Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pflanzenkrankheiten

963

Pflanzenkrankheiten.

großer Menge vorkommt, daß der Hafer dadurch den Hülsenfrüchten sehr ähnlich wird. Die P. lösen sich wenig in reinem Wasser, leicht dagegen in Wasser, welches etwas Kalihydrat enthält, und in Lösungen von basisch phosphorsaurem Kali. Dies letztere Salz vermittelt auch die Lösung der P. in den Samen. Alle P. enthalten Phosphorsäure als wesentlichen Bestandteil und können in dem Zustand, in welchem sie in den Pflanzenkaseinen vorkommen, als Phosphorsäureverbindungen betrachtet werden. Aus ihren Lösungen werden die P. durch Zusatz von Säure, aber auch, wie der Käsestoff der Milch, durch Lab gefällt. Beim Kochen der Lösungen verwandeln sich die P. in eine in Säuren und Alkalien unlösliche Modifikation.

Pflanzenkrankheiten (hierzu die Tafel), alle diejenigen Zustände einer Pflanze, welche von den normalen Erscheinungen derselben Pflanzenspezies abweichen. Sie bilden den Gegenstand einer eignen Wissenschaft innerhalb der Botanik, der Pathologie der Pflanzen oder Phytopathologie. Ausgeschlossen bleiben davon die Mißbildungen, soweit sie nur zufällige Bildungsabweichungen, nicht der Ausdruck eines eigentlichen Leidens sind und den Gegenstand der Teratologie der Pflanzen ausmachen (s. Mißbildung, S. 676); jedoch ist die Grenze zwischen Mißbildungen und pathologischen Erscheinungen schwer zu ziehen, so daß vielfach auch die erstern zu den P. gezählt werden. Man pflegt die P. nach den krankmachenden Ursachen einzuteilen und gewinnt damit zugleich die richtige Vorstellung von dem Wesen der Krankheit und von den Mitteln zur Verhütung und Bekämpfung derselben. Viele P. werden bedingt durch den Einfluß der anorganischen Naturkräfte. Da alle chlorophyllhaltigen Pflanzen nur im Lichte die rohen Nährstoffe Kohlensäure und Wasser zu organischen Verbindungen zu assimilieren vermögen, so wird durch dauernde Entziehung des Lichts oder ungenügende Beleuchtung ihre Ernährung gehindert (vgl. Etiolement). Hierauf beruht zum wesentlichen Teil das sogen. Ersticken niedriger Pflanzen im Unkraut, wenn dieses rascher und höher wächst und beschattend wirkt, oder des Klees unter einer Deckfrucht, die Wirkung des dicht belaubten Hochwaldes auf das Unterholz und die niedere Vegetation des Waldbodens; auch das sogen. Lagern des Getreides ist vorzugsweise hierauf zurückzuführen. Die Temperatur hat auf das Wachstum der Pflanzen in der Weise Einfluß, daß letzteres bei einem für jede Spezies bestimmten Grad am lebhaftesten erfolgt, sich immer mehr verlangsamt, je weiter aufwärts und abwärts die Temperatur von diesem Punkt sich entfernt, um bei einer bestimmten obern und untern Grenze ganz zu unterbleiben, so lange als die Temperatur von diesem Punkt nicht wieder zurückgeht. Auch durch plötzliche Temperaturschwankungen wird das Wachstum verzögert, und die Chlorophyllbildung unterbleibt unterhalb und oberhalb bestimmter Temperaturgrade, auch wenn die Pflanze in genügender Beleuchtung sich befindet; daher das mangelhaft und langsame Ergrünen des neugebildeten Laubes besonders gewisser Sträucher bei andauernd kälter Witterung im Frühjahr. Noch weitere Erhöhung oder Abkühlung der Temperatur wirkt tödlich, jedoch tritt dabei wegen der ungleichen Empfindlichkeit der einzelnen Teile einer Pflanze häufig nur eine partielle Schädigung ein. Saftreiche und zarte Teile sind empfindlicher als wasserarme und härtere, daher die größere Widerstandskraft der trocknen Samen und der Holzpflanzen im Winter. Pflanzen, welche