an die deutsche Nation, war aber 1567 mit seinem Bruder Wilhelm gerade in Deutschland, hier Hilfe zu suchen, als der neue Statthalter der Niederlande, Herzog von Alba, ankam und beide in die Acht erklärte. Schon im Mai 1568 drang Graf L. mit 4000 Mann ungeachtet des Verbots des Kaisers Maximilian II. in das Groningerland ein, bemächtigte sich des Schlosses Wedde und schlug, nachdem sein Bruder Adolf zu ihm gestoßen, die Spanier 23. Mai bei Heiligerlee, mußte sich aber hierauf vor Alba in ein verschanztes Lager bei Jemgum an der untern Ems zurückziehen und erlitt hier 21. Juli eine völlige Niederlage. Er beteiligte sich dann an dem fruchtlosen Heereszug seines Bruders Wilhelm nach Holland (September bis November 1568) und folgte ihm 1569 zum Admiral Coligny nach Frankreich, wo er an verschiedenen Unternehmungen der Hugenotten teilnahm. Von Karl IX. unterstützt, brachte er in Hennegau ein kleines Heer unter die Waffen und überrumpelte Mons, ward aber sodann hier von Alba belagert und mußte im September 1572 kapitulieren. Er erhielt freien Abzug und kehrte, von den Spaniern mit größter Auszeichnung behandelt, in seine Heimat nach Siegen zurück. 1574 warb er mit französischen Subsidien in Deutschland ein Heer von 8000 Mann zu Fuß und 2000 Reitern, um Haarlem und Leiden zu entsetzen, wurde aber, nachdem er kaum die Maas überschritten, von dem überlegenen spanischen Heer 14. April auf der Mooker Heide geschlagen und starb beim letzten verzweifelten Kampf nebst seinem Bruder Heinrich den Heldentod. Er ist eine der edelsten Heldengestalten des niederländischen Befreiungskampfes. Vgl. Ledderhose, Graf L. von Nassau (Norden 1877).

[Neapel.] 44) L. von Tarent, König von Neapel, zweiter Sohn des Fürsten Philipp von Tarent, ermordete 1345 Andreas, den ersten Gemahl der Königin Johanna I. von Neapel, und vermählte sich 1346 mit dieser. 1348 vom König Ludwig von Ungarn mit Johanna vertrieben, kehrte er 1350 mit dieser nach Neapel zurück und wurde 1352 als König gekrönt. Er führte eine thatkräftige Regierung, auf die er seiner Gemahlin wenig Einfluß einräumte. 1356 versuchte er vergeblich Sizilien zu erobern. Er starb kinderlos im Mai 1362.

45) L. von Anjou, König von Neapel, geb. 1339, Sohn des Königs Johann von Frankreich, wurde 1360 von seinem Vater den Engländern als Geisel für die Zahlung der Loskaufssumme überliefert, entfloh aber aus der Gefangenschaft, wurde von seinem Bruder, König Karl V., zum Statthalter von Languedoc ernannt, welches er mit Härte verwaltete, kämpfte mit wechselndem Glück gegen die Engländer, erzwang 1380 nach Karls V. Tod mit Gewalt seine Erhebung zum Regenten an des unmündigen Karl VI. Statt, benutzte diese Stellung aber nur, um Schätze zu sammeln, und stürzte das Reich in große Verwirrung. Von der Königin Johanna I. von Neapel, welche Frankreichs Hilfe gegen Ungarn gewinnen wollte, an Sohnes Statt angenommen und zum Thronerben ernannt, begab er sich mit einer von dem geraubten Geld gemieteten Söldnerschar 1381 nach Italien, nachdem er in Avignon von Papst Clemens VII. gekrönt worden war, und drang