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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Magnetismus

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Magnetismus (Isodynamen, Gleichgewichtslinien, Variationen).

die Deklinationsnadel nur die horizontale Komponente der totalen Kraft oder die horizontale Intensität einwirkt. Da jedoch die Deklinationsnadel genauere Beobachtungen gestattet als die Inklinationsnadel, so zieht man es vor, mit Hilfe der erstern nur die horizontale Intensität direkt zu bestimmen, woraus sich alsdann die totale Intensität, wenn die Inklination bekannt ist, leicht berechnen läßt. Die Verteilung der totalen erdmagnetischen Kraft über die Erdoberfläche wird zur Anschauung gebracht durch die Linien gleicher Intensität oder die Isodynamen; das Kärtchen (Fig. 10) zeigt, daß die magnetische Intensität im allgemeinen vom Äquator gegen die Pole hin zunimmt; den größten Wert erreicht sie jedoch nicht an den magnetischen Polen selbst, sondern auf der nördlichen Halbkugel finden wir zwei Punkte höchster magnetischer Kraft, den einen in Nordamerika etwas westlich von der Hudsonbai, den andern im nördlichen Asien. Den beigeschriebenen Zahlen ist eine willkürliche Einheit zu Grunde gelegt.

Intensität, Potenzial, Variationen.

Die drei Größen: Deklination, Inklination und Intensität werden die Elemente des Erdmagnetismus genannt, weil durch sie Richtung und Größe der erdmagnetischen Kraft vollständig bestimmt sind. Gauß hat nun einen mathematischen Ausdruck aufgestellt, das magnetische Potenzial, aus welchem sich sämtliche drei Elemente mit Leichtigkeit berechnen lassen. Auch geben die Linien gleichen Potenzials oder die magnetischen Gleichgewichtslinien das einfachste Bild von den magnetischen Verhältnissen unsrer Erdoberfläche; aus ihrem Lauf läßt sich z. B. die Richtung der Deklinationsnadel an jedem Ort leicht erkennen, indem dieselbe stets rechtwinkelig zu den Gleichgewichtslinien steht. Denkt man sich auf diesem Kärtchen (Fig. 11) ein System von Linien gezogen, welche die Gleichgewichtslinien senkrecht durchschneiden, so erhält man die magnetischen Meridiane, während die Gleichgewichtslinien selbst als magnetische Parallelkreise aufgefaßt werden können.

Sämtliche Elemente des Erdmagnetismus behalten auch an einem und demselben Ort nicht den nämlichen Wert, sondern sind fortwährenden Schwankungen unterworfen, welche teils unregelmäßig und plötzlich, teils regelmäßig und periodisch eintreten; erstere heißen Störungen, letztere Variationen. Die täglichen Variationen der Deklination zeigen in unsern Gegenden im allgemeinen folgenden Gang. Um 8 Uhr morgens hat die Magnetnadel ihre östlichste Stellung, dann bewegt sich ihr Nordende ziemlich rasch gegen W. und erreicht seinen westlichen Wendepunkt zwischen 1 und 2 Uhr nachmittags, um sodann wieder nach O. zurückzugehen, was in den Nachmittags- und Abendstunden rascher geschieht als in den Nachtstunden. Der Winkel zwischen dem östlichsten und westlichsten Stande der Magnetnadel beträgt nur wenige Bogenminuten und ist im Sommer (13-15') größer als im Winter (8-10'). Abgesehen von diesen täglichen Variationen, sind aber auch die Mittelwerte der erdmagnetischen Elemente noch säkularen Variationen unterworfen, welche zwar sehr langsam erfolgen, aber, indem sie im Lauf der Jahre in gleichem Sinn fortschreiten, allmählich zu beträchtlicher Größe anwachsen. So war z. B. in Frankreich 1580 die Deklination 11° 30' östlich, nahm sodann beständig ab und wurde 1663 gleich Null; von jener Zeit an wurde sie wieder westlich, bis sie 1814 mit 22° 34' ihr westliches Maximum erreichte; seitdem nimmt die westliche Deklination wieder ab. In Deutschland beträgt ihre jährliche Abnahme im Durchschnitt 6½ Minuten; in Berlin war sie während des vorigen Jahrhunderts im Zunehmen begriffen, erreichte 1805 ihren größten westlichen Wert von 18° und beträgt gegenwärtig nur noch 12°. Auch die Inklination zeigt sowohl tägliche als säkulare Änderungen; in Paris betrug sie 1671 noch 75°, seitdem hat sie fortwährend abgenommen bis zu ihrem gegenwärtigen Wert von 66½°. Ebenso ist auch die Intensität sowohl täglichen als säkularen Variationen unterworfen. Die Variationen der Deklination werden mittels des Magnetometers, diejenigen der Intensität mittels des Bifilarmagnetometers bestimmt; beide Instrumente wurden von Gauß angegeben (s.

^[Abb.: Fig. 11. Magnetische Gleichgewichtslinien für 1835.]