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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Milben

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Milben.

ständige Ernährungsweise im Leben desselben Tiers, indem jene dem Larvenzustand, diese dem ausgebildeten Tier eigentümlich ist, und umgekehrt.

Man teilt die sehr zahlreichen Arten der M. in zehn oder mehr Familien ein, von denen die wichtigsten folgende sind: 1) Laufmilben (Trombididae), mit weichem Körper von lebhaften Farben; atmen durch Tracheen und leben frei an Pflanzen oder auf dem Boden. 2) Gallenmilben (Phytoptidae), erzeugen an Blättern durch Einstich Gallen. 3) Wassermilben (Hydrachnidae), atmen gewöhnlich durch Tracheen und leben meist im Süßwasser, selten im Meer. 4) Zecken (Ixodidae), meist größere M. mit hartem Hautpanzer, atmen durch Tracheen und leben von Wirbeltierblut (s. Zecken). 5) Gamasiden (Gamasidae), atmen durch Tracheen und schmarotzen auf Insekten und Warmblütern. 6) Käsemilben (Tyroglyphidae), ohne Tracheen, leben auf und von Käse, Kartoffeln etc. 7) Krätzmilben (Sarcoptidae), gleich der vorigen und folgenden Familie tracheenlos, leben auf oder in der Haut von Warmblütern. 8) Haarbalgmilben (Dermatophili), leben in den Talgdrüsen von Warmblütern. - Besondere Erwähnung verdienen folgende Arten:

