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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Perge - Periblem.

Dionysos (1), ein dem Zeus Soter ("Erretter") von Eumenes II. erbauter, 9 m hoher und 30 m im Geviert messender Altar (4), dessen Außenwand mit einem den Kampf der Götter und Giganten darstellenden Hochrelief (die gefundenen Teile, etwa zwei Drittel des Ganzen, im Berliner Museum) versehen war, ein Tempel der Athene Nikephoros (5), von Säulenhallen umgeben, die berühmte pergamenische Bibliothek (8), die königlichen Paläste, ein Tempel der Julia (10), Augustus' Tochter, ein Tempel des Trajan (9), ein einer uns unbekannten Gottheit geweihter ionischer Tempel (3), ein Theater (2) und andre Gebäude (s. den Plan, S. 843). Außer den Reliefs des Gigantenfrieses (s. Taf. "Bildhauerkunst III", Fig. 8 u. 9) sind von den Skulpturenfunden der sogen. Telephosfries und eine Reihe von Reliefs mit aufgeschichteten Waffen zu erwähnen, welche die Brüstung des obern Geschosses einer der den Athenetempel umgebenden Hallen bildete. Vgl. "Die Ergebnisse der Ausgrabungen zu P.", drei vorläufige Berichte von Conze, Humann, Bohn u. a. (Berl. 1880, 1882, 1888); "Beschreibung der pergamenischen Bildwerke" (7. Aufl., das. 1885); "Führer durch die Ruinen von P." (das. 1887); Urlichs, P., Geschichte und Kunst (Leipz. 1883); Brunn, Über die kunstgeschichtliche Stellung der pergamenischen Gigantomachie (Berl. 1884); Bohn, Das Heiligtum der Athena Polias Nikephoros (das. 1885).

Perge! (pergas, lat.), fahre fort! weiter!

Perge, unter den Römern Hauptstadt von Pamphylien, am Kestros, unweit seiner Mündung, wo der Apostel Paulus zuerst die Küste Kleinasiens betrat. In ihrer Nähe befand sich auf einer Anhöhe ein alter berühmter Tempel der Artemis. Ruinen der Stadt (jetzt Murtana) nordöstlich bei Adalia.

Per genetīvum (lat.), durch den Zeugefall, d. h. durch Verheiratung, z. B. zu einem Amt gelangen.

Pergine (spr. pérdschine), Marktflecken in Tirol, Bezirkshauptmannschaft Trient, liegt an einem Bergvorsprung unfern des Fersinabachs und des Caldonazzosees, hat ein altes Schloß, eine sehenswerte Kirche, ein Franziskanerkloster, eine Landesirrenanstalt, Seidenfilanden, starken Weinbau, (1880) 2976 Einw. und ist Sitz eines Bezirksgerichts.

Pergŏla (ital.), allseitig offener, aus steinernen, mit Längs- und Querhölzern wagerecht überdeckten Pfeilern bestehender Laubengang; dann überhaupt eine Halle, die an einer oder an drei Seiten offen ist.

Pergŏla, Stadt in der ital. Provinz Pesaro e Urbino, Kreis Pesaro, am Cesano, ist gemeinsam mit Cagli Sitz eines Bischofs, hat eine Kathedrale, eine technische Schule, ein Seminar, eine öffentliche Bibliothek, Fabrikation von Tapeten und Wollenstoffen und (1881) 2686 Einw.

Pergolēse, Giovanni Battista, Komponist, geb. 3. Jan. 1710 zu Jesi bei Ancona, bildete sich seit 1717 auf dem Konservatorium dei poveri di Gesù Cristo zu Neapel, namentlich unter Gaetano Grecos, später unter Durantes und Feos Leitung, und schrieb noch als Schüler sein Drama sacro: "San Guglielmo d'Aquitania". 1732 trat er mit großem Beifall mit der Oper "Salustio" auf, der das Intermezzo "La serva padrona" folgte. Im eben genannten Jahr komponierte er eine zehnstimmige Messe nebst Vesper für zwei Orchester und bis 1735 noch folgende Opern: "Il frate innamorato", "Il prigioniere superbo", "Adriano in Siria", "Il Flaminio" und das Intermezzo "Lirietta e Tracollo". Da seine Oper "Olimpiade", die er 1735 in Rom schrieb, durchfiel, kehrte er nach Neapel zurück, um seine Kräfte der kirchlichen Musik zu widmen. Hier schrieb er neben einer Reihe von Kirchenkompositionen seinen Schwanengesang, das "Stabat mater", welches ihm europäischen Ruf verschaffte. Wenige Tage nach Vollendung dieses Werkes starb er, 16. März 1736. 16 Jahre nach seinem Tod gelangte sein oben erwähntes Intermezzo "La serva padrona" zu historische Bedeutung, denn ihm dankten die italienischen Buffonisten, welche 1752 in Paris gastierten, jenen ungewöhnlichen Erfolg, der die Franzosen zur Schöpfung einer nationalen komischen Oper antrieb. Vgl. Schletterer, Giov. B. P. (Leipz. 1880).

