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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Moltke

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Moltke.

3) Adam Gottlob Detlev von, geb. 15. Jan. 1765, legte zur Zeit der französischen Revolution den Grafentitel ab und nannte sich Citoyen M., nahm an den Bestrebungen der schleswig-holsteinischen Ritterschaft 1815-23 unter Dahlmanns Leitung zur Erlangung einer Verfassung thätigen Anteil und starb 17. Juni 1843. Er schrieb: "Einiges über die Verfassung Schleswig-Holsteins" (Lüb. 1833) und mehrere Dichtwerke.

4) Magnus von, Bruder des vorigen, geb. 20. Aug. 1783, studierte in Kiel und Göttingen, bekundete in seiner Schrift "Über den Adel und dessen Verhältnis zum Bürgerstand" (Hamb. 1830), welche die vortreffliche Gegenschrift Kahldorfs: "Über den Adel, an den Grafen Magnus v. M." (das. 1831) hervorrief, eine streng konservative Gesinnung, neigte sich aber später, wie seine Schriften: "Über das Wahlgesetz und die Kammer mit Rücksicht auf Schleswig und Holstein" (das. 1834) und "Über die Einnahmequellen des Staats" (das. 1846) bewiesen, dem Liberalismus zu. Als Präsident der schleswigschen Provinzialstände sprach er für Preßfreiheit und Ordnung in den Finanzen und forderte Trennung der Finanzen Schleswig-Holsteins von den dänischen sowie einen verantwortlichen Finanzminister. Noch ist von seinen Arbeiten hervorzuheben: "Die schleswig-holsteinische Frage" (Hamb. 1849). Er starb 12. März 1864 in Kiel.

5) Adam Wilhelm von, Sohn von M. 2), geb. 25. Aug. 1785, erwarb sich durch seine Hingebung an das Interesse Dänemarks das Vertrauen der Könige Friedrich VI. und Christian VIII., unter welch letzterm er die Finanzen und die Rentenkammer verwaltete und später als Gesandter nach Paris ging. Von da bei den Märzereignissen in Kopenhagen zurückgerufen, ward er unter Belassung des Portefeuilles der Finanzen 22. März 1848 an die Spitze des Staatsministeriums gestellt. Die nächste Folge hiervon war die königliche Proklamation vom 24. März über die unzertrennliche Verbindung Schleswigs mit Holstein. Am 16. Nov. 1848 trat M. die Finanzen an den Grafen Sponneck ab und übernahm die Oberleitung des Auswärtigen sowie der Angelegenheiten Schleswigs, übergab jedoch 10. Nov. 1850 das Portefeuille des Äußern an Reedtz. Am 27. Jan. 1852 reichte er auch als Vorsitzender im Staatsrat seine Entlassung ein. Ende August 1854 ward er zum Präsidenten des Reichsrats ernannt. Er hat sich vielfach als Freund von Kunst und Wissenschaft bekundet. Er starb 15. Febr. 1864 in Kopenhagen.

6) Karl von, ältester Sohn von M. 3), geb. 15. Nov. 1800, war früher den schleswig-holsteinischen Interessen zugethan, trat jedoch in Kopenhagen zur absolutistischen Partei über, ward Präsident der schleswig-holsteinischen Kanzlei, 21. Jan. 1848 Staatsminister, ging 1849 als dänischer Gesandter nach Rußland, war vom 13. Juli bis 18. Nov. 1851 Minister ohne Portefeuille und vom 27. Jan. 1852 bis 18. Dez. 1854 Minister für Schleswig, in welcher Stellung er seine Abneigung gegen die Herzogtümer durch eine Reihe von drückenden Maßregeln zu erkennen gab. Er starb 12. April 1866.

