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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Passau

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Passau (Stadt).

zum apostolischen Legaten für ganz Deutschland ernannt. Rüdiger von Radeck (1233-50) war anfangs ein eifriger Anhänger des Kaisers Friedrich II. und dessen Werkzeug gegen den letzten Babenberger, Friedrich II., den Streitbaren, von Österreich, wurde aber sodann Freund des letztern und erhielt von demselben alles zurück, was die Herzöge von Österreich im Lauf der Zeit P. entzogen hatten. Der Papst zwang ihn jedoch, das Bistum aufzugeben. 1387 ward das Hochstift durch eine dreispältige Wahl zerrissen, nämlich die des Domdechanten Hermann, des Herzogs Rupert von Berg und Georgs von Hohenlohe. Der erstere trat bald zurück; aber Rupert, von Böhmen, Bayern und P., Georg, von Österreich unterstützt, bekämpften einander drei Jahre lang, bis Georg die Oberhand behielt. Der edle und gelehrte Leonhard von Layming (1424-51) verschönerte die Stadt, die Residenz und die Passau beherrschenden Schlösser nach den Feuersbrünsten von 1435 und 1437 und suchte Handel und Schiffahrt zu heben. Unter seinem Nachfolger Ulrich von Nußdorf fand 1478 zu Passau eine heftige Judenverfolgung statt. Urban von Trennbach (1561-98) vertrieb alle Anhänger der evangelischen Lehre aus Passau, und wirkte zur Gegenreformation Rudolfs II. in Österreich ob und unter der Enns mit. Zu den bedeutendern Passauer Fürstbischöfen gehörten noch zwei Leopold, Erzherzöge von Österreich, der eine Bruder (s. Leopold 20), der andre, Leopold Wilhelm, ein Sohn Kaiser Ferdinands II. (s. Leopold 21). Unter Kardinalbischof Joseph I. von Lamberg (1723-1761) ward der jahrhundertelange Streit mit Salzburg dadurch beendet, daß Papst Benedikt XIII. 1728 das Bistum P. direkt dem päpstlichen Stuhl unterordnete. Die Erhebung des Bistums Wien zum Erzbistum hatte eine abermalige Verkleinerung der Diözese P. zur Folge, und als 13. März 1783 der Kardinalbischof Leopold von Firmian starb, trennte Kaiser Joseph II. das ganze Land ob der Enns und das Innviertel vom Passauer Sprengel und unterstellte es 1785 den neuerrichteten Bistümern Linz und St. Pölten. Durch den Reichsdeputationshauptschluß wurde das Bistum P. unter dem Fürstbischof Leopold, Grafen von Thun, 22. Febr. 1803 säkularisiert; Stadt und Festung nebst dem westlichen Teil kamen an Bayern, der größere östliche Teil an den Großherzog von Toscana, nachherigen Kurfürsten von Salzburg, und erst 1805 kam Bayern in den Besitz des ganzen Fürstentums, das bei der Säkularisation 991 qkm (18 QM.) mit über 52,000 Einw. und über 430,000 Guld. reinen Einkünften umfaßte. Das gegenwärtige Bistum P., gegründet durch das Konkordat von 1817 und der Erzdiözese München-Freising überwiesen, umfaßt den Regierungsbezirk Niederbayern mit (1885) 641,939 Katholiken. Das Domkapitel besteht aus 10 Mitgliedern. Vgl. Schrödl, Passavia sacra. Geschichte des Bistums P. (Pass. 1879).