Per gradus (lat.), stufenweise.

Perhorreszieren (lat.), mit Schauder, d. h. ganz entschieden, etwas zurückweisen, ablehnen; besonders im Rechtswesen eine gewisse Person als Richter sich verbitten, weil man ihr nicht die erforderliche Unbefangenheit zutraut. Dies ist sowohl im Zivil- als im Strafprozeß zulässig (vgl. Richter, Schwurgericht, Schöffen). Die dem frühern Prozeßrecht eigentümliche eidliche Erhärtung des Ablehnungsgrundes (Perhorreszenzeid) ist abgeschafft.

Peri... (griech.), um, herum; auch einen hohen Grad bezeichnend, z. B. Perialgie, heftiger Schmerz.

Peri, nach dem Glauben der Parsen feenartige Wesen, die sich vom Reich der Finsternis abwandten und dem Licht wieder zustreben. Sie wohnen als Genien von wunderbarer Schönheit in den Räumen des Äthers und stehen den Menschen wohlwollend gegen die bösen Dämonen bei. Auf der Sage von den Peris beruht Moores Dichtung "Lalla Rookh".

Perĭandros, Tyrann von Korinth, Sohn des Kypselos aus dem Geschlecht der Herakliden, folgte seinem Vater 629 v. Chr. in der Regierung. Er war ein kluger Herrscher, der mit großer Überlegung durch wohldurchdachte Maßregeln seine Tyrannis zu befestigen suchte, und auf den daher die meisten Klugheitsregeln über Begründung einer Herrschaft zurückgeführt zu werden pflegten. Er hielt einen glänzenden, kostspieligen Hof, hob Handel und Verkehr, um seine Einnahmen zu vermehren, begünstigte Wissenschaften und Künste und erlangte eine große Macht und Beliebtheit. Aber Widerstand gegen seine wohlgemeinten Maßregeln in Verbindung mit häuslichem Unglück machte ihn verbittert, gewaltthätig und grausam. Er hatte im Zorn seine Gemahlin Melissa, die Tochter des Tyrannen Prokles von Epidauros, getötet; Prokles verriet das Geheimnis dem Sohn P.; Lykophron, der seinen Abscheu gegen den Vater in so schroffer Weise zu erkennen gab, daß P. ihn erst verstieß, dann nach Kerkyra verbannte. Als er, von Reue gequält, Lykophron zur Rückkehr einlud, derselbe aber sie verweigerte, solange P. in Korinth lebe, wollte dieser der Herrschaft in Korinth entsagen und sich mit Kerkyra begnügen; die Kerkyräer jedoch, vor P.' grausamer Herrschaft besorgt, ermordeten Lykophron. P. rächte sich, indem er 300 kerkyräische Knaben dem lydischen König zu schändlicher Verstümmelung zuschickte. Er starb 585, und ihm folgte sein Neffe Psammetich. Seine Aufnahme unter die sieben Weisen wurde schon im Altertum bestritten, auch von Platon, und nicht der Korinther, sondern ein angebliche Vetter desselben, P. aus Ambrakia, für den Weisen erklärt.

Perianthĭum (griech.), s. v. w. Blütenhülle (s. Blüte, S. 66); bei vielen Lebermoosen die am Grunde des Archegoniums entstehende, nach der Befruchtung das letztere sowie das Sporogonium einschließende zarte Hülle, welche bei dem Auswachsen des letztern vier- bis fünfspaltig zerrissen wird.

Periarteriītis (griech.), s. Arterienentzündung.

Periblēm (griech.), in der Pflanzenanatomie eine Zellteilungsschicht, die an der Embryoanlage sowie