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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Phanar und Phanarioten; Phanerobranchĭa; Phanerogāmen; Phaneromēr; Phänologie

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Phanar - Phänologie.

so schnell nach dem vorhergehenden, daß der Eindruck, den dieses hervorgebracht hat, fortbesteht, bis der folgende Eindruck an seine Stelle tritt. Indem so die Bilder der aufeinander folgenden Stellungen kontinuierlich ineinander übergehen, glaubt man unter der obersten Öffnung ein Pendel schwingen zu sehen; da jedes Bild der Scheibe ebenso durch die ihm folgenden abgelöst wird, so sieht man nicht nur das oberste, sondern sämtliche Pendelbilder gleichzeitig in schwingender Bewegung. Eine andre Form des Phänakistoskops ist der stroboskopische Cylinder oder das Lebensrad (Zoetrop, Dädaleum, Fig. 2). Ein um seine Achse drehbarer, oben offener Cylinder aus Pappe ist nahe seinem obern Rand mit zwölf Schlitzen versehen; zwölf Bilder befinden sich auf einem Papierstreifen, welchen man in den Cylinder unter den Schlitzen so hineinlegt, daß er sich der Wandung anschmiegt. Diese Einrichtung macht den Spiegel entbehrlich und hat den Vorzug, daß mehrere Personen zugleich von verschiedenen Seiten durch die Schlitze hineinsehen und die Bild erstreben rasch gewechselt werden können. Da sich auf diese Weise Bewegungen von Menschen und Tieren sehr täuschend darstellen lassen, so ist das P., namentlich in seiner letztern Form, ein beliebtes Spielzeug. Man kann die Bewegungen der Figuren einer stroboskopischen Scheibe einer größern Anzahl von Beobachtern gleichzeitig sichtbar machen, wenn man ein gegen die Hinterseite der Scheibe gelenktes helles Lichtbündel (Sonnenlicht, elektrisches oder Drummondsches Licht) durch eine Linse auf einem der Löcher ihres Randes konzentriert und den aus der Öffnung tretenden Strahlenkegel durch einen kleinen, gegen die Achse des Kegels entsprechend geneigten Spiegel auf die Vorderseite der Scheibe zurückwirft.

^[Abb.: Fig. 2. Stroboskopischer Cylinder.]

Phanar und Phanarioten, s. Fanar.

Phanerobranchĭa (Kiemenlurche), Familie aus der Ordnung der Schwanzlurche (s. d.).

