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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nordamerikanische Litteratur

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Nordamerikanische Litteratur (Epik, Lyrik, Drama, Roman; Geschichte).

schrieben, ungeheure Verbreitung fand. Im ernsten Heldengedicht versuchte sich Joel Barlow (gest. 1812) in seiner "Vision of Columbus" (1787), die er später zur "Colombiad" (1808) erweiterte. Ihm folgten Timothy Dwight (gest. 1817) mit seiner trotz einzelner Schönheiten im ganzen verfehlten "Conquest of Canaan", Fairfield mit "The last night of Pompeji" (1832), woraus Bulwer die Idee zu seinem Roman geschöpft haben soll, E. Oakes Smith mit "The sinless child", einem lyrisch-epischen Gedicht (1842), J. ^[John] Greenleaf Whittier mit "Mogg Megone" (1836), in welchem die Geschichte eines indianischen Häuptlings behandelt ist, und Longfellow mit "Hiawatha". Im romantischen Heldengedicht hat Mary Brooks (gest. 1845), bekannter unter dem Namen Maria del Occidente, sich ausgezeichnet durch "Zophiel, or the bride of seven" (1833), in der Ballade Richard H. Dana (gest. 1879) durch "The buccaneer" u. a. Das komische und satirische Epos fand Pfleger an dem erwähnten Barlow und an Fitz Greene Halleck (gest. 1867) sowie an dem originellen Oliver Wendell Holmes und an James Russell Lowell. Die didaktische Dichtung ist vielfach angebaut, namentlich von Dwight, W. Allston (gest. 1843) und Charles Sprague ("On curiosity", 1829). Die Zahl der Lyriker ist ungemein groß. Obenan unter ihnen stehen William Cullen Bryant (1794-1878), der durch die Litteratur der germanischen Völker gebildete Longfellow (1807-82) und Edgar Allan Poe (1809-49), die auch im Ausland Anerkennung gefunden haben; ferner Henry David Thoreau (gest. 1862), der sinnige Naturschilderer; die schon genannten Dichter Rich. H. Dana, Fitz Greene Halleck, eine der volkstümlichen Erscheinungen, und der Quäkerpoet J. G. ^[John Greenleaf] Whittier; J. G. ^[James Gates] Percival, ein Dichter des Weltschmerzes (gest. 1856), Geo. P. Morris und der derb komische J. G. ^[John Godfrey] Saxe. Unter den Dichtern zweiten Ranges sind namhaft zu machen: Lydia H. Sigourney, John G. C. Brainard, Charles Fenno Hoffman, Alfred B. Street, Henry Th. Tuckerman, Frances Sargent Osgood und H. Fiske Jackson, John Pierpont (gest. 1866; "Airs of Palestine"), Bayard Taylor (gest. 1878, Übersetzer von Goethes "Faust"), Boker, W. Whitman, Henry Stoddard, die durch ihre Kriegspoesien bekannten Dichter E. C. Stedman und Charles G. Halpine (O'Reilly, gest. 1868), Will. Winter und Joaquin Miller ("Songs of the sierra"). Das Idyll ist durch Longfellows "Evangelium" würdig vertreten. Das Drama ist noch wenig angebaut; puritanische Ängstlichkeit sträubte sich lange dagegen. Das erste Theater wurde erst 1752 errichtet, und noch immer beherrscht das englische Drama fast ausschließlich die amerikanische Bühne. Jedoch sind bereits manche mehr oder weniger gelungene Versuche gemacht worden, namentlich von Brackenridge (gest. 1816), N. P. Willis, J. B. ^[richtig: J. H. für John Howard] Payne ("Brutus"), Epes Sargent, Geo. Boker ("Calaynos"), Laughton Osborn, Dean Howells u. a. Vgl. Dunlop, History of the American theatre (New York 1832). Blumenlesen aus amerikanischen Dichtern und Dichterinnen mit biographischen Notizen hat Griswold herausgegeben.

