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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Paris

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Paris (Lage etc., Klima, Arrondissements, Befestigung).

kriechendem Rhizom, 4-10 quirlförmig gestellten Blättern unter der einzigen gipfelständigen Blüte und kugeliger, undeutlich 4-5furchiger Beere. Sechs Arten. P. quadrifolia L. (Wolfsbeere, Fuchstraube, Steinbeere, s. Tafel "Giftpflanzen I"), mit 10-25 cm hohem Stengel, vier in einen Quirl gestellten, elliptischen, zugespitzten Blättern, einer einzelnen, gipfelständigen Blüte und blauen Beere, in Laubwäldern Europas und Sibiriens. Der Wurzelstock riecht beißend-flüchtig, schmeckt ekelerregend und wirkt brechenerregend. Die Blätter riechen beim Reiben widerlich betäubend und wirken narkotisch-giftig, drastisch-purgierend und brechenerregend.

Paris (hierzu der Stadtplan u. zwei Karten: "Umgebungen" u. "Befestigungen von P."), die Hauptstadt Frankreichs, Sitz des Präsidenten der Republik, der Regierung und des Parlaments, zugleich Hauptstadt des Departements Seine, nächst London die volkreichste Stadt Europas und der Erde, liegt 30-100 m ü. M., unter 2° 20' östl. L. v. Gr. und 48° 50' nördl. Br., an beiden Ufern der Seine zwischen zwei Hügelketten, den Höhen von Belleville und Montmartre am nördlichen und jenen von Meudon und St.-Cloud mit dem 136 m hohen Mont Valérien am südlichen Ufer und schließt in dem Bette der Seine selbst zwei Inselchen, die Ile St.-Louis und die Cité, ein.

Allgemeine Bedeutung, Lage.

Die geographische Lage von P. ist eine so günstige wie bei kaum einer andern Hauptstadt Europas, und sie erklärt die frühzeitige Gründung und die außerordentliche Entwickelung der Stadt. P. ist zunächst der natürliche Mittelpunkt des ganzen Seinebeckens, es vereinigen sich dort Seine und Marne, wenig unterhalb die Oise; dorthin konvergieren auch, den Flußläufen folgend, die alten historischen, von der Natur vorgezeichneten und in der Kriegsgeschichte immer wieder hervortretenden Straßen, die am besten durch die Kanäle bezeichnet sind, welche ohne große Schwierigkeiten in allen Himmelsrichtungen über die erhöhte Peripherie des Seinebeckens u. als Radien nach dem Zentrum P. geleitet werden konnten: der Oise folgend die Völkerstraße nach Belgien, der Marne die nach Lothringen und dem Mittelrhein, der Yonne und ihren Nebenflüssen die kulturhistorisch wichtigste zum Rhône und dem Mittelmeer, über die niedere Schwelle des Plateaus von Orléans nach der Loire und weiter durch die Senke von Poitou nach Aquitanien und Spanien, schließlich die Seine hinab zum Kanal. Ferner beginnt hier infolge der Vereinigung mit den größten Nebenflüssen die Seine wasserreicher und infolge ihres gewundenen und daher langsamern Laufs in höherm Grad schiffbar zu werden; auch bildet hier der Fluß zwei Inseln, die nicht allein einen wichtigen Übergangspunkt, sondern auch eine durch den Fluß selbst geschützte Stadtlage schufen. Dazu konnten die Höhen, namentlich Montmartre im N., als Auslugposten dienen, von wo aus jeder Feind schon in großer Ferne sichtbar war. Keins der Flußgebiete Frankreichs ist ein so einheitliches, auch in seinem geologischen Bau Einen Mittelpunkt so deutlich hervorhebendes wie das der Seine, selbst nicht das so ähnliche der Garonne mit dem Mittelpunkt Toulouse. Unter den großen Zentren von Frankreich war also P. das Zentrum zwar nicht des größten, aber des einheitlichsten Flußgebiets und auch sonst, obwohl vom Mittelpunkt des Landes entfernt, das geographisch bevorzugteste Zentrum, und es ist daher begreiflich, daß es zur Hauptstadt gewählt wurde. Dies war dann zusammen mit der Fruchtbarkeit der Umgebung, namentlich der reichen Getreidegegenden der Beauce und Brie, der leichten Zufuhr, dem trefflichen Baumaterial ein nicht zu unterschätzender Faktor, der weiter zur Entwickelung der Stadt beigetragen hat und immer noch, namentlich seit den letzten Jahrhunderten, beiträgt. Die Stadt hat einen Umfang von 34,530 m und einen Flächeninhalt von 7802 Hektar, wovon 714 auf das Strombett entfallen. Das Klima ist mild, die Durchschnittstemperatur beträgt im Winter 3,3°, im Sommer 18,1°, im Jahresmittel 10,74° C.; Regentage gibt es im Jahresmittel 145. Die nördliche Uferseite der von der Seine in einem nach N. gekrümmten Bogen durchschnittenen Stadt ist etwas größer als die südliche; die ältesten Niederlassungen gehören der letztern und der Citéinsel an, sind aber bis auf wenige Trümmerspuren verschwunden. Die Mittelpunkte des modernen Lebens, die großen Kaufläden, Cafés, Restaurants, Theater, die Börse, die Post, die Bank, die Kunstsammlungen, sind vorwiegend auf dem rechten, die altertümlichen Baudenkmäler, die Ministerien, der Justizpalast, die Polizeipräfektur, die höhern Lehranstalten, die Akademie, die Münze auf dem linken Ufer oder in der Cité zu suchen. Administrativ zerfällt die Stadt seit 1. Jan. 1860 in 20 Arrondissements, deren jedes von einem Maire und zwei Adjunkten verwaltet wird, nämlich: 1) Louvre, 2) Börse, 3) Temple, 4) Stadthaus, 5) Panthéon, 6) Luxembourg, 7) Palais Bourbon, 8) Elysée, 9) Oper, 10) St.-Laurent, 11) Popincourt, 12) Reuilly, 13) Gobelins, 14) Observatoire, 15) Vaugirard, 16) Passy, 17) Batignolles, 18) Buttes Montmartre, 19) Buttes Chaumont, 20) Ménilmontant.

