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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lymphgefäße

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Lymphe - Lymphgefäße.

schmack, einem spezifischen Gewicht von 1,020-1,040 und alkalischer Reaktion, welche sich in den Lymphgefäßen von den verschiedensten Körperteilen und Körpergegenden her nach dem Herzen hin bewegt und sich mit dem Venenblut vermischt, kurz bevor dieses in das rechte Herz gelangt. Die L. entsteht durch Filtration aus dem Inhalt der Blutkapillaren und enthält alle Bestandteile des Blutplasmas. Dadurch, daß sie in einem außerordentlich weit verzweigten Gefäßsystem langsam den Körper durchströmt, liefert sie den Geweben diejenigen Substanzen, deren sie zu ihrer Ernährung bedürfen, und nimmt Zersetzungsprodukte aus den Geweben mit sich fort. Sie tritt alsdann wieder in die Blutbahn ein, wo ihre noch brauchbaren Bestandteile aufs neue verwertet werden, während die Zerfallsprodukte schnell zur Ausscheidung gelangen. Die L. ist diejenige Flüssigkeit, welche im Organismus am reichlichsten vertreten ist; ihre Menge beträgt nach Krause ⅓, nach andern mindestens ¼ des Körpergewichts. Wie das Blut, ist auch die L. keine reine Lösung, sie enthält vielmehr auch Formbestandteile: Lymphkörperchen, rote Blutscheiben und Fetttröpfchen. Die Lymphkörperchen sind identisch mit den farblosen Blutkörperchen. Die roten Blutscheiben sind in der Regel nur in sehr spärlicher, zuweilen aber in solcher Anzahl vorhanden, daß sie der L. eine mehr oder weniger starke rötliche Färbung zu erteilen vermögen. Diese Gebilde stammen aus dem Blut; sie verlassen dasselbe auf die im Artikel "Blut" beschriebene Weise. Fetttröpfchen sind weder konstante noch allen Lymphgefäßbezirken zukommende Formbestandteile. Man findet sie zur Zeit der Fettverdauung in der Darmlymphe oder dem Chylus, und sie werden von dort durch den Milchbrustgang dem Blut zugeführt. Nach reichlicher Fettfütterung finden sie sich in solcher Menge in den Chylusgefäßen, daß deren Inhalt weiß wie Milch erscheint. Die gelösten Bestandteile der L. stimmen mit denen des Blutplasmas überein, doch erscheinen sie in andern Mengenverhältnissen. Bei annähernd gleichem Gehalt an anorganischen und leicht löslichen organischen Bestandteilen enthält die L. durchschnittlich 2 Proz. weniger Eiweißstoffe als das Blutplasma. Da die Eiweißstoffe der L. sonst gleiche Natur mit denen des Bluts besitzen und diese Flüssigkeit außerdem auch die für die Gerinnung so bedeutungsvollen farblosen Blutkörperchen enthält, so gerinnt die L. kurze Zeit nach ihrer Entleerung. Sie enthält viel Kohlensäure, aber keinen oder nur sehr wenig Sauerstoff. Die Bewegung der L. durch die Gewebe und zum Blut hin geschieht nur unter einem unbedeutenden Druck und wird an vielen Stellen allein vom Blutdruck unterhalten. An andern Orten ist die Beziehung zwischen Blut- und Lymphgefäßsystem viel weniger innig, und die abgesonderte L. würde ruhig liegen bleiben, wären nicht für ihre Fortschaffung ganz besondere Mechanismen vorhanden. So stellt z. B. der sehnige Teil des Zwerchfells einen sehr kunstvollen Apparat für die Aufsaugung und Fortschaffung der L. aus der Bauchhöhle, eine Art Pumpwerk dar, dessen Triebkraft in den Bewegungen des Zwerchfells gesucht werden muß. Ganz ähnliche Vorrichtungen hat man auch in den die Muskeln einhüllenden sehnigen Häuten und im Brustfell angetroffen. Ein weiteres Moment für die Fortbewegung der L. wird durch die Aspiration des Thorax gegeben, denn der größte Teil des Milchbrustganges liegt innerhalb der Brusthöhle, und außerdem befindet sich in deren Nähe ein großes, ununterbrochen von den Eingeweiden der Bauch- und Beckenhöhle und von den Beinen aus gespeistes Reservoir, die Lymphzisterne. Endlich wird auch der Abfluß der L. dadurch erleichtert, daß die Lymphstämme bei der Kontraktion der Skelettmuskeln zusammengepreßt werden. Aus den Gliedmaßen kann die L. überhaupt nur dann regelmäßig fortgeschafft werden, wenn diese aktiv oder passiv bewegt werden. Bei einigen Tieren, besonders bei den Amphibien und einigen Vögeln (z. B. bei den Straußen), kommen bei der Bewegung der L. außerdem noch rhythmisch pulsierende Lymphherzen (vgl. Lymphgefäße) in Betracht.