7) Helmuth Karl Bernhard, Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, geb. 26. Okt. 1800 zu Parchim in Mecklenburg-Schwerin, Sohn des dänischen Generalleutnants Viktor von M. (gest. 1846) und Henriettens, geborne Paschen (gest. 1838), ging 1812 nach Kopenhagen, um als Kadett die militärische Laufbahn zu beginnen. Zehn Jahre später trat er als Infanterieleutnant in preußische Kriegsdienste über. Hier zeichnete er sich bald so aus, daß 1832 seine Aufnahme in den Generalstab erfolgte. Drei Jahre darauf unternahm er eine Reise in den Orient, welche ihn dem Sultan Mahmud nahebrachte und zur Folge hatte, daß er, für mehrere Jahre beurlaubt, der Ratgeber des Sultans wurde bei den von diesem beabsichtigten militärischen Reformen. Auch war M. Teilnehmer an dem türkischen Feldzug gegen Mehemed Ali (1839), wo der türkische Oberbefehlshaber freilich seinen verständigen Rat verschmähte und dafür bei Nisib geschlagen wurde. Der Aufenthalt in der Türkei gab ihm Veranlassung zu mehreren schriftstellerischen Arbeiten, nämlich: "Der russisch-türkische Feldzug in der europäischen Türkei" (Berl. 1835, 2. Aufl. 1877) und "Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835-39" (das. 1841, 4. Aufl. 1882). Nach Mahmuds Tod 1839 heimgekehrt, trat M. in den Generalstab zurück; ward 1842 Major, 1846 Adjutant bei dem in Rom lebenden Prinzen Heinrich von Preußen und nach dessen Tod 1847 beim Generalkommando am Rhein. 1848 zum Abteilungsvorstand im Großen Generalstab ernannt, war M. 1849-55 Chef des Generalstabs des 4. Armeekorps und seit 1856 Adjutant des Prinzen Friedrich Wilhelm (jetzigen Kaisers Friedrich). 1858 trat er an die Spitze des Generalstabs der Armee, und 1859 erhielt er den Rang eines Generalleutnants. Um die Ausbildung der Generalstabsoffiziere erwarb er sich durch eigne Vorträge wie durch stete Leitung und Überwachung ihrer Arbeiten große Verdienste. Der Operationsentwurf für den deutsch-dänischen Krieg war großenteils sein Werk, wie er denn auch Ende April 1864 Generalstabschef des Prinzen Friedrich Karl, Oberbefehlshabers der Alliierten, ward. Über Erwarten glänzend entfaltete sich Moltkes strategische Begabung in dem deutschen Krieg vom Sommer 1866. Im Juni d. J. zum General der Infanterie ernannt, begleitete er den König in das Lager und wohnte der entscheidenden Schlacht von Königgrätz bei. Nach derselben leitete er auch den Vormarsch der Preußen gegen Wien und Olmütz und führte die Verhandlungen in Nikolsburg, welche den Waffenstillstand vom 2. Aug. zur Folge hatten. Als Auszeichnung für seine Verdienste ward ihm vom König der Schwarze Adlerorden und von der Nation eine Dotation verliehen. Unermüdlich thätig, betrieb er sofort die Beseitigung aller Mängel in der Organisation und Taktik der preußischen Armee, welche sich 1866 namentlich bei der Kavallerie und Artillerie herausgestellt hatten. Zugleich bereitete er alles für den erwarteten Entscheidungskampf mit Frankreich vor und arbeitete einen genauen Mobilmachungs- und Feldzugsplan bereits 1868 aus. Derselbe bewährte sich bei dem Ausbruch des Kriegs 1870 aufs glänzendste. Die ohne alle Störung bewerkstelligte Beorderung der Heeresmassen auf der Eisenbahn, der Aufmarsch der drei Armeen am Rhein sowie die Leitung der Kriegsoperationen selbst erfüllten alle Welt mit Bewunderung und Vertrauen in seine Leitung. "Getrennt marschieren, vereint schlagen" war seine Maxime, und die Siege der deutschen Armeen haben sie bewährt. Vorzüglich die große Rechtsschwenkung der dritten und der Maasarmee Ende August, die mit Sedan endete, und die Sicherung der Belagerung von Paris werden stets als strategische Meisterstücke anerkannt werden. Er durfte vieles wagen, weil er genau zu beurteilen wußte, was er seinen Streitkräften zumuten konnte. Die Ehren und Belohnungen, die ihm zu teil wurden, waren zahlreich. Am 28. Okt. 1870 wurde er in den