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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Myrte - Mysterien.

oder gekrümmten oder spiralig gerollten Keimling mit meist kurzen Kotyledonen und dickem Würzelchen. Die aus ca. 1800 Arten bestehende Familie der M. besteht zum größten Teil aus tropischen Gewächsen, nur wenige kommen außerhalb der Wendekreise vor; die meisten besitzt Australien und das tropische Amerika. Vgl. Berg, Myrtaceae, in Martius' "Flora brasiliensis", Bd. 14. Als Gewürz finden die Blütenknospen des auf den Molukken einheimischen Gewürznelkenbaums (Caryophyllus aromaticus) sowie der "Nelkenpfeffer" von Pimenta officinalis aus Westindien Anwendung. Eßbar sind die als "Paránüsse" bekannten Samen der südamerikanischen Bertholletia excelsa sowie die Früchte verschiedener tropischer Gattungen und des südeuropäischen Granatbaums (Punica Granatum). Offizinelle Anwendung macht man von dem Öl mancher Melaleuca-Arten (Kajeputöl) sowie von der Wurzel des Granatbaums. Neuerdings wird der australische Fieberrindenbaum (Eucalyptus globulus) in fieberreichen warmen Ländern mit Erfolg gegen Malaria angewendet; Anpflanzungen desselben in größerm Maßstab werden als sanitäres Schutzmittel empfohlen. Eine Anzahl von M. findet sich fossil in Kreide- und Tertiärschichten, besonders aus den Gattungen: Myrtus, Eucalyptus, Metrosideros und Eugenia.

Myrte, s. Myrtus.

Myrtenholz, s. Eugenia.

Myrtenwachs (Myrtlewachs), s. Myrica und Talg, vegetabilischer.

Myrtiflōren, Ordnung im natürlichen Pflanzensystem in der Abteilung der Polypetalen unter den Dikotyledonen, charakterisiert durch regelmäßige, epigyne oder perigyne, oft vier- oder fünfzählige Blüten mit klappigem Kelch, in zwei Kreisen stehenden oder durch Spaltung sehr zahlreichen Staubblättern und verwachsenen Fruchtblättern, umfaßt die Familien Onagraceen, Haloragidaceen, Kombretaceen, Rhizophoraceen, Melastomaceen, Myrtaceen u. Lythraceen.

Myrtĭlos, in der griech. Sage ein Sohn des Hermes, Wagenlenker des Önomaos, brachte, von Pelops (s. d.) bestochen, seinen Herrn um den Sieg bei der Bewerbung um die Hippodameia, ward aber dann von Pelops auf Euböa ins Meer gestürzt. Hermes versetzte ihn als Fuhrmann unter die Sterne.

Myrtus L. (Myrte), Gattung aus der Familie der Myrtaceen, immergrüne Sträucher und Bäume mit einfachen, gegenständigen Blättern, einzeln oder in drei- bis siebenblütigen Cymen achselständigen, roten oder weißen Blüten und kugeligen, ein- bis vielsamigen, gekrönten Beeren. Etwa 100 Arten, besonders im westlichen und außertropischen Südamerika. Die gemeine Myrte (M. communis L.), in Südeuropa, Asien, Afrika, ist ein immergrüner, gewürzhafter, 1-1,25 m hoher Strauch oder ein mäßiges Bäumchen mit glatten, glänzenden, lanzettförmigen, spitzen wohlriechenden Blättern und weißen oder rötlichen, auch gefüllten Blüten. Größe und Form der Blätter ändern oft nach Maßgabe des Klimas, der Kultur und des Standortes ab. Auch kultiviert man in Gärten zahlreiche Varietäten. Ehedem waren besonders die Blätter und Beeren offizinell, und man bereitete daraus durch Destillation ein Schönheitsmittel, das sogen. Engelwasser. Bei den Griechen war die Myrte der Aphrodite geweiht und der eigentümliche Schmuck der tellurischen Gottheiten, besonders der Demeter und ihres Sohns Triptolemos. Die durch eine Ovation belohnten Sieger schmückte, wenn sie selbst kein Blut vergossen hatten, ein Myrtenkranz. In der Bibel ist die Myrte ein Bild, um die Herrlichkeit des Gelobten Landes, im Gegensatz des Zustandes im Exil, zu beschreiben. Die Zweige des dicht belaubten Baums dienten häufig zu den Laubhütten. Der Gebrauch eines Myrtenkranzes bei Vermählungen ist von alters her bis auf heute geblieben. Die großblätterige Myrte nimmt man dagegen zu Kränzen und Guirlanden für Verstorbene (daher Totenmyrte). Die erbsengroßen, roten Beeren der kleinblätterigen Myrte (M. microphylla), in Peru, sind wohlschmeckend und zuckersüß. Auch die schmackhaften Beeren der Lumamyrte (M. Luma) werden in Chile häufig gegessen.