Phanerogāmen (Phanerogamae, griech., "Sichtbar-ehige"; Blütenpflanzen), alle mit eigentlichen Blüten versehenen Gewächse, im Gegensatz zu den Kryptogamen, welche keine Blüten besitzen; treffender alle diejenigen Pflanzen, welche Samen und in denselben eine neue, noch unentwickelte Pflanze (Embryo) erzeugen, wodurch sie sich von den Kryptogamen unterscheiden, deren Fortpflanzungsorgane (Sporen) keinen Embryo enthalten. Die Samen, welche die Anlage der künftigen Pflanze meist schon in allen wesentlichen Organen, als Wurzel, Stengel und Blatt, vorgebildet aufweisen, sind ein Erzeugnis der Blüten, der Embryo ein Produkt der in den Blüten vorhandenen Geschlechtszellen. Bei den vollkommensten Kryptogamen, die den P. am nächsten stehen, wird die geschichtliche Generation erst nach der Keimung der Sporen, also noch nicht an der mütterlichen Pflanze, erreicht; wir sehen die Makro- und Mikrosporen bei ihrer Keimung die geschlechtlichen Zellen entwickeln, deren Produkt der Embryo ist. Bei den P. ist die Geschlechtsgeneration schon auf die mütterliche Pflanze zurückverlegt, indem die (männlichen) Mikrosporen hier als Pollenzellen der Staubgefäße in den Blüten, die (weiblichen) Makrosporen als Embryosäcke in den Samenknospen auftreten und auch die Ausbildung des Geschlechtsproduktes (Embryos) noch in die Lebenssphäre der mütterlichen Pflanze hereingenommen ist (vgl. Geschlechterorgane und Fortpflanzung der Pflanzen). Da die Bildung der männlichen Zellen bei den P. überall an gewisse eigentümlich metamorphosierte Blattorgane (Staubgefäße) geknüpft ist und die weiblichen Zellen ebenso allgemein in den Samenknospen entstehen, die metamorphosiert Haarbildungen (Emergenzen) nach Strasburger, umgewandelt Blätter oder Blattfiedern nach andern Botanikern darstellen, so ist durch das eben angedeutete Verhältnis auch die allgemeine Existenz der Blüten, deren wesentliche Teile eben Staubgefäße und Samenknospen sind, gegeben. Die P. sind die vollkommensten und in den Schöpfungsperioden erst nach den Kryptogamen aufgetretenen Pflanzen. Sie sind überdies vor diesen durch die vollkommene und meist reichgegliederte Metamorphose der Stengel- und Blattorgane ausgezeichnet, die in der Existenz von Nieder-, Laub- und Hochblättern, welche ebenfalls den Kryptogamen fehlen, und weiterhin in den Blüten ihren Ausdruck findet. Die P. zerfallen zunächst in die Gymnospermen und Angiospermen (s. d.). Im Linnéschen Pflanzensystem bezeichnet Phanerogamia die ganze, 23 Klassen enthaltende erste Abteilung, welche von den P. gebildet wird (s. Pflanzensystem).

Phaneromēr (griech.), Bezeichnung für ein Gestein, dessen Gemengteile mit bloßen Augen erkennbar sind, im Gegensatz zu kryptomer (derb, dicht). Kryptomere Gesteine, die sich unter dem Mikroskop als deutlich gemengt auflösen, nennt man auch mikromer (Gegensatz makromer, von gleicher Bedeutung wie p.).

Phänologie (griech.), die Wissenschaft von der Abhängigkeit der verschiedenen Entwickelungsstufen im Pflanzen- und Tierleben von den klimatischen Verhältnissen. Die ersten phänologischen Beobachtungen wurden von Linné angestellt; er schlug vor, aus diesen und klimatologischen Beobachtungen einen Pflanzenkalender für verschiedene Orte zu entwerfen und die Abhängigkeit der Pflanzenentwickelung von den klimatischen Verhältnissen zu bestimmen. Infolge seiner Anregung fanden die phänologischen Beobachtungen anfänglich eine weite Verbreitung, bald aber trat ein Stillstand ein, und erst Quételet gelang es, an etwa 80 Orten in den verschiedensten Ländern Europas Beobachter zu gewinnen, deren Aufzeichnungen veröffentlicht wurden, so daß er bereits über eine größere Zahl von vieljährigen Beobachtungsreihen (die längste für Brüssel umfaßte 34 Jahre) verfügte. Quételet führte den Namen P. ein und entwarf eine Instruktion zur Anstellung derartiger Beobachtungen. Sein Streben, eine internationale Instruktion zu vereinbaren, ist trotz mehrfacher Anregung auch bis heute nicht in Erfüllung gegangen. Nach Quételet traten später auch Göppert, Fritsch und namentlich Hoffmann in Gießen für eine größere Verbreitung von phänologischen Beobachtungen ein. Fritsch entwarf 1853 seine erste Instruktion, die später zwar mehrfach vereinfacht wurde, in der aber bereits besonderes Gewicht auf die Beobachtung der ersten Blüte und der ersten Fruchtreife gelegt war. In der neuesten Zeit gewannen in Deutschland die phänologischen Beobachtungen dadurch wesentlich an Verbreitung, daß der Verein deutscher forstlicher Versuchsanstalten 1884 eine Instruktion für forstlich-phänologische Beobachtungen aufstellte und beschloß, derartige Beobachtungen an einer