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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Neu-Ragoczi - Neuromuskelzellen.

der metaphysischen Einsicht (mittels der Zahlenlehre, s. Pythagoras) den Zweck der Philosophie findet. Haupt der erstern ist der als Gottweiser gepriesene und von seinen Anhängern mit Christus verglichene Apollonios von Tyana (s. d.); als Vertreter der letztern werden Moderatus von Gades, der unter Nero, Nikomachos von Gerasa in Arabien, der um die Mitte des 2. Jahrh. n. Chr. lebte, ferner Sotion aus Alexandria, der Römer Sextius, die beide zur Zeit des Augustus schrieben, der angebliche Archytas und der Verfasser der unter dem Namen des Lukaners Ocellus erhaltenen kosmologischen Schrift, die jedoch auch Aristotelische Färbung zeigt, angesehen. Das Wesen des N. besteht in der dualistischen Entgegensetzung eines guten, als dessen Repräsentant (nach Art der Pythagoreischen Zahlenlehre) die Einszahl, und eines bösen Prinzips, als dessen Symbol die Zweizahl betrachtet wird. Die ethische Richtung bedient sich derselben, um durch Überwindung des Gegensatzes mittels asketischer Reinigung und Abtötung der Sinnlichkeit sowie durch magische Wechsel- und theurgische Einwirkung zwischen Göttlichem und Menschlichem zur Einigung des letztern mit der Gottheit zu gelangen. Die metaphysische Richtung stützt sich auf dieselbe, um mittels der Zahlen, die als Gedanken der Gottheit und Vorbilder der Dinge aufgefaßt werden, das Hervorgehen der Welt, welche die Verkörperung des Weltgesetzes, aus der Einheit der Weltvernunft, welche der Sitz des Maßes und der gesetzlichen Ordnung ist, begreiflich zu machen. Die dabei vorausgesetzt höhere Bedeutung der Zahlen, nach welcher z. B. die Einheit (Monas) Apollon, die Zwei (Dyas) die Göttermutter (Isis, Demeter, Aphrodite) versinnlichen soll, hat zu symbolischen Spielereien reichlich Anlaß geboten. Durch die Anklänge der neupythagoreischen Zahlenlehre, welche die Zahlen als Urbilder der Dinge, an die Platonische Lehre, welche die Musterbilder der letztern als Ideen bezeichnete, ist der N. zum Anknüpfungspunkt für die sogen. pythagoreisierenden Platoniker, wie Plutarchos (s. d.) und Numenios von Apamea (s. d.), geworden. Vgl. Vacherot, Histoire critique de l'école d'Alexandrie (Par. 1846-51, 3 Bde.).

Neu-Ragoczi, Bad, an der Saale, 6 km nördlich von Halle und mit diesem durch Dampfschiffahrt verbunden, hat einen eisenhaltigen Natronsäuerling und einen dem Kissinger Rákóczy ähnlichen Brunnen. Den Quellen entströmt reines Stickstoffgas zu 98,8 Proz., das aufgefangen und in isolierten Kabinetten mit Erfolg gegen Brustkrankheiten eingeatmet wird.

Neuralgīe (griech.), s. Nervenschmerz und Nervenkrankheiten.

Neurasthenīe (griech.), s. Nervenschwäche.

Neurektomīe (griech.), Ausscheidung eines Nervenstücks bei hartnäckigen Neuralgien.