Myschkin, Kreisstadt im russ. Gouvernement Jaroslaw, an der Wolga, hat 3 Kirchen und (1883) 2389 Einw., welche Handel mit Korn, Eiern, Leinwand, Papier, Salz, Metall etc. treiben.

Mysĭen, alte Landschaft Kleinasiens, die Nordwestecke der Halbinsel umfassend (s. Karte "Altgriechenland"), war im O. von Phrygien und Bithynien, im S. von Lydien begrenzt und zerfiel in: Klein-Phrygien, von thrakischen Stämmen bewohnt, am Hellespont; das eigentliche M., im Innern; Troas, den nördl. Teil der Westküste; Äolis, den südlichen Teil derselben, u. Teuthrania, an der Südgrenze. Es ist eine waldige, an Städten arme Binnen- und Berglandschaft, die sich nordwestlich gegen die Propontis und den Hellespont in Stufen abdacht und erst in der Zeit römischer Provinzialverwaltung unter dem gemeinsamen Namen M. begriffen wird. Die Hauptgebirge sind: der Ida (Kaz Dagh) und der mysische Olympos (Keschisch Dagh) im N., der Temnos (Demirdschi Dagh) im S. Die Westküste bildet zwei große Meerbusen, den von Adramyttion (Edremid) und von Eläa, an welchem heute Tschandarlyk liegt. Die Flüsse Mysiens sind Rhyndakos (Adirnas Tschai), Makestos (Susurlu), der Äsepos, der berühmte Granikos (Kodscha Tschai); in Troas der Skamandros und in Teuthrania der Kaikos (Bakir Tschai) mit dem Keteios (Bergama Tschai), an welchem die wichtigste Stadt des Landes, Pergamon (s. d.), lag. Die Bewohner Mysiens bestanden aus Phrygiern, Troern, Äoliern und den eigentlichen Mysiern. Letztere, welche nach der Angabe Strabons erst nach dem Trojanischen Krieg von N. her eingewandert sein sollen, waren ein einfaches Hirtenvolk, das weit zerstreut bis nach Makedonien hinein saß und wahrscheinlich von Asien nach Europa (nicht umgekehrt) gewandert ist.

Myslowitz, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Kattowitz, an der schiffbaren Przemsa, über welche hier eine ca. 200 m lange Brücke nach dem polnischen Städtchen Modrzejow führt, Knotenpunkt der Linien Kosel-Oswiecim und M.-Österreichische Grenze der Preußischen Staats- wie Trzebinia-M. der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, 267 m ü. M., hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, eine Synagoge, ein Schloß, eine höhere Knabenschule, ein Schlachthaus, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, Ofenfabrikation, Spinnerei, eine Dampfmühle und (1885) 8322 meist kath. Einwohner. In der Umgegend lebhafter Hütten- und Montan-, namentlich Kohlengrubenbetrieb. Vgl. Lustig, Geschichte von M. (Mysl. 1867).

Mysore (spr. maissúr), indobrit. Staat, s. Maissur.

Mystagōg (griech.), bei den Griechen der in die Mysterien (s. d.) einführende Priester; jetzt zuweilen s. v. w. Geheimniskrämer.

Mysterĭen (griech., "Geheimnisse"), bei den Griechen und später auch bei den Römern Geheimkulte, eine besondere Art von nur den Eingeweihten zugänglichen Gottesdiensten, denen teils objektiv das