Lymphgefäße (Saugadern, Vasa lymphatica s. resorbentia), dünne, zartwandige Röhren, welche, zu dem weitverbreiteten sogen. lymphatischen System vereinigt, bei den Wirbeltieren (mit Ausnahme mancher Fische) fast in allen Organen des Körpers vorhanden sind, das überschüssige Ernährungsmaterial, welches die Blutgefäße an die Organe abgeben, aufsaugen und zugleich mit den Nährsäften aus den Verdauungsorganen (Chylus) in den Blutstrom zurückführen (s. Gefäße). Sie haben ähnlich den Venen äußerst dünne, aber feste Wände, an deren Innenfläche sich oft Klappen zur Verhütung des Rückströmens der Lymphe befinden. Wahrscheinlich sind die feinsten Anfänge der L. Lücken in dem Gewebe der einzelnen Organe, welche erst weiterhin eine häutige Auskleidung bekommen und dann als Lymphkapillaren (s. Kapillaren) auftreten. Die letztern vereinigen sich nach und nach zu größern Ästen, diese zu großen Lymphgefäßstämmen. Solche schließen namentlich bei niedern Wirbeltieren vielfach als sogen. Lymphräume die großen Adern in sich ein, folgen beim Menschen fast ausschließlich in ihrem Verlauf den Venen, treten aber an gewissen Körperstellen als zuführende L. (vasa afferentia) in Lymphdrüsen (s. d.) ein und verlassen dieselben wiederum als abführende L. (vasa efferentia). Stets münden sie zuletzt in eine Vene ein und sind vielfach kurz vorher noch mit einer kontraktilen Erweiterung versehen. Solche Lymphherzen (s. auch Herz) finden sich in allen Wirbeltierklassen mit Ausnahme der Säugetiere. Die Stämme, zu welchen sich die L. vereinigen, bevor sie ihren Inhalt in den Blutstrom ergießen, sind beim Menschen folgende: Der Milchbrust- oder kurzweg Brustgang (ductus thoracicus), eine rabenkielstarke Röhre mit wenig Klappen nimmt die L. der ganzen untern Körperhälfte, der ganzen linken und des untern Teils der rechten Brusthälfte, der linken Hals- und Kopfhälfte und des linken Arms auf. Er entspringt vor dem ersten oder zweiten Lendenwirbel durch den Zusammenfluß von drei kurzen, ansehnlichen Stämmchen (von denen der mittlere die Chylusgefäße des Darms aufnimmt), läuft dann zusammen mit der Aorta durch das Zwerchfell und mündet in die Vena anonyma der linken Seite ein. Hier befindet sich gegen den Eintritt des Bluts in ihn eine Klappe. Die übrigen L. treten zu dem ansehnlichen rechten Saugaderstamm (truncus lymphaticus dexter) zusammen, welcher sich in den Winkel, den die rechte innere Drosselvene mit der rechten Armvene bildet, ergießt. - Selbständige Erkrankungen der L. sind sehr selten; es kommen vor Erweiterungen (Lymphangiektasis) als Folgezustände bei behindertem Abfluß der Lymphe, zuweilen in Form von Geschwülsten Lymphangioma, in der Zunge als sogen. Makroglossie. Ferner kennt man Erweiterung der L. durch Anfüllung derselben mit Geschwulstzellen, wie sie nicht selten im Netz, am Bauchfell, Zwerchfell und der Lungenoberfläche bei Magenkrebs angetroffen wird. In den ganz großen L., nament-^[folgende Seite]