aus wärmern Klimaten stammen, werden schon durch Abkühlung auf einige Grade über dem Gefrierpunkt getötet. Unsre einheimischen erfrieren erst bei Temperaturen unter 0° C., aber dabei ist nicht die niedrige Temperatur an und für sich tödlich, sondern ein zu rascher Übergang des gefrornen Zustandes der Pflanzensäfte in den aufgetauten; denn gefrorne Pflanzen bleiben am Leben, wenn jener Übergang infolge gewisser Umstände sehr allmählich vollzogen wird (Einlegen in eiskaltes Wasser, Umgeben mit schlechten Wärmeleitern, Schneedecke und Erdboden gewähren Schutz für die darunter befindlichen Pflanzenteile). Verminderung des Wasserdunstgehalts der Luft kann für die Pflanzen verderblich werden, insofern dadurch die Verdunstung gesteigert wird und, wenn dieselbe, zumal bei Trockenheit des Bodens, größer wird als die gleichzeitige Wasseraufnahme durch die Wurzeln, eine Verarmung des Körpers an Wasser eintritt. Dagegen wirkt eine Sättigung der Luft mit Wasserdunst, wodurch die Transpiration aufgehoben wird, nur insofern nachteilig, als dabei eine geringere Menge Nährstoffe aus dem Boden in die Pflanze übergeführt und somit die Gesamtstoffbildung derselben geringer wird als bei ungehinderter Verdunstung. Besonders ist hier noch der krankmachenden Wirkung zufällig in der Atmosphäre vorhandener giftiger Gase zu gedenken, wie sie sich zumal bei den Hüttenrauchschäden herausstellt. Schweflige Säure wirkt auf Klee, Kartoffeln, Hafer und verschiedene Gräser tödlich, wenn 1/40000 davon der Luft beigemengt ist und die Pflanzen nur zweimal täglich zwei Stunden lang solcher Luft ausgesetzt sind. Arsendampf hat sich dagegen als unschädlich erwiesen, ebenso der oft als den Pflanzen verderblich verschrieene Ruß für sich allein. Ebenfalls sehr schädlich wirken die Dämpfe von Salzsäure, Chlor, Schwefelwasserstoff u. a.; auch das aus Röhrenleitungen im Boden ausströmende Leuchtgas hat nach Versuchen Knys auf benachbarte Bäume tödlichen Einfluß. Von den Witterungserscheinungen haben die Pflanzen außer den mechanischen Schäden, welche durch Blitzschlag, Sturm, Hagel und Schneebruch verursacht werden, auch durch den Regen insofern zu leiden, als die Antheren der Blüten, wenn sie von Wasser benetzt sind, geschlossen bleiben und die aus ihnen entleerten Pollenkörner bersten, somit bei längerer Dauer des Regens die Befruchtung und daher Frucht- und Samenbildung vereitelt werden. Auch das sogen. Aufbringen voluminöser, fleischige Pflanzenteile ist eine Folge andauernder Benetzung mit Regenwasser, wenn dasselbe durch zufällige kleine Wundstellen eindringt und eine stärkere Spannung des Parenchyms hervorbringt. Die krankmachenden Einflüsse des Bodens können zunächst auf ungünstigen Mengenverhältnissen der für die Pflanze erforderlichen Stoffe beruhen. Die Folgen des ungenügenden Wassergehalts sind oben bereits angedeutet. Ist der Boden ganz mit Wasser gesättigt, so gestatten die mit Wasser erfüllten Poren des Bodens der zur Atmung nötigen Luft nicht mehr genügenden Zutritt zu den Wurzeln, bez. den ausgesäeten Samen, und es tritt Fäulnis ein. Fehlen einzelne der notwendigen Nährstoffe (s. Ernährung der Pflanzen), so zeigt sich eine auffallend kümmerliche Gesamtentwickelung der Pflanze; Mangel an Eisen im Boden erzeugt Gelbsucht, weil dasselbe zur Bildung des Chlorophylls unentbehrlich ist. Aber auch physikalische Verhältnisse, welche auf die Porosität, auf das verschiedene Verhalten der Bodenarten zum Wasser und auf die Temperaturverhältnisse derselben Einfluß haben, sind für die Pflanzen von Wichtigkeit.