Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nota bene; Notabile; Notabilität; Nota censoria; Notadresse; Notalgie; Notar; Notariat

261

Nota bene - Notariat.

ähnliche Gestalt. So erschienen auf einer Notabelnversammlung im Januar 1558 neben den Abgeordneten der drei privilegierten Stände auch solche der Obergerichtshofs und eine ähnlich konstruierte Versammlung berief Heinrich IV. 1596 in Rouen zusammen. Infolge der Fortschritte der absoluten Macht der Könige ging aber das Institut der N. wieder ein; nach einer Versammlung von 35 N., welche Richelieu 1626 zu Paris veranstaltete, geriet auch dieser letzte Rest der ständischen Mitwirkung bei der Regierung in Vergessenheit. Erst als die Zerrüttung der Finanzen unheilbar zu werden drohte, nahm unter Ludwig XVI. der Minister Calonne 22. Febr. 1787 zur Berufung der N. seine Zuflucht. Dieselben tagten bis 25. Mai und genehmigten auch die Steuerprojekte der Regierung. Da diese jedoch von dem Pariser Parlament nicht registriert und dadurch die Berufung der Reichsstände (Etats-Généraux) selbst notwendig wurde, so versammelte Ludwig XVI. die N. zum zweitenmal 6. Nov. 1788, um über die Zusammensetzung und Geschäftsordnung der Reichsstände zu beraten; die N. tagten bis 12. Dez. 1788 und sprachen sich namentlich gegen die Verdoppelung der Abgeordnetenzahl des dritten Standes aus, indem sie so der Revolution auch ihrerseits den Boden bereiten halfen.

Nota bene (abgekürzt NB., lat.), bemerke wohl; daher ein NB., ein Merkzeichen.

Notabile, Stadt, s. Cittavecchia 2).

Notabilität (neulat.), das Angesehensein; angesehene, hervorragende Persönlichkeit.

Nota censoria (lat.), bei den Römern Anmerkung, welche der Zensor bei dem Namen eines Bürgers machte; daher, da die Anmerkung gewöhnlich tadelnden Inhalts war, s. v. w. Tadel, Schandfleck.

Notadresse, s. Wechsel.

Notalgie (griech.), Rückenschmerz.

Notar, s. Notariat.

