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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pergamīno; Pergămon

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Pergamino - Pergamon.

und glättet das Papier zuletzt zwischen mit Dampf geheimen Walzen. Letzteres Verfahren ist notwendig, weil beim Trocknen nicht gespanntes P. kraus und runzelig wird. P. ist hornartig, durchscheinend, steil, 3-4mal fester als das Papier, aus welchem es hergestellt wurde; es erweicht in Wasser, ohne an Festigkeit zu verlieren, und gleicht dann der tierischen Blase. Es läßt Flüssigkeiten nur endosmotisch hindurch, wird durch kochendes Wasser nicht verändert, fault nicht und wird nicht von Insekten angegriffen. Es widersteht kochenden Ätzlaugen, löst sich aber allmählich in heißer konzentrierter Salzsäure und Schwefelsäure. Läßt man es zehn Minuten in konzentrierter Salpetersäure liegen und wäscht es dann aus, so zeigt es nach dem Trocknen viel größere Dicke, Festigkeit und Zähigkeit, ist gegen Säuren sehr widerstandsfähig und wird, wenn man es einige Minuten in Schwefelsäure taucht, glashell und durchsichtig. Bei der Bereitung schwindet unter Verdickung des Blattes das Flächenmaß um 10-30 Proz., während eine Gewichtsveränderung nicht stattfindet. Unmittelbar nach dem Eintauchen in Säure kann man zwei Bahnen miteinander vereinigen, indem man sie miteinander durch die Presse laufen läßt, da das durch die Schwefelsäure gebildete Amyloid die Vereinigung herbeiführt. Um P. zu verleimen, erweicht man es mit starkem Branntwein, legt es noch feucht auf das mit starkem Leim bestrichene Material und reibt es mit einem Falzbein gut an. Auch eine Lösung von Cellulose in Kupferoxydammoniak eignet sich zum Verleimen. P. dient als Surrogat der tierischen Blase, zum Verpacken von Schokolade, Konserven, Fleischspeisen (künstliche Wurstdärme aus P.) etc., zum Verbinden von Einmachebüchsen, zum Auslegen von Fässern, als Surrogat des Pergaments für Urkunden, Dokumente, zum Durchzeichnen, zur Anfertigung von Patronenhülsen etc. Man kann weißes P. färben, aber auch Buntpapier in P. verwandeln und dies mit Reliefdruck versehen. So erhält man ein sehr schönes Material für Portefeuille-, Galanterie- und Buchbinderarbeiten, für künstliche Blumen etc. In der Chirurgie dient P. als Surrogat der Leinwand, des Wachstuchs und der Guttapercha. Im Laboratorium und namentlich in der Zuckerfabrikation benutzt man es zu dialytischen Zwecken.

Pergamīno, Stadt in der Argentinischen Republik, Provinz Buenos Ayres, 192 km nordwestlich von der Hauptstadt, mit Hospital, Dampfmühle und (1882) 6200 Einw.

Pergămon (lat. Pergamus), im Altertum berühmte Stadt in Mysien, in der Landschaft Teuthrania, am Selinos und Keteios (Bergama-Tschai), der sich südlich der Stadt in den Kaikos ergießt, lag am Fuß eines steilen Bergs, aus dem die Akropolis stand. Die Einwohner hielten sich für Abkömmlinge eingewanderter Arkadier; jedenfalls war schon in der Perserzeit hier das griechische Element vorherrschend. Den Grund zur Größe der Stadt legte Lysimachos, welcher dort durch Philetäros seine Schätze (9000 Talente = ca. 32 Mill. Mk.) aufbewahren ließ, und noch mehr Philetäros selbst, der 283 v. Chr. nach Lysimachos' Fall P. zur Hauptstadt des von ihm gestifteten Pergamenischen Reichs (s. d.) machte. Am meisten vergrößert und verschönert wurde die Stadt durch König Eumenes II. (197-159), der auch die berühmte pergamenische Bibliothek, die noch zu Kleopatras Zeit 200,000 Rollen zählte, begründete, und unter welchem eine Bildhauerschule blühte (s. Bildhauerkunst, S. 940). Berühmte Erzeugnisse des Gewerbfleißes waren Salben, irdene Becher und Pergament (charta Pergamena). Noch lange nach der Einverleibung des pergamenischen Reichs in das römische (130 v. Chr.) blieb P. die blühende Hauptstadt der Provinz Asia und war der Sitz eines Obergerichtshofs sowie Knotenpunkt aller das westliche Asien durchschneidenden Hauptstraßen. Erst unter den byzantinischen Kaisern verfiel es allmählich. P. ist Vaterstadt des Rhetors Apollodoros und des Arztes Galenos, auch war es einer der ersten Sitze einer christlichen Gemeinde. Die Stadt heißt jetzt Bergama (s. d.). In den Vordergrund des Interesses ist P. durch die von der preußischen Regierung in den Jahren 1878-86 auf Anregung des Ingenieurs Humann (s. d.) dort veranstalteten Ausgrabungen getreten, welche nicht nur ein klares Licht über die Ausdehnung und die Bauwerke der alten Stadt verbreitet, sondern auch wertvolle Reste der Architektur und Skulptur aus der Attaliden- und römischen Zeit zu Tage gefördert haben, welche meist in das Berliner Museum übergegangen sind. Man unterscheidet eine Unterstadt und die Akropolis. In der erstern und ihrer Umgebung sind die Reste der Stadtmauer Eumenes' II., von Wasserleitungen, eines Theaters, eines Amphitheaters, eines Zirkus, eines Asklepiostempels, einer Thermenanlage (sogen. Basilika) u. a. gefunden worden. Den Glanzpunkt der Stadt bildete der Burgberg (s. Plan), ein geräumiges Hochplateau, welches in mehreren Terrassen emporstieg und eine große Zahl staatlicher Bauwerke enthielt. Hier befanden sich auf der untersten Terrasse ein Gymnasium, dann höher hinauf, auf der eigentlichen Akropolis, der Marktplatz (Agora), ein Tempel des

^[Abb.: Plan der Akropolis von Pergamon (1:14,000). 1) Dionysostempel, 2) Theater, 3) Ionischer Tempel, 4) Zeusaltar, 5) Athenetempel, 6) Byzantin. Kapelle, 7) Hallen, 8) Bibliothek, 9) Trajanstempel (Augusteum), 10) Tempel der Julia.]