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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marabuseide; Marabut; Maracaībo; Maracay; Maragha; Maragogipe; Marais; Marajó; Mařák

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Marabuseide - Marák.

der Familie der Störche (Ciconiidae), große Tiere mit kräftigem, fast ungeschlachtem Leib, nacktem Kopf, dickem, nacktem Hals mit herabhängendem Kehlsack, welcher eine beträchtliche Erweiterung der Speiseröhre birgt, sehr großem, kegelförmigem, vierseitigem, an der Wurzel sehr dickem, vorn zugespitztem, leichtem Schnabel, hohen Beinen, langen, breiten, abgerundeten Flügeln, in denen die vierte Schwinge die längste ist, und mittellangem Schwanz, dessen untere Deckfedern außerordentlich entwickelt, namentlich von der Wurzel an fein zerschlissen sind. Sie sind außerordentlich gefräßig, streiten mit den Geiern um jedes Aas, sind wehrhaft und wissen sich überall die Herrschaft zu sichern. Der afrikanische M. (Adjutant, L. crumenifer Less., s. Tafel "Watvögel II"), 1,6 m lang, gegen 3 m breit, auf dem mit nur wenigen haarartigen Federn bedeckten Kopf rötlich fleischfarben, meist mit grindiger Haut, auf der Oberseite des Körpers dunkelgrün, metallisch glänzend, auf der Unterseite und im Nacken weiß; Schwingen und Steuerfedern sind schwarz, die großen Deckfedern der Flügel auf der Außenfahne weiß gerandet; das Auge ist braun, der Schnabel schmutzig weißgelb, der Fuß schwarz. Er bewohnt Ostafrika südlich vom 15.° nördl. Br., weilt hier vom Mai bis Oktober und zieht dann südlich, um zu brüten. Der Vogel zeigt einen ganz sonderbaren Anstand und unverwüstliche Ruhe, eine Haltung, die unwillkürlich zum Lachen herausfordert. Dabei ist er erstaunlich klug und kaum auf den Schlafplätzen zu überlisten. Er erscheint in der Nähe aller größern Ortschaften, besonders bei Schlachtbänken, und bemächtigt sich der Abfälle, fischt im Nil, frißt aber auch Ratten, Mäuse, Muscheln, Insekten und mit Vorliebe Aas. In der Gefangenschaft wird er sehr zahm und zutraulich. In Indien lebende Marabus stehen unter öffentlichem Schutz, gehen frei in allen größern Städten umher und beseitigen die Abfälle. Man hält sie auf den Dörfern in ganzen Herden, um die prachtvollen Federn (Marabufedern) aus dem Schwanze zu gewinnen.

Marabuseide, bestimmte Sorte der gezwirnten Seide für besondere Zwecke der Seidenweberei.

Marabut (arab., "Lehrer, Erzieher"), ursprünglich Name einer mohammedanischen Sekte im nordwestlichen Afrika, welche zu großer politischer Bedeutung gelangte und die Dynastie der Almorawiden (s. d.) gründete; später bei den Berbern Bezeichnung einer geheiligten, ihr Leben in asketischer Beschaulichkeit zubringenden Persönlichkeit. Solche Marabuts stehen beim Volk im höchsten Ansehen, und man schreibt ihnen Wunderkraft und prophetische Gabe zu. Häufig sind sie auch als Priester bei Moscheen und Grabkapellen angestellt, und ihre Würde erbt dann vom Vater auf den Sohn, obgleich der Name M. eigentlich nur selten bei Lebzeiten gegeben wird. Auch das Grab eines solchen Heiligen nennt man M. Vgl. Rinn, Marabouts et Khouan (Algier 1884).

Maracaībo, Golf von, größter Meerbusen an der Küste der Republik Venezuela in Südamerika mit einer Oberfläche von 15,000 qkm (272 QM.). Der indische Name desselben ist Coquibacoa, während er von seinem Entdecker Alonso de Hojeda 1499 wegen der dort vorgefundenen zahlreichen, ihn an die Lagunenstadt Venedig erinnernden Pfahlansiedelungen Golf von Venecia und nachher von Venezuela genannt wurde, welcher Name später auf das ganze Land überging. Durch den Saco de M. steht der Golf mit der Laguna de M. in Verbindung, welche gleichfalls schon 1499 von Hojeda entdeckt wurde. Der See umfaßt 16,360 qkm (297½ QM.) und ist ein wahres mittelländisches Meer von süßem Wasser. Tiefgehende Schiffe können der Barre in der Boca wegen, wo eine heftige Strömung stattfindet, nur mit Vorsicht in den See einlaufen.

