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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Patene; Patent

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Patene - Patent.

denen Benennungen der P.: propatres, compatres und commatres, patrini und matrinae, Gevattern, und aus derselben Idee der geistigen Verwandtschaft leitete die katholische Kirche seit Justinian die Begründung eines Ehehindernisses ab, was die protestantische aufhob. Von größter Bedeutung war das Institut der P. im Mittelalter, wo nur solche, die das Credo und einige damit verbundene Stücke, namentlich das Paternoster, auswendig herzusagen wußten, zur Patenschaft zugelassen wurden. Ihnen allein lag im Grunde die Verpflichtung des von der Kirche vernachlässigten Unterrichts der Jugend in den Elementen der christlichen Religion ob. Mit der Zeit ist das Institut praktisch zur Bedeutung einer bloßen Taufzeugenschaft herabgesunken. Die Zahl der P., früher als eine Art von kirchlichem Luxusartikel behandelt, wird jetzt in der Regel auf zwei beschränkt. Mönchen und Nonnen, welche man ihrer Heiligkeit wegen in der ersten Zeit gern zu Taufzeugen nahm, wurde seit 578 die Übernahme von Patenstellen verboten. Pate heißt auch das Kind in Beziehung auf den Taufzeugen sowie bei den Katholiken der Gefirmte in Beziehung auf den Zeugen bei der Firmung; bei den Griechisch-Katholischen der Beistand bei der Trauung; bei den Freimaurern das Logenmitglied, das sich für die Würdigkeit eines Aufzunehmenden verbürgt.

Patene (lat.), ein schon in der frühchristlichen Kirche gebräuchliches Kirchengerät, eine anfangs tiefe, dann flache Schüssel zum Austeilen der geweihten Brote an die Gläubigen. Die innere Fläche der Patenen war mit Inschriften, eingravierten Darstellungen (Opferlamm, Kreuz), bisweilen auch mit Edelsteinen besetzt (s. Abbildung). Auch wurden die Patenen zur Aufbewahrung des heiligen Salböls benutzt.

^[Abb.: Patene Stroganow aus vergoldetem Silber (1846 in Sibirien gefunden; nach Martigny).]

Patent (v. lat. patens, offen, öffentlich), im allgemeinen ein offener Brief, durch welchen etwas beglaubigt wird; in der Kanzleisprache des Mittelalters (patentes litterae, auch patenta) und der neuern Zeit eine obrigkeitliche Bekanntmachung in besonders feierlicher Form, wie sie z. B. bei dem Absterben eines Souveräns und bei dem Regierungsantritt seines Nachfolgers, bei der Abtretung einer Provinz an einen andern Staat, der Besitznahme eines neuerworbenen Landes (Besitzergreifungspatent etc.), erlassen und durch Anschlag, Druck etc. veröffentlicht zu werden pflegt. Auch versteht man unter P. die Urkunde über die Anstellung eines Beamten, namentlich die Bestallung der Offiziere (Offizierspatent).

Im Gewerbewesen ist P. (Gewerbspatent, franz. patente) s. v. w. Gewerbeschein, welcher früher für freie Gewerbe alljährlich zu lösen war, später insbesondere in Frankreich als Mittel zur Durchführung der Gewerbesteuer (s. d.) benutzt wurde, woher auch der Name Patentsteuer. Im engern Sinn bedeutet P. oder Erfindungspatent (franz. brevet d'invention, engl. patent) die Urkunde, durch welche die ausschließliche gewerbliche Verwertung einer neuen Erfindung für eine bestimmte Zeit verliehen wird, dann auch diese Berechtigung (Privilegienrecht) selbst. Nach derselben ist niemand befugt, ohne Erlaubnis des Patentinhabers den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder feilzuhalten, bez. zu gebrauchen oder das betreffende Verfahren anzuwenden. Das Patentrecht im objektiven Sinn umfaßt hiernach den Inbegriff der auf das Patentwesen bezüglichen bestehenden Rechtssätze. Die Verleihung solcher Patente wurde zuerst in England unter Jakob I. gesetzlich geregelt durch eine Parlamentsakte von 1623, welche die willkürliche Erteilung von Gewerbsprivilegien und Monopolen durch die Krone verbot, jedoch die Gewährung eines Erfindungspatents an den Erfinder, wie bisher, für die Dauer von 14 Jahren gestattete. In den Vereinigten Staaten wurde der Schutz des Erfinders als eins der vom Kongreß 1776 beschlossenen Menschenrechte proklamiert und 1790 gesetzlich geregelt; ebenso in Frankreich beim Ausbruch der Revolution in den Cahiers der Stände von Paris und der Normandie gefordert, wurde durch Gesetze von 1790 und 1791 dem ersten Anmelder das Recht auf Patentierung zugestanden. In Deutschland wurden Erfindungspatente schon im 18. Jahrh. durch landesherrliche Privilegien gewährt und später durch besondere Gesetze in den einzelnen Ländern zugelassen, so in Preußen 1815, in Bayern 1825, Württemberg 1836, Sachsen 1853. Doch war die Gesetzgebung eine sehr verschiedene in den einzelnen Ländern. Preußen hatte ein so strenges Vorprüfungsverfahren, daß nur wenige Patente erteilt wurden; in den Hansestädten und in Mecklenburg bestanden überhaupt keine Patentgesetze. Nach Übereinkunft der Zollvereinsstaaten vom 21. Sept. 1842 sollten die Bürger der Vereinsstaaten gegenseitig als Inländer in Bezug auf die Patenterteilung behandelt werden. Nachdem die Reichsverfassung, Art. 4, die Erfindungspatente unter die Gegenstände der Reichsgesetzgebung aufgenommen hatte, erfolgte auf die Anregung des im Mai 1874 gegründeten Deutschen Patentschutzvereins der Erlaß eines Patentgesetzes vom 25. Mai 1877, welches auch die Umwandlung verliehener Landespatente in Reichspatente vorsah.

Die Frage der Zweckmäßigkeit des Patentschutzes, früher sehr bestritten, ist heute in der Praxis in bejahendem Sinn entschieden, da jetzt fast alle Kulturstaaten (seit 1871, bez. 1885 auch Japan) und in Europa alle Länder mit Ausnahme der Balkanstaaten, der Schweiz und der Niederlande, welche ein bestandenes Gesetz wieder aufhob, Patentgesetze besitzen. Insbesondere haben die Weltausstellungen zu gunsten des Patentschutzes gewirkt, indem man beobachtete, daß diejenigen Länder vor andern einen Vorsprung voraus hatten, welche den Erfindern einen genügenden Schutz gewährten und so dafür sorgten, daß kostspielige Er-^[folgende Seite]