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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mulde; Muldenhütten; Mulder; Mulejenny; Mulgrave; Mulgrave-Archipel; Mülhausen

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Mulde - Mülhausen.

Muldenblei, in solcher Form gegossenes Blei; in der Geognosie jede konkave, länglich geformte Einsenkung einer Fläche, insbesondere einer Schichtfläche, vorausgesetzt, daß die Einsenkung nach allen Richtungen abgegrenzt ist; sonst redet man von einer Bucht oder buchtförmigen Ablagerung. Beispiele von Mulden sind die "Hilsmulde" in Norddeutschland, die böhmische Kohlenmulde und Braunkohlenmulde, während man die Kreideablagerung Westfalens, welche nach Westen offen, als Becken (s. d.) bezeichnet, ebenso wie das Pariser Tertiärbecken u. a. In der Orographie (physikalischen Geographie) bezeichnet man in gleichem Sinn als M. eine allerseits von ansteigendem Terrain umgrenzte längliche Senkung der Bodenoberfläche.

Mulde, nächst der Elbe der bedeutendste Fluß des Königreichs Sachsen, entsteht unterhalb Kolditz durch die Vereinigung der Zwickauer M., welche bei Schöneck im sächsischen Vogtland entspringt, die Städte Zwickau, Glauchau, Rochlitz und Kolditz berührt und bei Aue das Schwarzwasser, bei Wechselburg die Chemnitz aufnimmt, und der Freiberger M., die bei Graupen in Böhmen ihre Quelle hat, an Freiberg, Roßwein, Döbeln und Leisnig vorüberfließt und bei Roßwein die Striegis und unweit Döbeln die Zschopau aufnimmt. Der vereinigte Fluß geht in einem breiten Thal nordwestwärts nach Grimma, von da nach Wurzen, tritt unterhalb Wasewitz nach Preußen über, berührt in gewundenem Lauf Eilenburg, Düben und Bitterfeld und mündet unterhalb Dessau, Roßlau gegenüber, links in die Elbe. Die Länge des vereinigten Flusses beträgt 124, der Zwickauer M. 128 und der Freiberger M. 102 km, die Breite an der Mündung 40 m. Die M. ist an vielen Stellen sehr reißend und verursacht in ihrem untern Lauf häufig bedeutende Überschwemmungen; sie wird fast nur zum Holzflößen benutzt.

Muldenhütten (Muldener Hütten), Fabrikort in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Freiberg, zu Hilbersdorf gehörig, an der Freiberger Mulde und der Linie Dresden-Chemnitz der Sächsischen Staatsbahn, 4 km von Freiberg, hat die königlichen Schmelzhütten mit Goldscheideanstalt, Zink- und Arsenikhütte, Schwefelsäure-, Schrot- und Bleiwarenfabrik und Pulvermühlen.

Mulder, Gerard Johannes, Chemiker, geb. 27. Dez. 1802 zu Utrecht, studierte daselbst seit 1819 Medizin, Naturwissenschaften und Mathematik, ließ sich 1825 als Arzt in Amsterdam nieder, ging 1826 als Lehrer der Physik bei der Batavischen Gesellschaft nach Rotterdam und erhielt 1827 an der dortigen medizinischen Schule das Lehramt für Botanik und Chemie. 1841 folgte er einem Ruf als Professor der Chemie nach Utrecht. M. hat sich um die Tierchemie große Verdienste erworben; seine Untersuchungen über die eiweißartigen Körper (Proteinkörper) verwickelten ihn in einen heftigen Streit mit Liebig, welcher für M. ungünstig endete. Auch in der Frage der Pflanzenernährung nahm er eine der herrschenden Strömung entgegengesetzte Richtung ein und betonte mehr als andre die Bedeutung des Humus. Er nahm 1868 seine Entlassung und war bis 1875 nur noch als Advisor des niederländischen Kolonialministeriums thätig, dem er in dieser Eigenschaft 40 Jahre lang angehört hatte. Er starb erblindet Ende April 1880 in Utrecht. Von seinen Werken sind hervorzuheben: "Versuch einer allgemeinen physiologischen Chemie" (Rotterd. 1843; deutsch, Braunschw. 1844-51); "Die Ernährung in ihrem Zusammenhang mit dem Volksgeist" (Rotterd. 1847); "Die Chemie des Weins" (deutsch, Leipz. 1856); "Die Chemie des Biers" (deutsch, das. 1858); "Die Silberprobiermethode" (deutsch, das. 1859); "Die Chemie der Ackerkrume" (deutsch, Berl. 1861-64, 3 Bde.); "Die Chemie der austrocknenden Öle" (das. 1867); "De natuurkundige methode en de verspreiding der Cholera" (Rotterd. 1866). Mit van Hall und Vrolik redigierte er 1826-1832 die "Bijdragen tot de natuurkundige Wetenschappen", allein von 1832 bis 1836 und mit Wenckebach von 1836 bis 1838 das "Natuur- en scheikundig archief", endlich mit Miquel und Wenckebach das "Bulletin des sciences physiques et naturelles en Neerlande", seit 1842 allein die "Scheikundige onderzoekingen gedaan in het laboratorium der Utrechtsche hoogeschool" und 1857-65 die "Scheikundige verhandelingen en onderzoekingen". Seine Selbstbiographie ("Levensschets") erschien nach seinem Tod (2. Aufl., Utrecht 1883).