Passau, unmittelbare Stadt im bayr. Regierungsbezirk Niederbayern, in romantische Lage auf einer schmalen felsigen Landzunge an der Mündung des Inn und der Ilz in die Donau, Knotenpunkt der Linien P.-Nürnberg-Würzburg, P.-Neumarkt a. R. und P.-Freyung der Bayrischen wie Wels-P. der Kaiserin Elisabeth-Bahn, 292 m ü. M., ist von einer vierfachen Reihe von 120 m über die Donau emporragenden Bergen umgeben und teilt sich in die eigentliche Stadt, am rechten Donauufer, und die Vorstädte Innstadt, am rechten Ufer des Inn, Ilzstadt, jenseit der Donau am linken Ufer der Ilz, und Angervorstadt. Eiserne Brücken führen über die Donau und den Inn, über erstere zwischen Altstadt und Ilzstadt auch noch ein Drahtsteg. Die eigentliche Stadt ist gut gebaut, weniger die Vorstädte. Unter den öffentlichen Plätzen ist der Dom- oder Paradeplatz (mit der ehernen Statue des Königs Maximilian Joseph I.) der schönste. Von den elf Kirchen Passaus sind besonders zu nennen: der Dom (ursprünglich aus dem 14. Jahrh. herrührend, Ende des 17. Jahrh. aber fast gänzlich niedergebrannt, seit 1680 in seiner jetzigen Gestalt wieder aufgebaut), mit schönem altdeutschen Portal, trefflicher Orgel, einer 90,5 Doppelzentner schweren Glocke und zahlreichen Reliquien; ferner die Stadtpfarrkirche St. Paul, die 1809 neuerbaute Pfarrkirche St. Gertrud, die kleine, in gotischem Stil 1859 vollendete evangel. Kirche und die neuerdings restaurierte St. Salvatorkirche (1479 erbaut), welche aus zwei übereinander befindlichen Abteilungen besteht. Andre hervorragende Gebäude sind: die ehemalige bischöfe liche Residenz, welche in ihrem ältern Teil die Amtslokale von Behörden, in ihrem neuern die Wohnung des Bischofs und die Geschäftslokale des Domkapitels enthält; das ehemalige Jesuitenkollegium mit Bibliothek von 30,000 Bänden und verschiedenen Lehranstalten, das 1804 aufgehobene Nonnenkloster Niedernburg (jetzt Institut der Englischen Fräulein), die ehemalige Abtei St. Nikola (jetzt Kaserne) und das Postgebäude, merkwürdig durch den 1552 hier abgeschlossenen Passauer Vertrag (s. d.). P. war ehemals eine starke Festung; es hatte zwei Citadellen (Oberhaus und Unter- oder Niederhaus), welche gegenwärtig zu militärischen Strafanstalten dienen, und zwei Forts. Unterhaus ist ein uraltes, schon 737 urkundlich erwähntes Gebäude. Die Feste Oberhaus, 135 m über der Donau auf dem St. Georgsberg, von Ulrich II., Grafen von Dissen, 1215-19 erbaut, war oft Zeuge der blutigen Fehden der Bischöfe mit den Bürgern. Bischof Johann Philipp Lamberg (1689-1712) vergrößerte die Festungswerke und baute das sogen. Philippswerk. 1741 okkupierten die Bayern die Feste und hielten sie bis 25. Jan. 1742 besetzt, wo der österreichische General Bernklau die Übergabe erzwang, wofür der bayrische Kommandant mit dem Leben büßen mußte. Das Schloß blieb darauf drei Jahre hindurch von den Österreichern besetzt. 24. Okt. 1805 mußte sich wiederum die Besatzung an die Österreicher ergeben. 1806 wurden die Fortifikationen erweitert und zu strategischer Bedeutung erhoben, indem man in der Feste den Schlüssel zum Donaustrom erkannte. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1885) mit der Garnison (2 Infanteriebat. Nr. 16) auf 15,583, meist Katholiken. Bedeutend ist die Leder-, Porzellan- und Parkettfußbödenfabrikation. Sonst findet man dort noch Schiffbau, Eisen- und Kupferhämmer, Drahtzieherei, Tabaks-, Papier- und Teigwarenfabriken, Bierbrauerei etc. Der Handel, außer den oben genannten Eisenbahnen noch unterstützt durch die Schiffahrt auf der Donau, eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle, ist vorzugsweise Speditionshandel, aber auch lebhaft in den Passauer Schmelztiegeln (Fabrikat von Obernzell), Salz, Holz, Getreide etc. P. ist Sitz eines Bezirksamts, eines Landgerichts,

^[Abb.: Wappen von Passau.]