Die Haarbalgmilben (Dermatophili Leach) sind lang gestreckt, wurmähnlich, mit langem, quer geringeltem Hinterleib, einem Saugrüssel, zwei Augenpunkten, mit zwei Krallen bewaffneten Stummelbeinen, leben in den Talgdrüsen und Haarbälgen des Menschen und der Tiere. Demodex folliculorum Sim. (s. Tafel "Spinnentiere") lebt zu je 2-4 in den Mitessern der Haut des Menschen, ohne hier üble Folgen hervorzurufen, dagegen zu 10-15, selbst 200, in den Haarbälgen, den Ausführungsgängen der Talg- und Schweißdrüsen beim Hund und bei der Katze und verursacht einen sehr erheblichen Hautausschlag, der zur Abzehrung und zum Tod führen kann. Die Heilung durch Benzin-, Karbolsalbe, Ätzkalilauge gelingt nur in leichtern Fällen. - Die Krätzmilben (Lausmilben, Sarcoptidae Leach) sind mikroskopisch klein, weichhäutig, sehr gedrungen gebaut, oft stark borstenhaarig, ohne Augen und Tracheen, mit verkümmerten oder kurzen, weniggliederigen Beinen, deren Endziel eine gestielte Haftscheibe oder lange Borste trägt; die Mundteile bestehen aus einem Saugkegel mit scheren- oder nadelförmigen Kieferfühlern und seitlich anliegenden Kiefertastern. Sie leben auf oder in der Haut warmblütiger Wirbeltiere und erzeugen die Krätze oder Raude. Die Gattung Sarcoptes Latr. umfaßt Tiere mit dickem Hautpanzer, konischen Rückenpapillen, Dornen und Haaren, breitem, kurzem Rüssel, fünfgliederigen Beinen, von denen die beiden vordern überall, das letztere nur beim Männchen gestielte Haftscheiben besitzt, die beiden hintern beim Weibchen in eine lange Borste auslaufen. Die Männchen leben mehr oberflächlich auf der Haut; die Weibchen aber graben Gänge in die Oberhaut, an deren Enden sie sich aufhalten und ihre Eier ablegen. Alle Arten, die auf Tieren vorkommen, können auf Menschen übergehen und bei diesen Krätze erzeugen. S. scabiei L. (Acarus scabiei Fab., Krätzmilbe des Menschen, s. Tafel "Spinnentiere"), das Weibchen 0,5 mm lang, lebt auch auf dem Pferde, dem neapolitanischen Schaf und wahrscheinlich auch auf der Ziege, bohrt sich in die Haut ein und gibt dabei eine scharfe Flüssigkeit von sich, welche die Entstehung eines Bläschens oder Wärzchens veranlaßt. Sie schweift beständig umher und erzeugt viele neue Gänge, das befruchtete Weibchen aber stirbt in den längern Galerien nach dem Ablegen der Eier. S. minor, Weibchen 0,25 mm lang, erzeugt die Raude der Katzen und Kaninchen. S. squamiferus, ebenso groß, mit dreieckigen Schuppen auf dem Rücken, erzeugt die Raude des Hundes und Schweins. Die Gattung Dermatodectes Gerl. umfaßt M. mit länglichrundem Körper, zwei hintern Fortsätzen, gestreckterm Mundkegel mit langer Schere der Kieferfühler, ziemlich langen Beinen, an denen das Endglied des dritten weiblichen Beinpaars zwei lange Borsten, das vierte nach der Begattung eine gestielte Haftscheibe trägt, welche das Männchen an sämtlichen Beinpaaren besitzt. Sie leben auf der Haut, graben keine Gänge, stechen aber bis zur Lederhaut und saugen; für den Menschen sind sie meist ohne Gefahr. D. communis Zürn, Weibchen 1 mm lang, auf Schaf, Rind und Pferd, erzeugt Raude. Die Gattung Symbiotes Gerl. (Dermatophagus Fürst.) hat blasig aufgetriebene, kurzgestielte Saugscheiben und viel dickere, kürzere Scherenkiefer; die hierher gehörigen M. leben auf den Haustieren, benagen deren Oberhaut und Haare und erzeugen auf dem Menschen höchstens einen ganz leichten, schnell vorübergehenden Hautausschlag. S. bovis Zürn, Weibchen 0,5 mm lang, lebt auf Rind und Pferd. - Die Käsemilben (Tyroglyphidae Leach) sind lang gestreckt, mit konischem, langem Rüssel, scherenförmigen Kieferfühlern und ziemlich langen, mit Klauen endenden Beinen. Hierher gehört die Käsemilbe (Tyroglyphus siro Gerv. u. T. longior Gerv., Acarus domesticus de Geer, s. Tafel "Spinnentiere"), 0,4 mm lang, gestreckt, zweiteilig, farblos, bewohnt alten, harten Käse, den sie in ein feines, aus ihren Exkrementen und Bälgen bestehendes Pulver verwandelt. Die Mehlmilbe (T. farinae Deg.) mit im vordern Teil nicht abgeschnürtem Körper, lebt in feuchtem, verdorbenem Mehl; Arten der Gattung Glycyphagus finden sich als weißer Beschlag auf getrockneten süßen Früchten und auf Kartoffeln, myriadenweise in kranken Kartoffeln. - Die Schmarotzer- oder Tiermilben (Gamasina Gerst.), mit ungeteiltem Körper, scherenförmigen Kieferfühlern, freien Kiefertastern, gleichen, haarigen Beinen mit zwei Klauen und Haftscheibe, ohne Augen, leben auf der Körperoberfläche andrer Tiere, ohne sich festzusaugen. Die rotgelbe, 1,1 mm lange Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum L.) lebt auf Käfern, besonders Mistkäfern und Totengräbern. Die 1,3 mm lange, gelbe Vogelmilbe (Hühnermilbe, Dermanyssus avium Dug.) schmarotzt auf Stubenvögeln, Hühnern und Tauben, geht auch auf den Menschen und erzeugt unerträglich juckende Beulen. - Über die Familie der Zecken (Holzböcke, Ixodidae) s. d. - Die Wassermilben (Hydrachnidae Sund.), kugelig oder langgestreckt, oft lebhaft gefärbt, ungeteilt, mit zwei oder vier Augen, klauen- oder säbelförmigen Kieferfühlern, kurzem ersten Kiefertasterpaar an der Spitze mit feinen Endhaken oder Borsten, langen, von vorn nach hinten an Länge zunehmenden Schwimmfüßen mit breiten Hüftgliedern, zwei Fußklauen, langen Schwimmborsten, atmen durch Tracheen und leben meist in süßem Wasser am Boden zwischen Pflanzen. Die Larven schmarotzen an Wasserinsekten oder Muscheltieren. - Mehrere Arten der Gattung Phytoptus erzeugen auf Pflanzen gallenartige Mißbildungen, die sich meist durch einen Filz von fleischigen Haaren auf ihrer Oberfläche auszeichnen. Namentlich verursacht P. vitis Land. Traubenmißwachs. Auf der Oberseite des Blattes entstehen eigentümliche Ausbuchtungen, die auf der Unterseite mit weißrötlichem Filz überzogen sind. Ähnliche Mißbildungen wurden früher