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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Luftpumpe

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Luftpumpe (einstiefelige doppeltwirkende L., Quecksilber-L.).

zenen Schenkel ganz aus und beginnt erst zu sinken, wenn der auf den offenen Schenkel wirkende Druck der verdünnten Luft weniger als ¼ Atmosphäre beträgt; der Unterschied des Quecksilberstandes in beiden Schenkeln gibt alsdann den im Rezipienten herrschenden Druck an. Derselbe Zweck des raschern Auspumpens, wie durch die zweistiefeligen Luftpumpen, wird auch durch einstiefelige doppeltwirkende Luftpumpen erreicht; Fig. 10 der Tafel zeigt eine Ansicht der Maschine von Bianchi mit Schwungrad V, welches durch die Kurbel M in Umdrehung versetzt, und von dessen Welle die Bewegung auf die Kolbenstange m übertragen wird. Textfig. 11 zeigt den Durchschnitt des Stiefels und Kolbens. Beim Niedergang des Kolbens strömt die vom Rezipienten kommende Luft durch das Rohr C bei S in den obern Teil des Stiefels, während die im untern Teil zusammengepreßte Luft durch das Ventil b und die Höhlung x der Kolbenstange entweicht. Beim Aufgang des Kolbens wird Luft aus dem Rezipienten bei S' in den untern Teil des Stiefels gesaugt, während die im obern Teil befindliche Luft durch das Ventil a austritt. Die Bewegung der Kolbenstange wird durch einen Kurbelarm bewirkt, so daß ihr oberes Ende bald nach rechts, bald nach links geführt wird; damit der Stiefel diesem Hin- und Hergang zu folgen vermöge, ist er um eine horizontale Achse drehbar.

Der durch die L. erzeugte luftverdünnte Raum (Guerickesche Leere, Vakuum) dient dazu, den Druck der Luft zur Anschauung zu bringen. Zwei Halbkugeln, die man luftdicht aneinander fügt und dann auspumpt, haften mit großer Kraft aneinander; beträgt der Radius der Kugel 10 cm, so ist ihr Querschnitt 314 qcm, und da die Luft auf 1 qcm mit einer Kraft von etwa 1 kg drückt, so werden die beiden Hälften mit einer Kraft von 314 kg aneinander gepreßt. Die "Magdeburger" (Guerickeschen) Halbkugeln, mit welchen Otto v. Guericke auf dem Reichstag von Regensburg (1654) experimentierte, hatten ⅔ Elle innerer Weite und konnten kaum von 16 kräftigen Pferden auseinander gerissen werden. Eine über einen Glascylinder gespannte Blase oder eine darübergelegte dünne Glasscheibe wird durch den Luftdruck zertrümmert. Unter dem Rezipienten der L. kommt Wasser weit unter 100° C. zum Sieden; Äther verdunstet äußerst schnell und entwickelt dabei eine solche Kälte, daß Wasser gefriert. Der Heber hört auf zu fließen, und eine angeschlagene Glocke tönt nicht mehr. Eine Flaumfeder fällt im luftleeren Raum ebenso schnell wie eine Schrotkugel. Der Gedanke, die Torricellische Leere über dem Quecksilber im Barometer zum Auspumpen eines Rezipienten zu benutzen, wurde von den Mitgliedern der Florentiner Akademie schon wenige Jahre nach Erfindung der Kolbenluftpumpe ausgeführt. Die erste praktisch brauchbare Quecksilberluftpumpe, deren wesentliche Teile in Textfig. 12 dargestellt sind, rührt jedoch von Geißler her (1857). Das etwa 76 cm lange Glasrohr C trägt oben das weite Glasgefäß A, und sein unteres Ende steht durch den Kautschukschlauch D mit dem oben offenen Glasgefäß B in Verbindung. In eine Erweiterung der Glasröhre tr, in welche das Gefäß A oben ausläuft, ist ein nach Art des Senguerdschen durchbohrter Hahn o eingeschliffen, durch welchen A nach Belieben mit dem bei r angefügten auszupumpenden Raum oder mit der nach der äußern Luft offenen Glaskugel p in Verbindung gesetzt werden kann. Während A nach p offen ist, wird das Gefäß B so weit gehoben, daß sich A vollständig und auch p teilweise mit Quecksilber füllt; wird nun durch eine Drehung des Hahns um 45° A nach oben abgesperrt und das Gefäß B allmählich gesenkt, so sinkt auch das Quecksilber, und in A entsteht die Torricellische Leere, mit welcher man den Rezipienten durch eine weitere Drehung des Hahns um 45° in Verbindung setzt. Nachdem der Hahn um 45° wieder zurückgedreht ist, wird durch den zweiten Hub des Gefäßes R die nach A aus dem Rezipienten übergetretene Luft zunächst komprimiert und sodann nach abermaliger Rückdrehung des Hahns um 45° durch p hinausgetrieben, worauf sich dieselbe Reihe von Operationen wiederholt. Bei der Jollyschen Quecksilberluftpumpe, Fig. 13 der Tafel, wird das Heben und Senken des Gefäßes B durch eine Winde und einen starken Gurt F vermittelt, das Gefäß steht durch den Gummischlauch D mit dem Gefäß A und durch dieses mit dem Rezipienten R und der Barometerprobe b in Verbindung; bei der Kravoglschen wird das Quecksilber durch einen eisernen Stempel gehoben, bei der Poggendorffschen durch eine gewöhnliche L. empor-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 11. Doppeltwirkende Luftpumpe. Stiefel und Kolben im Durchschnitt. Fig. 12. Geißlers Quecksilberluftpumpe.]