Befestigung (vgl. den Plan).

Die alte Befestigung von P. erinnert in ihren wechselvollen Schicksalen vielfach an diejenige Roms. Die neue Stadtumwallung mit den ältern detachierten Forts wurde auf Betreiben des Ministerpräsidenten Thiers in den Jahren 1841-44 ausgeführt und kostete 140 Mill. Frank. Der 9-12 m hohe Hauptwall mit 11 m breitem und 6 m tiefem Graben, mit gemauerter Eskarpe und Kontreskarpe in Erde besteht aus 94 Bastionen, hinter welchen eine Ringstraße und Eisenbahn (Gürtelbahn) herläuft. Er ist etwa 33 km lang u. enthält 66 Thore, von denen 11 gleichzeitig Eisenbahndurchgänge bilden, sowie 2 Durchlässe für die Seine und für die Kanäle de l'Ourcq und St.-Denis. Der ältere Fortsgürtel in einer Länge von etwa 55 km bestand 1870 aus 16 detachierten Forts und 13 Redouten; unter den erstern bildet der Mont Valérien, auf einem Felskegel 116 m über der Seine erbaut, eine kleine Festung für sich. Veranlaßt durch die Belagerung 1870/71, wurde im J. 1874 mit dem Bau einer noch erheblich weiter vorgeschobenen dritten Befestigungslinie aus Forts, Redouten und Batterien mit einem Kostenaufwand von 60 Mill. Fr. (ohne Grunderwerb) begonnen. Ihr Zweck ist, durch ihre entfernte Lage die Stadt vor einer Beschießung und gänzlicher Einschließung zu schützen sowie mehrere verschanzte Lager zu bilden, die groß genug sind, ganzen Armeen Schutz und die Möglichkeit zu gewähren, sich zu einem Angriff zu sammeln und auszurüsten. Das Nordostlager mit St.-Denis im Rücken umfaßt die weit ausgedehnte Befestigungslinie vom Fort de Cormeil auf dem linken bis zum Fort de Chelles auf dem rechten Flügel; in ihr liegen

^[Abb.: Wappen von Paris.]