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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Meer

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Meer (Temperatur des Meerwassers).

Die physikalischen Eigenschaften des Meerwassers sind besonders in Bezug auf Gefrierpunkt und Maximum der Dichtigkeit von denen des chemisch reinen Wassers ganz abweichend, wie folgende Zusammenstellung ergibt:

Wasser, dessen Salzgehalt beträgt gefriert bei erreicht sein Dichtigkeitsmaximum bei

0 Proz. 0° C. +4° C.

1 " -0,7° " 1,6° "

2 " -1,4° " -0,8° "

3 " -2,1° " -3,5° "

4 " -2,6° " -6,1° "

Die größte Dichtigkeit des Seewassers liegt also im allgemeinen immer unter dem Gefrierpunkt. Während daher ein Süßwassersee, sobald er bis zum Grund auf +4° abgekühlt ist, bei einer Lufttemperatur unter Null sehr bald an der Oberfläche gefrieren kann, dauert der vertikale Wasseraustausch des sich abkühlenden Seewassers unter dem Einfluß der Winterkälte so lange fort, bis die ganze Wassermasse auf den tief herabgedrückten Gefrierpunkt abgekühlt ist. Erst dann bildet sich unter Abscheidung des Salzes eine Eisdecke (s. Polareis). Die Polarmeere bilden daher unter der Eisdecke mächtige Ansammlungen eiskalten, bis auf -2° und darunter abgekühlten Wassers, ein Umstand, der für die Wasserzirkulation über das ganze Weltmeer entscheidend wirkt.

[Meerestemperatur.] Die Meerestemperatur an der Oberfläche ist wesentlich abhängig von der Temperatur der Luft und folgt den Schwankungen derselben, wenngleich unter beträchtlicher Abstumpfung der Extreme. In den mittlern Breiten beträgt die jährliche Schwankung im Atlantischen Ozean durchschnittlich 5° C., in abgeschlossenen Meeresteilen kann sie viel beträchtlicher werden, z. B. im Skagerrak 17° C. Die Oberflächenströmungen sind für die Verteilung der Temperatur von besonderer Bedeutung, daher die Temperatur im Nordatlantischen Ozean im Mittel 2-3° höher ist als im Südatlantischen und die Temperaturen gleicher Breiten im nördlichen und südlichen Stillen Ozean einander etwa gleich sind und zwischen dem des Atlantischen Ozeans liegen. Die Äquatorgegenden haben im Durchschnitt 28°. Die höchste in offener See gemessene Meerestemperatur ist bei Aden vor dem Roten M. zu 34,5° C. beobachtet.

Die Meerestemperatur in der Tiefe ist erst in den letzten Dezennien so zuverlässig bestimmt worden, daß man einen Überblick über die Temperaturverteilung am Meeresboden und in den mittlern Wasserschichten hat gewinnen können. Für diese Messungen sind besonders konstruierte, gegen hohen Druck geschützte Thermometer erforderlich. Als Resultat der Temperaturbeobachtungen in der Tiefe ergibt sich allgemein das Vorhandensein einer außerordentlich mächtigen Kaltwasserschicht, deren Temperatur dem Gefrierpunkt naheliegt. Fig. 1 gibt ein Beispiel für die Temperaturverteilung im tiefen Ozean. Im Stillen Ozean, wo die Begrenzungsflächen der Wasserschichten gleicher Temperatur zwischen 35° nördl. und 35° südl. Br. sehr gleichmäßig verlaufen, liegt die Fläche von 2,5° C. in etwa 1550 m Tiefe, und die mittlere Tiefe zwischen diesen Breiten beträgt etwa 3500 m. Eine Wasserschicht von 2000 m Mächtigkeit ist also durchweg kälter als 2,5° C. Nimmt man aber die Fläche von 5° als obere Grenzfläche des kalten Wassers an, so erhält man für dasselbe Gebiet eine kalte Schicht von nahezu 2700 m Mächtigkeit. Im nördlichen Teil des Stillen Ozeans findet sich schon in 100 m Tiefe Wasser von einer Temperatur unter 1° C., wie folgende Temperaturreihe zeigt, welche

^[Abb.: Fig. 1. Tieflotungen und Temperaturverteilung (in Celsiusgraden) im Atlantischen Ozean. I. von den Kapverdischen Inseln über Monrovia bis Ascension (Länge und Tiefe 600:1); II. von da bis nahe an die Congomündung (500:1). Nach Messungen der Gazelle im Juli und August 1874.]