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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Patént; Patentachse; Patentamt

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Patent - Patentamt.

betrieb des Inhabers erfolgen, dann aber auch, was in den Vereinigten Staaten fast allgemeine Regel, durch entgeltliche Einräumung der Benutzung an andre für die Erfindung im ganzen oder für einen Teil derselben, im ganzen Land oder für einen räumlich abgegrenzten Bezirk (Lizenz). Da eine solche Lizenzerteilung für Erfinder und Gesamtheit von Vorteil, so wurde in Wien 1873 ein gesetzlicher Lizenzzwang gefordert. Ein solcher Zwang besteht jetzt in Deutschland, wo das Patentamt entscheidet, ob im Interesse des öffentlichen Wohls eine Lizenzerteilung stattfinden soll, was jedoch nicht vor drei Jahren der Patentdauer geschehen darf; ferner in England, wo das Handelsamt auf die Klage des Beteiligten den Patentinhaber zur Erteilung der Lizenz unter den für billig erachteten Bedingungen anweist, wenn die Erfindung im Inland gar nicht oder nicht dem Bedarf entsprechend betrieben wird, wenn die Verbesserung einer Erfindung patentiert und die Benutzung der einen Erfindung nicht ohne die Mitbenutzung der andern möglich ist. Der Patentinhaber hat überall eine teils einmalige, teils periodische und dann meist jährliche Abgabe (Patenttaxe), für Zusatzpatente gewöhnlich nur eine geringere einmalige Gebühr zu entrichten. Die jährliche Abgabe steigt meist progressiv mit der Dauer des Patents und trägt teils den Charakter einer Gebühr, indem sie lediglich eine Kostendeckung bezweckt, teils den einer Steuer, indem sie Überschüsse für die Staatskasse abwirft. Durch höhere Bemessung derselben soll auch der Begehr nach Patenten für unwichtige Gegenstände eingeengt werden.

Die Dauer der Erfindungspatente ist verschieden bemessen. Sie ist entweder allgemein festgesetzt, oder sie wird im einzelnen Fall durch die Patenturkunde bestimmt. Für Einführungs- und Zusatzpatente ist sie meist kürzer als für Hauptpatente. Zusatzpatente laufen gewöhnlich mit dem Hauptpatent ab. In besondern Fällen hat man auch schon (in England) die Dauer über das gesetzliche Höchstmaß hinaus verlängert. Die Aufhebung der Patente erfolgt 1) mit Ablauf der Zeit, für die sie erteilt sind, 2) durch Nichterfüllung der gesetzlichen Bedingungen (Ausführung binnen bestimmter Frist im Inland, Unterbrechungen in der Ausübung, Versäumung der rechtzeitigen Entrichtung fälliger Abgaben, Versagung der Lizenz an Dritte), 3) wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen, in welchem Fall das P. von Rechts wegen oder erst auf Grund einer gegen den Inhaber angestrengter Klage für nichtig erklärt wird. In den Vereinigten Staaten erlischt jedoch das P. auch dann nicht, sondern es wird nur dem Kläger gegenüber unwirksam. Das Erfinderrecht ist überall auf das Inland beschränkt. Der Erfinder ist demnach genötigt, in jedem Staat ein besonderes P. zu nehmen. Nun ist aber allgemein eine anderweite Veröffentlichung vor der Patenterteilung nicht zulässig, während in mehreren Staaten (z. B. Deutschland, England) die Beschreibungen der Patente durch die Behörde selbst veröffentlicht werden. Um diesen Mißlichkeiten zu begegnen, beantragte der zu Paris 1878 abgehaltenen Patentkongreß, dann die von der französischen Regierung 1880 einberufene diplomatische Konferenz für Industrieschutz eine dahingehende internationale Regelung des Patentwesens, daß die Priorität in allen Vertragsstaaten schon durch die Anmeldung in einem einzelnen begründet sein solle. Das englische Gesetz von 1883 hat auch die Regierung zum Abschluß solcher Verträge ermächtigt. Doch scheitert das Streben nach einem internationalen Patentschutz an der Verschiedenheit der bestehenden Patentgesetze. Wer sich ohne genügende Kenntnis dieser Gesetze um Erteilung von Patenten in mehreren Ländern bewerben will, wendet sich am besten an eins der bestehenden Patentbüreaus, d. h. Anstalten, welche gewerbsmäßig die Erlangung von Patenten vermitteln und alle nötigen Formalitäten erfüllen. Bis Ende 1886 wurden in Deutschland 73,576 Patente nachgesucht, aber nur 38,569 erteilt. Von diesen sind wegen Nichtzahlung der Gebühren etc. schon 27,320 Patente wieder erloschen, so daß nur 11,349 Patente bestehen blieben. 1887 wurden 9904 Patente angemeldet. Vgl. Klostermann, Das Patentgesetz für das Deutsche Reich (Berl. 1878); Dambach, Das Patentgesetz für das Deutsche Reich erklärt (das. 1877); Kohler, Deutsches Patentrecht (Mannh. 1878); Gareis, Die patentamtlichen und gerichtlichen Entscheidungen in Patentsachen (Berl. 1881-86, Bd. 1-5); Klostermann, Patentgesetzgebung aller Länder (2. Aufl., das. 1875); Renouard, Traité des brevets d'invention (Par. 1825, 3. Aufl. 1865); Pouillet, Traité des brevets d'invention (2. Aufl., das. 1879); Biedermann, Die wichtigsten Bestimmungen der Patentgesetze aller Länder (2. Aufl., Berl. 1885), und beifolgende "Übersichtstafel der Patentgesetze der wichtigsten Staaten".

