Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Petrarca

917

Petrarca.

Avignon zurückgekehrt, richtete er ein drittes Gedicht an den Papst, worin er ihn zur Rückkehr nach Rom aufforderte, und erhielt dafür das Priorat von Migliarino in der Diözese Pisa. Von Ende Mai 1342 bis Anfang September 1343 hielt sich P. teils in Avignon, teils in Vaucluse auf und vollendete in diesem Zeitraum eins seiner bedeutendsten Werke, das gewöhnlich "De contemtu mundi libri III" überschrieben ist, von ihm selbst aber "Secretum suum" genannt wurde. Durch den Griechen Barlaam lernte er damals die Elemente der griechischen Sprache kennen. Im September 1343 unternahm er im Auftrag des Papstes und des Kardinals Colonna eine Reise nach Neapel und kehrte sodann über Verona, wo er ein Manuskript der Briefe Ciceros "Ad familiares" fand, und durch die Schweiz im Dezember 1345 nach Avignon zurück. Ein ihm vom Papst angetragenes Bistum schlug er aus, weil er "genug mit der Sorge um seine eigne Seele zu thun habe"; dagegen erhielt er im folgenden Jahr ein Kanonikat in Parma. Die Nachricht von der Erhebung des römischen Volkes gegen seine adligen Tyrannen und von der Ernennung Cola Rienzis zum Volkstribun begeisterte ihn zu einem Brief an den letztern und an das römische Volk, in welchem wir den Dichter in den Ideen des römischen Altertums schwärmen sehen. Da solche Gesinnungsäußerungen sein gutes Einvernehmen mit dem Kardinal Colonna trübten, begab sich P. 1347 nach Padua, wo er von Jacopo da Carrara 1348 ein Kanonikat erhielt, und lebte nun abwechselnd in Padua, Parma und Verona. In Parma erhielt er 1348 die Nachricht von dem Tod seiner Laura, welcher ihn in die tiefste Trauer versetzte. Das Jahr 1350, ein Jubeljahr, rief ihn nach Rom. Auf dem Weg dahin besuchte er zum erstenmal seine Vaterstadt Florenz, wo er mit Boccaccio innige Freundschaft schloß. In Padua ward ihm durch diesen ein Schreiben der Republik Florenz überreicht, worin ihm die Zurückgabe seiner väterlichen Güter angekündigt und er eingeladen ward, nach Florenz zu kommen, um an der neugestifteten Universität zu wirken. Da er aber den letztern Antrag ablehnte, so nahmen die Florentiner auch ihre Schenkung wieder zurück. Von Vaucluse aus, wohin er im Sommer 1351 zurückkehrt, nahm er sich Rienzis, der im Kerker schmachtete, eifrig an. Im Mai 1353 begab er sich wieder nach Italien, zunächst an den Hof des Erzbischofs von Mailand, Giovanni de' Visconti, und brachte fast zehn Jahre in und bei Mailand im engsten Verhältnis mit den Visconti zu, die ihn zu manchen Sendungen gebrauchten. Kaiser Karl IV. empfing ihn bei seinem Besuch in Italien überaus freundlich und unterhielt sich tagelang mit ihm; P. fand sich jedoch in seinen Erwartung von ihm getäuscht und schrieb einen Brief von großer Kühnheit an den Kaiser. Gerüchte, daß dieser einen neuen Zug nach Italien beabsichtige, veranlaßten 1355 eine Sendung Petrarcas an den kaiserlichen Hof zu Prag. Der Kaiser überschickte ihm infolgedessen das Diplom eines Pfalzgrafen in einer schönen goldenen Kapsel. Während seines Aufenthalts in Mailand schrieb P. die zwei Bücher "De remediis utriusque fortunae" für seinen Freund Azzo da Correggio, der zu Mantua als Verbannter lebte. Dieses Werk, so trivial es uns auch erscheint, machte zu seiner Zeit großes Aufsehen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. 1360 wurde P. eine Gesandtschaft an den König Johann von Frankreich übertragen; doch schlug er alle dringenden Einladungen desselben, in Paris zu bleiben, aus, wie er auch ähnliche Anträge des Kaisers ablehnte. Für die nächsten Jahre ward Padua sein ständiger Aufenthaltsort, und er verheiratet hier seine Tochter (P. hatte zwei Kinder von einer uns unbekannten Mutter) an einen Mailänder Edelmann, Francesco di Brossano. 1362 begab er sich nach Venedig, wo er seine Bücher einer zu bildenden öffentlichen Bibliothek der Republik vermachte, und zog sich dann (1370) in das Dorf Arquà am südlichen Abhang der Euganeischen Hügel zurück, wo er seine letzten Lebensjahre in der Familie seiner Tochter zubrachte. Hier starb er 18. Juli 1374, indem den über einen Folianten Hingebeugten ein Schlagfluß überraschte. Sein Schwiegersohn ließ ihm ein Monument von rotem Marmor errichten, welches 1567 mit des Dichters bronzener Büste geziert ward. 1818 wurde eine Marmorbüste Petrarcas don Rinaldo, einem Schüler Canovas, in der Kathedrale von Padua aufgestellt; eine Marmorstatue des Dichters (von Leoni) findet sich in Florenz. Sein 500jähriger Todestag ward 18. Juli 1874 in ganz Italien feierlich begangen.