Neureuther, 1) Eugen Napoleon, Maler, Zeichner und Radierer, geb. 13. Jan. 1806 zu München, Sohn des Malers Ludwig N. (1775-1830), besuchte die Münchener Akademie von 1823 an, hielt sich 1830 in Paris, 1838 in Rom auf und bildete sich vornehmlich unter dem Einfluß von Cornelius, der ihm Dekorationsarbeiten in der Glyptothek übertrug. 1848 wurde er Leiter des artistischen Teils der königlichen Porzellanmanufaktur Nymphenburg, welche Stelle er bis zur Veräußerung der Anstalt 1856 innehatte, und 1868-77 war er als Professor an der königlichen Kunstgewerbeschule daselbst thätig. N. hat eine fruchtbare Thätigkeit entfaltet, vornehmlich in Illustrationen und Arabesken zu Dichtungen. Seinen Ruf begründete er durch "Randzeichnungen zu Goethes Balladen und Romanzen" (Münch. 1829-40). Es folgten unter anderm: "Souvenir du 27, 28, 29 juillet 1830" (Par. 1831); "Bayrische Gebirgslieder mit Bildern etc." (Münch. 1831-34). Für den Münchener Kunstverein radierte er ein Dornröschen nach Grimms Märchen (1835). In demselben Jahr malte er im Königsbau Darstellungen aus Wielands "Oberon". Für die Prachtausgabe von Herders "Cid" (Stuttg. 1838) lieferte er 70 Illustrationen. Ferner illustriert er einzelne Goethesche Gedichte, Kobellsche Lieder in bayrischer Mundart, Zedlitz' "Waldfräulein", das Beckersche Rheinlied etc., stellte den Künstlermaskenzug 1840 in Arabeskenform dar (1844 von ihm in Stahl radiert) und lieferte eine Folge trefflicher Radierungen nach Rottmanns Arkadenfresken. In der Galerie Schack zu München befinden sich von ihm an Ölbildern: Traum der Porcia, die sterbende Nonne, die Villa Mils, die Villa Malta und eine Szene aus "Hermann und Dorothea". Daneben lief eine nicht unbedeutende Thätigkeit für das Kunstgewerbe; endlich zeichnete er noch zahlreiche allegorische Sgraffitos am Polytechnikum in München und dekorierte die Decke des Treppenhauses und die Kuppel desselben. Er starb 23. März 1882 in München.

2) Gottfried von, Bruder des vorigen, Architekt, geb. 22. Jan. 1811 zu Mannheim, war anfangs Schüler seines Vaters, besuchte dann die Universität und die Kunstakademie in München, wurde 1840 zum Baukondukteur in Nürnberg, 1856 zum Baurat bei der obersten Baubehörde im Staatsministerium des Handels und 1858 zum Professor an der polytechnischen Schule in München ernannt. 1868 wurde er an die neuorganisierte technische Hochschule daselbst als ordentlicher Professor berufen, an welcher er bis 1882 lehrte. N. hat sich nach der italienischen Hochrenaissance gebildet. Seine Bauten zeichnen sich ebensosehr durch Feinheit des Details als praktische Verwendbarkeit aus, lassen aber bisweilen eine kräftige monumentale Wirkung vermissen. Besonders hervorzuheben sind: der alte Bahnhof in Würzburg, die Bahnhöfe zu Schweinfurt und Aschaffenburg, das Administrationsgebäude mit großem Versammlungs- und Festsaal für die Direktion der pfälzischen Eisenbahnen in Ludwigshafen, der Neubau für die polytechnische Schule in München (1865-68, sein Hauptwerk), die Villa Wendlandt in Gries bei Bozen und die Kunstakademie zu München (1883-86). Auch hat er den Entwurf für die neue Universitätsbibliothek in Würzburg geliefert. Er war Mitglied der Akademien der Künste zu München, Berlin u. Wien und königlicher Oberbaurat; starb 12. April 1887 in München.

Neurilēma (griech.), bindegewebige Scheide, welche die einzelnen Nervenfibrillen umhüllt (s. Nerven).

Neurītis (griech.), s. Nervenentzündung.

Neurobát (griech.), Seiltänzer.

Neurode, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Breslau, am Walditzbach und an der Linie Dittersbach-Glatz der Preußischen Staatsbahn, 388 m ü. M., hat eine evangelische und 4 kath. Kirchen, ein öffentliches Schlachthaus, ein Amtsgericht, eine große lithographische Anstalt, bedeutende Wollspinnerei und -Weberei, Federpelzwarenfabrikation, Sandsteinbrüche, Steinkohlenbergbau und (1885) 6864 meist kath. Einwohner. Dabei die Annakapelle auf dem 636 m hohen Kapellenberg.

Neurologīe (griech.), Nervenlehre, Teil der Anatomie (s. d. und Nerven).

Neurōma (griech.), s. Nervengeschwulst.

Neuromuskelzellen, bei einigen Gruppen niederer Tiere eigentümliche, der Haut angehörige Zellen, die