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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nordpolexpeditionen

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Nordpolexpeditionen (bis zum 18. Jahrhundert).

chardson, The Polar regions (Edinb. 1861); Blake, Arctic experiences (Lond. 1874); Hayes, Das offene Polarmeer (a. d. Engl., Jena 1868).

Nordpolexpeditionen, Fahrten zur Entdeckung der um den Nordpol gelagerten Länder und Meere und zur eventuellen Erreichung des Nordpols selber. Die frühste Nordfahrt unternahm 320 v. Chr. Pytheas von Marseille, der die Insel Thule, wahrscheinlich die Shetlandinseln, erreichte. Eremiten aus Irland siedelten auf die Färöer über und gingen 795 nach Island, das sie aber beim Erscheinen der Wikinger wieder verließen. Diese setzten sich auf Island fest und machten von hier aus wiederholt Fahrten nach Grönland, das 985 von Erik dem Roten, der in 25 Schiffen viele Auswanderer dorthin führte, besiedelt wurde. Von dort aus fand sein Sohn Leif, den um 1000 König Olaf mit Missionären nach Grönland sandte, Helluland (Labrador), Markland (Neufundland oder Neuschottland) und Vinland (wahrscheinlich Massachusetts). Später wurden noch weitere Fahrten gemacht, aber Anfang des 15. Jahrh. erlagen die Ansiedler in Grönland Seuchen und Angriffen der Eskimo. In der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts besuchte der Portugiese Cortoreal und nach ihm Colombo Island, und Cabot fand 1494 Labrador. Nach der Entdeckung der Südsee begann man eine nordwestliche Durchfahrt zu suchen. Den ersten Versuch machte auf Befehl Heinrichs VIII. 1517 Sebastian Cabot, der dabei die Hudsonstraße entdeckte. Darauf gewann Cabot einige reiche englische Kaufleute für die Aufsuchung einer nordöstliche Durchfahrt. Aber von den 1553 mit drei Schiffen abgesandten Kapitänen Willoughby, Gefferson, Durforth und Chancellor rettete sich nur der letzte vor dem Untergang durch Hunger und Kälte. Chancellor kehrte 1554 über Moskau nach England zurück, nachdem er vom Großfürsten die größten Begünstigungen für die englische Flagge erlangt hatte. Jene Kaufleute bildeten nun die Muscovy Company und entsandten 1556 Chancellor zum Weißen Meer, Burrough nach dem Ob, den dieser jedoch nicht erreichte, da es ihm nicht gelang, durch die Karische Straße zu kommen. Dagegen drangen Pet und Jackman 1580 glücklich durch die Jugorstraße in das Karische Meer ein. Unterdessen war Frobisher 1576 von England mit drei Schiffen nach NW. gesegelt, um Cabots Entdeckung weiter zu führen, und fand die nach ihm benannte Bai und das Meta incognita benannte Land im Norden der Hudsonstraße. Da man in einem Stück mitgebrachten Gesteins Gold zu sehen glaubte, wurde Frobisher 1577 abermals mit drei Schiffen ausgesandt und wiederum im nächsten Jahr mit 15 Fahrzeugen und vielen Handwerkern. Doch war das vermeintliche Golderz wertlos. Davis und Briton sichteten 1585 die Ostküste von Grönland, welche sie Desolationland nannten, und ankerten an der Westküste im Gilbertsund, dem heutigen Godthaab. Die Davisstraße kreuzend, erreichten sie neues Land unter 66° 40' nördl. Br., und befuhren den Cumberlandsund; 1587 erreichte Davis 72° 12' nördl. Br. Inzwischen hatten die Entdeckungen der Engländer die Eifersucht der Holländer erregt. Ihr Augenmerk auf die Nordostpassage richtend, entsandten sie 1594 drei Schiffe unter Nai, Ysbrantzoon und Barents, von denen der letztere an der Westküste von Nowaja Semlja entlang fuhr, während die beiden ersten durch die Kara- und Jugorstraße bis ins Karische Meer vordrangen. Die Bäreninsel und Spitzbergen wurden 1596 von Heemskerk, Rijp und Barents entdeckt; der letzte segelte dann nach Nowaja Semlja, dessen Nordostende er umschiffte. Doch fror er im Eishafen ein und starb nach der Überwinterung bei der Rückkehr. Nun wandte man sich wieder dem Westen zu. Der Engländer Waymouth drang 1602 wieder in die Davis- und in die Hudsonstraße, die Dänen entsandten 1605-1607 drei Expeditionen zur Aufsuchung der verschollenen Kolonien in Westgrönland, und 1607 segelte Hudson im Auftrag der Muscovy Company ab in der Hoffnung, am Nordpol ein offenes Becken zur Durchfahrt nach der Südsee zu finden; doch wurde er zwischen Grönland und Spitzbergen von Eis aufgehalten. Ebenso vergeblich suchte er 1608 zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja den Polarweg nach China. Ihm folgte 1610 Poole, der Steinkohlen auf Spitzbergen entdeckte. Diese Fahrten regten zur Großfischerei an; Engländer, Holländer, Dänen, Hamburger erschienen in diesen Gewässern. Glücklich überwinterten auf Spitzbergen 1630 acht Engländer und 1633 sieben Holländer, dagegen starben sieben andre Holländer 1634 auf Jan Mayen und 1634 dieselbe Zahl auf Spitzbergen.