Notariat (lat.), die Gesamtheit der von der Staatsgewalt zur Aufnahme und Beglaubigung von Rechtsakten ermächtigten Personen (Notare, lat. notarii, franz. notaires), auch die Summe der denselben übertragenen Befugnisse; Notariatsurkunden (Notariatsinstrumente), die von einem Notar in amtlicher Eigenschaft aufgenommenen Urkunden, welche öffentlichen Glauben genießen; notarielle Schulddokumente, die vom Notar beglaubigten Schuldverschreibungen, auf Grund deren nach französischem Rechte die sofortige gerichtliche Hilfsvollstreckung statuiert wird, ein System, welches auch die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 702) angenommen hat; Notariatsordnungen, ausführliche Gesetze zur Normierung des gesamten Notariatswesens. Die heutigen Notare haben von den Notarii der Römer ("Geschwindschreiber", von "notae", d. h. abkürzende Schriftzeichen) nur den Namen. Ihre eigentlichen Vorgänger waren vielmehr die römischen Tabelliones, welche, wie man dies in Italien noch jetzt zuweilen findet, auf öffentlichen Plätzen ein Geschäft daraus machten, dem Publikum durch die Abfassung schriftlicher Aufsätze und Eingaben an Behörden u. dgl. dienstbar zu sein. Dadurch nun, daß man dieselben zur Beurkundung gerichtliche Akte zuzog und den von ihnen aufgenommenen Urkunden öffentlichen Glauben beilegte, entwickelte sich im Mittelalter in Italien das heutige N., welches in Deutschland namentlich durch die Notariatsordnung Kaiser Maximilians von 1512 gesetzlich geregelt wurde. Besonders ausgebildet wurde das N. in Frankreich, wo nahezu die gesamte freiwillige Gerichtsbarkeit den Notaren übertragen ist, also namentlich die Aufnahme von Verträgen, besonders Ehekontrakten, und von Testamenten, ferner öffentliche Versteigerungen, Erbteilungen etc. Nach der hier einschlägigen französischen Gesetzgebung, deren Grundlage dermalen das Gesetz vom 25. Ventôse XI (16. März 1803) bildet, erfolgt die Ernennung zum Notar durch die Staatsbehörde, nachdem der Kandidat, welcher mindestens 25 Jahre alt sein muß, eine sechsjährige Vorbereitungszeit bei einem Notar (stage) durchgemacht und seine Fähigkeit und Moralität nachgewiesen hat. Die Disziplinargewalt über die Notare wird durch Notariatskammern ausgeübt, welche auch etwanige Beschwerden über jene, namentlich über Gebührenrechnungen, entgegennehmen. Ein großer Übelstand ist aber die Käuflichkeit der Notariatsstellen, welche zur Folge hat, daß der Notar, um sein Anlagekapital wieder herauszuschlagen, vielfach anderweite Geschäfte mit betreibt, welche an und für sich nicht in seinen Wirkungskreis fallen. Übrigens ist dies System in Elsaß-Lothringen nicht beibehalten, vielmehr ist hier die Käuflichkeit der Notariatsstellen unter Entschädigung der von Frankreich übernommenen Notare aufgehoben worden. In Deutschland hat das N. nur in Rheinpreußen (Notariatsordnung vom 25. April 1822) und in Bayern (Notariatsordnung vom 10. Nov. 1861) eine gleiche Ausdehnung gefunden. Außerdem ist der Wirkungskreis der Notare meistens nur auf Beglaubigung von Unterschriften und von Abschriften sowie auf die Aufnahme von Wechselprotesten beschränkt, und zumeist ist das N. mit der Rechtsanwaltschaft verbunden. Die Aufstellung einer allgemeinen Notariatsordnung für das Deutsche Reich ist in Aussicht genommen. In Preußen sind die Notare Staatsbeamte, welche zu den nicht richterliche Justizbeamten zählen und unter der Aufsicht des Justizministers, der Oberlandes- und Landesgerichtspräsidenten stehen. Zur Anstellung wird die Befähigung zum Richteramt erfordert. Das preußische Gesetz vom 8. März 1880 faßt das N. in drei wesentlich gleichartige Gruppen zusammen: 1) Oberlandesgerichtsbezirk Köln mit der rheinischen Notariatsordnung vom 25. März 1822 und Nachträgen dazu vom 7. Mai 1840 und 18. April 1855; 2) Oberlandsgerichtsbezirk Celle mit der hannöverschen Notariatsordnung vom 18. Sept. 1853, welche mehrfach modifiziert und auf den Kreis Rinteln mit ausgedehnt ist; 3) die übrigen Teile der preußischen Monarchie, auf welche das zunächst nur für das landrechtliche Gebiet erlassene altpreußische Notariatsgesetz vom 11. Juli 1845 ausgedehnt ist. In Österreich (Notariatsordnung vom 25. Juli 1871) ist der Notariatszwang für folgende Rechtshandlungen eingeführt, deren Gültigkeit durch die Aufnahme eines Notariatsaktes bedingt ist: Ehepakten, Kauf-, Tausch-, Renten- und Darlehnsverträge und Schuldbekenntnisse zwischen Ehegatten, Bestätigungen über den Empfang des Heiratsguts, Schenkungsverträge ohne wirkliche übergabe, endlich alle Urkunden über Rechtsgeschäfte unter Lebenden, welche von Blinden oder von Tauben, die nicht lesen, oder von Stummen, die nicht schreiben können, errichtet werden. Im übrigen ist die Stellung der Notare dieselbe wie nach dem deutschen System; doch können die österreichischen Notare von den Gerichten für bestimmte Geschäfte als Kommissare bestellt werden. Vgl. Chorinsky, Das N. (Wien 1877); Kühne und Sydow, Die preußischen Notariatsgesetze (Berl. 1880); Stahl, Das bayrische N. (Nördling. 1880); Clerc, Théorie du notariat (6. Aufl., Par. 1882); "Deutsche Notariatszeitung" (Nördling. 1864 ff.); "Zeitschrift für das N." (Köln, seit 1856).