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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mazarin; Mazarinade; Mazarrōn; Mazas

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Mazarin - Mazas.

Nachdem er 1632 den Waffenrock mit dem geistlichen Kleid vertauscht hatte, ohne die Weihen zu empfangen, erhielt er durch Richelieus Verwendung 1634 die Vizelegation zu Avignon und wurde bald darauf päpstlicher Gesandter in Paris. 1640 zog ihn Richelieu endlich ganz aus dem päpstlichen in den französischen Dienst und übertrug ihm mehrere schwierige Missionen. 1641 verschaffte ihm sein hoher Gönner den Kardinalshut, und sterbend bezeichnete er ihn dem König als denjenigen, der ihn zu ersetzen am meisten befähigt sei. Weniger genial und gewaltig als Richelieu, ohne dessen schöpferische Ideen, war er doch gewandter, vorsichtiger und listiger. Mit eisernem Fleiß, scharfblickender Menschenkenntnis und zäher Ausdauer überwand er alle Schwierigkeiten seiner Stellung. Von Ludwig XIII. wurde er zum Staatsrat ernannt und mit unbedingtem Vertrauen geehrt. In dem vom König 1643 eingesetzten Regentschaftsrat, der nach seinem Tod während der Minderjährigkeit Ludwigs XIV. das Reich verwalten sollte, ward M. Mitglied. Als die Königin Anna nach Ludwigs Tod (14. Mai 1643) den Regentschaftsrat beseitigte und allein die Herrschaft übernahm, ernannte sie M. zu ihrem ersten Minister. Er erwarb sich bald die Gunst und das unbeschränkte Vertrauen, ja sogar die Liebe der Königin, zog sich jedoch dadurch den Haß der Prinzen und des hohen Adels zu, der, durch Mazarins Schlauheit und Nachgiebigkeit zwar von Zeit zu Zeit besänftigt, doch immer wieder von neuem aufflammte. Als die Importants (Wichtigthuer), die Partei des Adels, sogar eine Verschwörung gegen Mazarins Leben anzettelten, wurden sie im September 1643 vom Hofe verbannt. Indes hörten seine Feinde nicht auf, gegen ihn zu intrigieren, und der Adelspartei, an deren Spitze der Prinz von Condé, der Kardinal Retz und selbst der Herzog von Orléans standen, schloß sich das Pariser Parlament (Fronde) an, welches sich den Finanz- und Steueredikten des Kardinals energisch widersetzte und die Entlassung des Finanzkontrolleurs d'Emeri, eines Günstlings Mazarins, ertrotzte. Als dieser darauf 26. Aug. 1648 einige Mitglieder desselben verhaften ließ, geriet ganz Paris in Aufruhr, und M. sah sich genötigt, jene wieder freizugeben und 20 Mill. an Steuern aufzuopfern. Hierdurch nicht befriedigt, begann das Parlament den Kampf gegen den Minister von neuem, und Anfang 1649 mußte M. mit dem König und der Regierung Paris verlassen. Er wurde 8. Jan. vom Parlament als Störer der öffentlichen Ruhe und Feind des Vaterlandes geächtet, und der offene Kampf brach aus. Zwar kehrte M. nach dem Abschluß des Friedens von Rueil (1. April) mit dem König nach Paris zurück und wagte sogar 18. Jan. 1650, die Prinzen Condé und Conti und den Herzog von Longueville verhaften zu lassen. Diese schroffen Maßregeln erregten aber neue Bewegungen, selbst in den Provinzen, und M. sah sich abermals zur Flucht genötigt. Er begab sich zunächst nach Lüttich, dann nach Brühl bei Köln, leitete jedoch, obwohl das Parlament 9. Febr. gegen ihn und seine ganze Familie die Verbannung ausgesprochen, auch aus der Ferne die Angelegenheiten Frankreichs. Ende 1651 kehrte er an der Spitze von 7000 Mann selbstgeworbener Truppen nach Frankreich zurück; da das Parlament aber einen Preis von 50,000 Thlr. auf seinen Kopf setzte, eine Flut von Pamphleten und Satiren (Mazarinades) gegen ihn losgelassen wurde und seine