Kein Feld der Dichtung aber ist mit solchem Erfolg angebaut worden wie der Roman. Ch. Brockden Brown (gest. 1810) eröffnete mit Glück den Reigen mit seinem "Wieland" und "Edgar Huntley". Am bedeutendsten sind Washington Irving (gest. 1859), dessen Werke jedoch mehr der Alten als der Neuen Welt angehören, und J. ^[James] Fenimore Cooper (gest. 1851), von seinen Landsleuten der amerikanische Walter Scott genannt. Nächst ihnen sind zu nennen: Rob. Montgomery Bird (gest. 1854), der mit grobem Pinsel, aber treu nach der Natur amerikanische Leben malt, und dessen "Nick of the woods" (1837) sich der größten Beliebtheit erfreute; Edg. Poe, dessen düster-phantastische Erzählungen ("Tales of the grotesque and the arabesque") eine wahre Fülle von genialen Ideen enthalten; James Kirke Paulding (gest. 1860), der Verfasser von "Westward ho!" und "Dutchman's fireside"; Timothy Flint (gest. 1840), J. ^[John] Pendleton Kennedy (gest. 1870; "Swallow Barn", "Horse-shoe Robinson"); William Gilmore Simms, der mit Vorliebe die südlichen Staaten zum Schauplatz seiner Erzählungen wählt; Catherine Sedgwick (gest. 1867), Carolina W. Kirkland, in Schilderungen des Ansiedlerlebens ausgezeichnet, u. a. Nathaniel Hawthorne (gest. 1864) schrieb ebenso originelle wie künstlerisch vollendete Novellen ("Twice-told tales"); Azel S. Roe gab gelungene Genrebilder aus dem neuenglischen Leben, während Mrs. Beecher-Stowe mit dem Roman "Uncle Tom's cabin" einen beispiellosen Erfolg erzielte und Elisabeth Wetherell (Miß Warner) durch ihr "Wide, wide world" und "Queechy" (1852) namentlich das religiöse Publikum in Amerika und England anzog. In neuester Zeit hat Bret Harte mit seinen originellen Schilderungen aus dem Ansiedlerleben in Kalifornien verdienten Ruhm erworben. Das Pionierleben im unzivilisierten Westen hat in Eggleston ("The end of the world", "The circuit rider" etc.) seinen Romandichter gefunden. Ferner sind zu erwähnen: die ethnographischen Romane von Hermann Melville und William Starbuck Mayo; die der alten Geschichte entnommenen Romane von William Ware, die trefflichen Novellen ("John Brent", "Edwin Brothertoft", "Canoe and saddle") des 1861 in der Schlacht bei Great Bethel gefallenen Majors Theod. Winthrop; die kurzen Erzählungen von Elisabeth Stuart Phelps ("Men, women and ghosts", 1869) sowie die glänzend geschriebenen, phantasievollen Romane von Harriet Prescott Shofford ("Sir Rohan's ghost", "The amber gods", "Azarian" etc.). Im psychologischen Roman sind William Dean Howells ("The undiscovered country") und der fruchtbare Henry James jun. ("The American", "The portrait of a lady", "Roderick Hudson" etc.) die beliebtesten Schriftsteller der Gegenwart. Andre angesehene Novellisten sind noch: George W. Cable, der die kreolische Bevölkerung von New Orleans schildert; Albion W. Tourgee ("The invisible empire"), der Norweger Boyesen, Frances Hodgson u. a. Als spezifische Humoristen haben sich ausgezeichnet: Charles Leland ("Hans Breitman"), Seba Smith ("Major Jack Downing"), der allzu früh verstorbene Charles Browne (Artemus Ward), der tollkomische Samuel Clemens (Marc Twain), Charles D. Warner, B. Aldrich, Henry Shaw (Josh Billings), P. V. Nasby (Dav. Roß Locke) und Adeler.

Auf dem Felde der Geschichte hat sich bereits eine stattliche Anzahl Schriftsteller hervorgethan, von denen man mehrere den ersten Historikern der Alten Welt an die Seite stellen kann. Zu letztern gehören vor allen: William H. Prescott (gest. 1859) mit seiner "History of Ferdinand and Isabella", "Conquest of Mexico" etc.; George Bancroft mit seiner "History of the United States" und John L. Motley (gest. 1877) mit seiner "History of the rise of the Dutch republic" sowie Francis Parkman, die sich alle sowohl durch gründliches Quellenstudium als durch lebhafte Darstellung und psychologischen Scharfsinn auszeichnen. Auch W. Irvings Werke über die