Von Petrarcas zahlreichen lateinischen Schriften sind die "Eklogen", zwölf an der Zahl, mit großem Fleiß gearbeitet, allegorischen und zum Teil schwerverständlichen Inhalts. Eine korrekte Ausgabe derselben mit Übersetzung und Kommentar besorgte Rossetti (Mail. 1829). Sein großes Werk "De vitis virorum illustrium" enthält die Biographien von 31 berühmten Römern von Romulus bis Julius Cäsar (hrsg. von Schneider, Leipz. 1827). Die 4 Bücher "Rerum memorandarum" sind eine Sammlung von Anekdoten und interessanten Zügen, Worten und Thaten berühmter Männer alter und neuer Zeit. Das in den Augen des Dichters selbst und seiner Zeitgenossen wichtigste, in Wirklichkeit aber im ganzen trockne und phantasiearme Werk ist das epische Gedicht "Africa" (1342 vollendet), dessen Held Scipio Africanus der ältere ist, und von dem Fabio Maretti eine Übersetzung in Ottaven (Vened. 1570) verfaßte. Die "Epistolae" oder "Carmina", verschiedenen Inhalts und an verschiedene Personen gerichtet, gehören zu den anmutigsten und lehrreichsten Werken Petrarcas und klären uns viele seiner Lebensumstände auf. Eine korrekte Ausgabe besorgte zuerst Rossetti in den "Opere minori del P." Bedeutend sind ferner die drei Bücher "De contemtu mundi". Das höchst unbedeutende Werk "De remediis utriusque fortunae libri II" ward ebenfalls in mehrere Sprachen übersetzt. Unter allen lateinischen Werken Petrarcas nehmen die Briefe an Zahl und Umfang wie an Wichtigkeit für die Geschichte seiner Zeit den ersten Rang ein. In den verschiedenen Ausgaben der Werke Petrarcas pflegen sie in fünf Klassen geteilt zu sein: Familiarium, Variarum, Ad veteres illustres, Senilium und Sine titulo. Allein sind sie gedruckt Genf 1601; eine neue kritische Ausgabe der beiden ersten Klassen, mit manchen ungedruckten Briefen vermehrt, hat Fracassetti besorgt (Flor. 1859-67, 5 Bde.). Obwohl P. seinen Ruhm hauptsächlich auf diese seine lateinischen Werke gründete, so sind sie es doch nicht, die seinen Namen der Nachwelt überliefert haben, sondern seine nationallitterarische Bedeutung beruht auf den von ihm selbst gering geschätzte italienischen Gedichten, seinem Liederbuch (Canzoniere), das unter dem einfachen Titel: "Rime" seine Liebesgedichte (Kanzonen, Sonette, Sestinen, Balladen, Madrigale) enthält und für die italienische Lyrik in ebendem Grad fast ausschließlich tonangebend wie überhaupt für alle Zeiten ein poetischer Kanon der Liebesschwärmerei geworden ist. Daß die Provençalpoesie auf Petrarcas Lyrik Einfluß gehabt hat, ist