In den Jahren 1609 und 1610 entdeckte Hudson den nach ihm benannten Fluß, Straße und Bai und überwintert in der Jamesbai, wurde aber von seiner meuterischen Mannschaft mit neun andern in der Schaluppe ausgesetzt und blieb verschollen. Sein Schicksal aufzuklären, wurden 1612 von England Button und Ingram ausgesandt, welche fast die ganze Hudsonbai umfuhren. 1615 begannen Bylot und Baffin ihre erfolgreichen Fahrten, entdeckten die zahlreichen Inseln in der Hudsonstraße, 1616 in der Baffinsbai vordringend Kap Digges (76° 35' nördl. Br.); den Wolstenholm- und den Walsund (77° 30' nördl. Br.), die Hakluytinsel und den durch Eis verstopften Smithsund, dann weiter westlich die Careyinseln (76° 40' nördl. Br.) und den Jones- und den Lancastersund. Die weitern Unternehmungen bis Ende des 18. Jahrh. brachten hier nicht viel Neues, obschon das englische Parlament 1743 einen Preis von 20,000 Pfd. Sterl. auf die Entdeckung der Nordwestpassage setzte, doch nahm der Walfischfang einen großartigen Aufschwung. 1712 gründete der Prediger Hans Egede die jetzigen dänischen Niederlassungen an der Westküste Grönlands, und Beamte der 1670 gebildeten Hudsonbaikompanie erschossen auf Landreisen große Strecken des nordamerikanischen Kontinents.

Das nördliche Asien war bereits seit Anfang des 17. Jahrh. durch die Russen besser bekannt geworden. Mit dem Eintreiben von Tribut beauftragte Kosaken erreichten vom Jenissei die Lena, 1636 verfolgte Busa dieselbe bis zur Mündung und entdeckte zwei Jahre später die Jana, während Ivanoja bis zur Indigirka vordrang. 1644 gelangte Stadutschin bis zur Kolyma und, von dieser ausgehend, der Kosak Deschnew um die Nordostküste Asiens zum Anadyr, womit die Trennung der Alten von der Neuen Welt bewiesen wurde. Nach 1711 entdeckten auch Kosaken von der Janamündung aus die Ljachowschen Inseln. Um die östliche Begrenzung seines Reichs festzustellen, sandte Peter d. Gr. den Dänen Bering zuerst 1728, dann 1741 mit zwei Schiffen, begleitet von dem Deutschen Steller, aus. Er gelangte von Kamtschatka zum Prinz von Wales-Archipel, fuhr an Alaska und den Alëuten entlang, litt aber an der Beringsinsel Schiffbruch, wo er selbst nebst vielen andern starb, während der Rest sich nach Kamtschatka rettete. Versuche, die Ob- und Lenamündung von Archangel zu erreichen, hatten erst 1737 Erfolg. Um-^[folgende Seite]