Maracaībo, Hauptstadt der Sektion Zulia des Staats Falcon in Venezuela und einer der wichtigsten Handelsplätze der Republik, mit (1883) 31,921 Einw., liegt am westlichen Ufer der Laguna de M. und hat sich in jüngerer Zeit sehr gehoben. Einen ihrer 6 Plätze ziert ein Standbild Bolivars, und sie hat 4 Hospitäler, ein Theater, eine mathematische und eine nautische Schule und Schiffswerfte. Es erscheinen 12 Zeitungen. Im J. 1886 liefen 276 Schiffe ein (darunter 15 deutsche). Die Ausfuhr (ohne Küstenhandel) belief sich 1886 auf 15,329,664 Bolivares, wovon 12,775,506 Bol. auf 16,557,320 kg Kaffee kamen. Sonst waren noch wichtig: Gelbholz, Häute, Dividivi, Fieberrinde, Kakao, Balsam und Zucker. M. ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Maracay, Stadt in der Sektion Guzman Blanco des gleichnamigen Staats der Bundesrepublik Venezuela, 440 m ü. M., in der Nähe des Valenciasees, in ungemein fruchtbarer Gegend, mit schloßähnlichem Gefängnis und (1873) 5367 Einw.

Maragha, Stadt in der pers. Provinz Aserbeidschân, östlich vom Urmiasee, am Safifluß, gut gebaut, mit (1880) 13,260 Einw., 16 Karawansereien, 80 Moscheen, 4 Hochschulen, war ehedem Hoflager Hulagu-Chans, des Sohns von Dschengis-Chan, dessen angebliche Grabstätte noch vorhanden ist. Unter den Gelehrten, die er hier um sich versammelte, war auch Chodscha Nasreddin, ein berühmter Philosoph und Astronom, für den er eine glänzende Sternwarte (zugleich Festung) erbauen ließ, deren Reste unweit westlich der heutigen Stadt liegen.

Maragogipe, Stadt in der brasil. Provinz Bahia, an der Mündung des Paraguassu in die Allerheiligenbai, von Kokoswäldern umgeben, beliebter Wohnplatz reicher Plantagenbesitzer.

Marais (franz., spr. -räh, "Morast, Sumpf"), Name eines Pariser Stadtviertels, wo 1600-1673 das berühmte Théâtre du M. stand; während der französischen Revolution auch spöttische Bezeichnung der gemäßigten Partei (der Girondisten oder la Plaine) im Konvent, im Gegensatz zur Bergpartei (la Montagne).

Marajó, Insel an der Mündung des Amazonenstroms (Südamerika), ist etwa 46,360 qkm (842 QM.) groß, niedrig und eben, doch keineswegs angeschwemmtes Alluvialland, meist mit Gras und Gebüsch bedeckt, im O. und S. aber Urwald. Auf ihr liegen die Orte Breves und Chaves und die alte Jesuitenmission M. im Innern. Die Insel ist fruchtbar und versieht Pará mit Schlachtvieh und Lebensmitteln.

Mařák (spr. marschāk), Julius, böhm. Maler, geb. 29. März 1835 zu Leitomischl, bildete sich auf der Malerakademie zu Prag und in München zum Landschaftsmaler und lebt seit 1858 in Wien. Die erste Aufmerksamkeit erregte er durch eine Reihe von Kohlezeichnungen, unter denen der Kongreß der Störche so gefiel, daß der Wiener Kunstverein seine Ausführung in Öl bestellte. Von seinen spätern Kohlezeichnungen sind zu nennen: zur Zeit des Abendsterns, der Abend bei Sadowa 1866, Bilder aus der Slowakei, die vier Jahreszeiten, die vier Tageszeiten, die Waldeinsamkeit, zwölf Zeichnungen (mit Text von Scheffel, 4. Aufl., Stuttg. 1884) und die österreichischen Waldcharaktere in 13 Blättern (in Faksimile-Heliogravüre, Wien 1882). Auch als Illustrator ist M. vielfach thätig. Er verbindet großartige Auffassung mit poetisch-romantischer Stimmung.