Gegner sofort den Kampf gegen ihn begannen, mußte der König in die abermalige Entfernung seines Ministers willigen, der sich im August 1652 nach Bouillon im Lüttichschen begab. Erst nachdem die Parteien Frieden geschlossen und Condé nach den Niederlanden zurückgedrängt worden war, hielt M. 3. Febr. 1653 einen glänzenden Einzug in Paris. Er regierte von nun an unumschränkter als je, nahm alle im Drang der Not gemachten Zugeständnisse zurück und führte das Werk seines Vorgängers Richelieu, die Befestigung des absoluten Königtums und die Vergrößerung Frankreichs, fort. In der innern Verwaltung zeigte er zwar Interesse für die Künste und Wissenschaften, begründete die Bibliothèque Mazarine, das Collèga des quatre nations, die Kunstakademie und führte die italienische Oper ein; aber für die volkswirtschaftliche Entwickelung des Landes, die Förderung von Handel und Gewerbe that er nichts und begnügte sich, durch allerlei Finanzkünste und harte Steuern die Gelder für den Glanz des Hofs und die auswärtigen Kriege herbeizuschaffen, während er sich selbst rücksichtslos bereicherte und ein ungeheures Vermögen (50 Mill. Livres) ansammelte. Sein Ruhm beruht auf seiner auswärtigen Politik, welche zwei große Erfolge aufzuweisen hat: den Westfälischen Frieden, der Frankreich mit dem Elsaß die Rheingrenze und den herrschenden Einfluß in Westdeutschland verschaffte, welchen der 1659 abgeschlossene Rheinbund befestigte, und den Pyrenäischen Frieden (7. Nov. 1659), in dem M. Ludwig XIV. durch dessen Vermählung mit der Infantin Maria Theresia die Aussicht auf die Erwerbung Spaniens eröffnete. Er that dies gegen den Willen des Königs selbst, welcher lieber Mazarins Nichte Maria Mancini geheiratet hätte. M. starb 9. März 1661 in Vincennes. Vor seinem Ende hatte er Ludwig XIV. geraten, selbständig und ohne Premierminister zu regieren. Den Namen M. nahm der Marquis de la Meilleraie an, der Gemahl einer Nichte Mazarins, Hortensia Mancini (s. d.), und der Erbe seines Vermögens. Daß er mit Anna von Österreich heimlich vermählt gewesen, ist nicht zu beweisen. Von seinen Briefen wurden veröffentlicht: "Lettres où l'on voit les négociations de la paix des Pyrénées" (Par. 1745, 2 Bde., u. öfter); "Lettres à la reine Anne" (das. 1836); "Lettres relatives à la Fronde" (hrsg. von Tamizey, das. 1861); "Lettres du cardinal M. pendant son ministère" (hrsg. von Chéruel, das. 1879-87, 4 Bde.). Vgl. Bazin, Histoire de la France sous le ministère du cardinal M. (Par. 1842, 2 Bde.); Chéruel, Histoire de France sous le ministère M. (das. 1882, 3 Bde.); V. Cousin, La jeunesse de M. (das. 1865); Masson, M. (Lond. 1886). - Die Mazarinaden (d. h. Satiren auf M.) wurden von Moreau in "Bibliographie des Mazarinades" (Par. 1850-51, 3 Bde.) verzeichnet und in "Choix des Mazarinades" (das. 1853, 2 Bde.) gesammelt.

Mazarin (franz., spr. masaräng, auch Mazarine), Pariser Bezeichnung für eine Art Mandelkuchen. - Bibliothèque Mazarine, die von Mazarin (s. d.) gestiftete Bibliothek im Institut de France.

Mazarinade, s. Mazarin.

Mazarrōn, Stadt in der span. Provinz Murcia, unfern des Mittelmeers in einem Kessel gelegen, mit (1878) 11,002 Einw., Eisen- und Bleibergbau, Alaungruben und Alaunfabrikation, Gewinnung von Almagra, einer roten Erde, mit welcher der Schnupftabak von Sevilla gemischt wird, Soda und Esparto. 5 km südöstlich liegt der Hafen von M., aus welchem 1884: 480 Schiffe mit 22,050 Ton., hauptsächlich mit Bleierz beladen, ausgelaufen sind.

Mazas (spr. -sás), ein Zellengefängnis bei Paris, nach dem Namen des Abbé M., der unter Ludwig