Mulejenny (Mulemaschine, spr. mjūl-), s. Spinnen.

Mulgrave (spr. möllgrēw), 1) Constantine John Phipps, Lord, brit. Seefahrer, geb. 30. Mai 1744, befehligte 1773 die zur Entdeckung einer nordwestlichen Durchfahrt ausgerüstete Expedition, mußte aber beim 80.° nördl. Br. in der Nähe von Spitzbergen umkehren, wurde 1775 Lord und Parlamentsmitglied, 1777 Kommissar der Admiralität und kommandierte daneben im Krieg mit den nordamerikanischen Kolonien bis 1783 ein Linienschiff. Hierauf zum Geheimrat, 1784 zum Peer ernannt, starb er auf einer Reise in Lüttich 10. Okt. 1792. Eine Beschreibung seiner Expedition enthält das "Journal of a voyage towards the North-Pole" (Lond. 1774).

2) Henry Philip Phipps, Lord, brit. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. 14. Febr. 1755, widmete sich dem Seedienst und zeichnete sich im amerikanischen Krieg aus, trat 1781 ins Unterhaus, wo er das Ministerium unterstützte, und wurde 1792 irischer Peer, 1794 aber Baron und Mitglied des Oberhauses. 1804 wurde er Kanzler des Herzogtums Lancaster, erhielt aber nach Pitts Tod seine Entlassung. Nach Fox' Tod gelangte er als erster Lord der Admiralität wieder ins Ministerium und zeigte sich seit 1807 als einen der erklärtesten Gegner der Emanzipation der Katholiken. Die Expedition nach Walcheren 1809, die er persönlich betrieb, wurde für ihn die Veranlassung zu einem heftigen Kampf mit der Opposition. 1812 ward er zum Großmeister der Artillerie und zugleich zum Earl M. und Viscount of Normanby ernannt. 1818 trat er seine Würde als Großmeister zwar an den Herzog von Wellington ab, blieb aber Mitglied des Kabinetts. Er starb 7. April 1831. Sein Sohn und Erbe war der erste Marquis of Normanby (s. d.).

Mulgrave-Archipel (spr. möllgrēw-), ursprüngliche Bezeichnung für die Marshall- und Gilbertinseln im Stillen Ozean.

Mülhausen (franz. Mulhouse), Kreisstadt und wichtiger Fabrikort im deutschen Bezirk Oberelsaß, an der Ill und am Rhein-Rhônekanal, Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg-Basel, M.-Altmünsterol, M.-Banzenheim, M.-Lutterbach, der Straßenbahn M.-Wittenheim und der Linie Müllheim-M. der Badischen Staatsbahn, 243 m ü. M., besteht aus der Altstadt, auf einer von Armen der Ill gebildeten Insel, der Neustadt (seit 1826), südlich von jener am Rhein-Rhônekanal, und der im N. gelegenen Arbeiterstadt, welche 1853 von Dollfus gegründet ist, aus etwa 1000 ein- und zweistöckigen, durchweg mit Gärtchen versehenen Wohnungen besteht (s. Arbeiter-^[folgende Seite]