Patént, in der Studentensprache s. v. w. durch Eleganz und modisches Wesen in die Augen fallend.

Patentachse, noch heutigestags allgemein bei Luxusfuhrwerken angewendete Konstruktion der Achsen und Naben, erfunden 1787 von dem Engländer Collinger. Die eigentümliche Konstruktion erzielt einen dichten Abschluß der Achsenschenkel nach außen hin, so daß eine flüssige Schmiere angewendet werden kann, verhindert das Eindringen von Staub und Schmutz. Die P. gewährt überdies dem Rad einen ruhigen Gang und verhütet das Ablaufen desselben.

Patentamt (Patenthof), die zur Entscheidung über die Erteilung, Nichtigkeitserklärung und Zurücknahme von Erfindungspatenten berufene Behörde (s. Patent). Für das Deutsche Reich werden diese Funktionen durch eine gemeinsame Reichsbehörde in Berlin ausgeübt, welche außerdem auch verpflichtet ist, auf Ersuchen der Gerichte über Fragen, welche Patente betreffen, Gutachten abzugeben. Das deutsche P. besteht aus sieben Abteilungen, von denen je zwei für die Beschlußfassung über Patentgesuche ausschließlich aus dem Gebiet der mechanischen Technik, dann für die Beschlußfassung über Patentgesuche ausschließlich aus dem Gebiet der chemischen Technik und endlich für die Beschlußfassung über solche Patentgesuche, welche das Gebiet der chemischen und mechanischen Technik zugleich berühren, sowie über alle sonstigen Patentgesuche zuständig sind, während die Nichtigkeitserklärungen und das Verfahren wegen Zurücknahme erteilter Patente den Geschäftskreis der siebenten (sogen. gerichtlichen) Abteilung bilden. Die einzelnen Abteilungen setzen sich aus ständigen und nichtständigen Mitgliedern des Patentamtes zusammen, und zwar müssen die letztern in dem einschlägigen Zweig der Technik sachverständig sein. Über Beschwerden gegen den Beschluß einer Abteilung in dem Verfahren wegen Erteilung eines Patents wird in der Regel von derjenigen Abteilung entschieden, welche neben der erstern für Patentgesuche aus dem gleichen Gebiet der Technik zuständig ist. Für Beschwerden gegen Entscheidungen der siebenten Abteilung des Patentamtes, welche bloß das Verfahren, die Beweisaufnahme u. dgl. betreffen, sind diejenigen beiden Abteilungen gemeinschaftlich zuständig, welche über Patentgesuche zu beschließen haben, die demselben