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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Nagelkalk - Nagetiere.

2) Karl Wilhelm, Botaniker, geb. 1817 zu Kilchsberg ^[richtig: Kilchberg] bei Zürich, war Professor der Botanik in Zürich und lehrt als solcher seit 1857 in München. N. hat in allen Teilen der Botanik grundlegend gearbeitet. Er gab der Morphologie eine streng entwickelungsgeschichtliche Grundlage, indem er seine morphologischen Untersuchungen vorwiegend an die niedern Kryptogamen anknüpfte, welche auf diese Weise in den Bereich methodischer Forschung hineingezogen wurden. Dabei machte er die neue Zellenlehre zum Ausgangspunkt der Morphologie und untersuchte namentlich auch die Zellbildung und die Molekularstruktur der einzelnen Organe der Zelle. Er behandelte auch die Algen im systematisch-deskriptiven Sinn und lieferte sehr wertvolle Untersuchungen über Phanerogamengattungen, bei denen die Artbegrenzung wegen des Vorkommens von Hybriden oder von konstantern Zwischenformen der Systematik Schwierigkeiten bietet. Besonders bei den Hieracien gelangte er zur Aufstellung von Zwischenarten, deren Entstehung durch Transmutation der Arten er als einen in dieser Gattung noch gegenwärtig fortdauernden und zugleich von Standortsverhältnissen abhängigen Prozeß nachwies. In neuerer Zeit beschäftigte er sich hauptsächlich mit den Bakterien. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: "Die neuern Algensysteme" (Zürich 1847); "Gattungen einzelliger Algen" (das. 1849); "Zur Entwickelungsgeschichte des Pollens" (das. 1842); "Die Cirsien der Schweiz" (Neuchât. 1841); "Pflanzenphysiologische Untersuchungen" (mit Cramer, Zür. 1855-58, 4 Hefte); "Beiträge zur wissenschaftlichen Botanik" (Leipz. 1858-68, 4 Hefte); "Botanische Mitteilungen" (Münch. 1861-63); "Entstehung und Begriff der naturhistorischen Art" (1. u. 2. Aufl., das. 1865); "Das Mikroskop" (mit Schwendener, Leipz. 1865-67, 2 Bde.; 2. Aufl. 1877); "Die niedern Pilze in ihren Beziehungen zu den Infektionskrankheiten und der Gesundheitspflege" (Münch. 1877); "Theorie der Gärung" (das. 1879); "Untersuchungen über niedere Pilze" (das. 1882); "Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre" (das. 1883); "Die Hieracien Mitteleuropas" (mit Peter, das. 1885-86); "Botanische Mitteilungen" (aus den Sitzungsberichten der Akademie, das. 1886, 3 Bde.). Mit Schleiden gab er die "Zeitschrift für wissenschaftliche Botanik" (1844-46) heraus.

Nagelkalk (Tutenmergel), spitz kegelförmige, hohle Gestalten, die zu mehreren ineinander gesteckt, senkrecht zur Schichtungsfläche gestellt, gewöhnlich eine zentimeterdicke, mitunter aber auch dickere Schicht bilden. Sie kommen in verschiedenen Formationen, namentlich im Lias und Muschelkalk, vor und sind ihrer Bildungsweise nach noch nicht recht erklärt, aber wohl ähnlich wie die Stylolithen (s. d.) entstanden.

Nagelkopf, eine im anglo-normänn. Baustil vorkommende Gliedbesetzung (s. Abbild.).

^[Abb.: Nagelkopf.]

Nagelkraut, s. Sanguisorba.

Nägelsbach, Karl Friedrich, Philolog und Schulmann, geb. 28. März 1806 zu Wöhrd bei Nürnberg, ward in Baireuth und Ansbach gebildet, studierte in Erlangen und Berlin, ward 1827 Professor am Gymnasium zu Nürnberg, 1842 ordentlicher Professor der klassischen Philologie zu Erlangen und Direktor des philologischen Seminars; starb 21. April 1859. Von seinen Werken sind hervorzuheben: "Anmerkungen zur Ilias" (Nürnb. 1834; 3. Aufl. von Autenrieth, 1864); "Lateinische Stilistik für Deutsche" (das. 1846; 7. Aufl. von Iwan Müller, 1882); "Die Homerische Theologie" (das. 1840, 3. Aufl. 1884); "Die nachhomerische Theologie" (das. 1857). Aus seinem Nachlaß veröffentlichte Autenrieth: "Gymnasialpädagogik" (Erlang. 1862, 3. Aufl. 1879) und List eine Ausgabe von Äschylos' "Agamemnon" (das. 1863). Vgl. Lübker, Lebensbilder aus dem letztverflossenen Jahrhundert (Hamb. 1862); Iw. Müller, De seminarii philologici Erlangensis ortu et fatis (Erlang. 1878).

Nagelschwamm, s. Agaricus V.

Nagelspitzkreuz, s. Kreuz, S. 199 (mit Figur).

Nageltritte, Verletzungen der Hufsohle der Haustiere durch Eintreten von Nägeln und andern spitzen Körpern, bedingen je nach Ort und Tiefe des Eindringens leichte oder schwere, selbst tödliche Erkrankung. Pferde treten sich die Nägel leicht auf gepflasterten Wegen in die Hufe und lahmen sofort oder nach mehreren Tagen mit dem Beginn einer schmerzhaften Entzündung. Zur Behandlung ist die Entfernung des fremden Körpers, Reinigung der Wunde, Ausschneidung der Sohle neben erweichenden Umschlägen erforderlich.

Nagelverkrümmung (Gryphosis, von Greif, daher auch Greifenklaue), die krallenartige Verkrümmung der Finger- und Zehennägel (Onychogryphosis). Sie ist an den Fingernägeln gewöhnlich die Folge von Krankheiten und Difformitäten des Nagelbettes (nach Verletzungen und Entzündungen desselben, zuweilen nach zu eng einschnürenden Gipsverbänden). An den Zehennägeln entsteht die N. sehr häufig bei Leuten, welche die Nägel jahrelang nicht verschneiden und unpassendes, namentlich enges Schuhwerk tragen. Behandlung: sorgfältiges Abschneiden der Nägel, Entfernung der Ursachen.

Nagetiere (Glires, Rodentia, hierzu Tafel "Nagetiere I u. II"), eine durch ihr Gebiß und die damit zusammenhängenden Besonderheiten in der Bildung des Schädels scharf umschriebene Ordnung der Säugetiere. Sie haben keine Eckzähne und meist nur wenige Backenzähne; auch die Schneidezähne sind an Zahl verringert (mit Ausnahme der Hasen, welche im Oberkiefer 4, im Unterkiefer 2 haben, sind in jedem Kiefer nur 2 vorhanden), dafür aber sehr stark und scharf, bogenförmig gekrümmt und von unbegrenztem Wachstum. Sie büßen daher trotz der raschen Abnutzung durch das Beißen auf die vielfach harte Nahrung nichts von ihrer Länge ein, wachsen aber, wenn die ihnen entgegenstehenden Zähne im andern Kiefer durch einen Zufall entfernt werden, im Bogen fort, so daß sie sogar die Nahrungsaufnahme unmöglich machen. Das Nagen mittels der Schneidezähne geschieht durch Vor- und Rückwärtsbewegung des Unterkiefers, während seitliche Bewegungen, wie sie die Wiederkäuer ausführen, durch die Bildung des Kiefergelenks fast ganz ausgeschlossen sind. Die Gliedmaßen sind bei den raschen und vielfachen Bewegungen, welche die N. machen (sie laufen, schwimmen, graben, springen und klettern meist vortrefflich), sehr stark gebaut; namentlich gilt dies von den Hinterbeinen, während die Vorderbeine meist zum Halten der Nahrung benutzt werden. Der Gang erfolgt auf der Sohle; die Zehen sind frei und meist mit Krallen bewaffnet. Ein Schlüsselbein ist vorhanden, obwohl mitunter nur schwach. Die Nahrung besteht meist aus pflanzlichen Stoffen, besonders aus Früchten, Körnern und Wurzeln; von einigen Gattungen werden Vorräte in besondern Backentaschen, die sich innerhalb oder außerhalb des Mundes öffnen können, unter-^[folgende Seite]