538
Radendistel - Räderwerke.
fertigung der von den Gelehrten mißkannten, verstandesrechten Erfahrungsheillehre der alten scheidekünstigen Geheimärzte" (4. Ausg., Berl. 1852, 2 Bde.). Vgl. Jürgensen, Die wissenschaftliche Heilkunde und ihre Widersacher (Leipz. 1877).
Radendistel, s. Eryngium.
Radenhausen, Christian, philosoph. Schriftsteller, geb. 3. Dez. 1813 zu Friedrichstadt a. d. Eider, widmete sich dem Kaufmannsstand, wurde dann Lithograph, schließlich Ingenieur, privatisiert in Hamburg. R. hat (anfangs anonym) auf Grund eingehender geschichtlicher und kulturhistorischer Studien und mit Verwertung der neuesten Forschungen auf den verschiedenen Gebieten der Naturwissenschaft eine Anzahl naturphilosophischer Schriften veröffentlicht, die einen weiten Leserkreis fanden. Es sind: "Isis, der Mensch und die Welt" (Hamb. 1863, 4 Bde.; 2. Aufl., das. 1872); "Die Bibel wider den Glauben" (das. 1865); "Osiris, Weltgesetze in der Erdgeschichte" (das. 1876, 3 Bde.; Bd. 3 u. d. T.: "Mikrokosmos, der Mensch als Welt im kleinen"); ferner: "Zum neuen Glauben" (das. 1877); "Christentum ist Heidentum, nicht Jesu Lehre" (das. 1881); "Die Sozialdemokratie" (das. 1885); "Esther. Die semitische Unmoral im Kampf wider Staat und Kirche" (Leipz. 1887).
Radenkorn, s. Gichtkorn.
Räder, Gustav, Schauspieler und Bühnendichter, geb. 22. April 1810 zu Breslau, wirkte als ausgezeichneter Komiker an verschiedenen Theatern, erhielt 1833 Engagement in Hamburg und war seit 1838 beliebtes Mitglied der Dresdener Hofbühne. Er starb 16. Juli 1868 im Bade Teplitz. Als Dichter machte er sich durch eine Reihe von Zauberpossen und Singspielen bekannt, von denen einzelne, wie "Robert und Bertram", "Der Weltumsegler wider Willen", "Der artesische Brunnen", "Flick und Flock" etc., sehr populär wurden. Sie erschienen gesammelt unter den Titeln: "Komische Theaterstücke" (Dresd. 1859-67, 4 Bde.) und "Singspiele für kleinere Bühnen" (das. 1868, 3 Hefte). Auch gab er "Komische Kouplets" (Dresd. 1862-70, 5 Hefte) heraus.
Räderformmaschine, s. Zahnräder.
Rädergebackenes (Räderkuchen), ein Gebäck aus feinstem Nudelteig, welcher auf einem Brett möglichst dünn ausgerollt und mit einem Kuchenrädchen in Streifen zerschnitten wird. Diese Streifen werden dann ineinandergeschlagen zu Schleifen etc. und in siedendem Schmalz gebacken.
Rädergetriebe, s. Räderwerke.
Rädern (Strafe des Rades, Radebrechen), Strafe, mit welcher sonst, und zwar noch zu Anfang des 19. Jahrh., Mörder, Brandstifter, Straßen- und Kirchenräuber belegt zu werden pflegten. Sie war schon bei den Griechen und Römern gebräuchlich, und zwar band man den Verbrecher zwischen die Speichen eines Rades ausgestreckt fest und drehte dieses schnell um, bis jener seinen Geist aufgab. Später wurden dem Verbrecher die Glieder, erst die Unterschenkel und Vorderarme, dann die Oberschenkel und Oberarme (R. von unten), mit dem Rad zerstoßen oder zerbrochen und er dann auf das auf einen Pfahl gesteckte Rad gelegt, nachdem er in der Regel durch einen Stoß auf die Brust (Gnadenstoß) getötet oder auch wohl vor dem Zerstoßen erdrosselt worden war. Beim R. von oben wurden die ersten Stöße gegen den Kopf und die Halswirbelsäule gerichtet. Auch die Strafe des Schwerts wurde zuweilen dadurch geschärft, daß der Körper auf das Rad geflochten, der Kopf aber auf dem Pfahl befestigt wurde.
Rädersteinchen, s. Enkriniten.
Rädertiere (Rotatoria, Rotiferi), Klasse der Würmer, mikroskopisch kleine Wassertiere. Man unterscheidet an ihnen den die gesamten Eingeweide einschließenden Vorderleib und den fußartigen Hinterleib, der meist mit zwei zangenartig gegenüberstehenden Borsten oder Stielen endet und teils zur Befestigung, teils zur Bewegung dient. Am Kopfende befindet sich ein einziehbarer Wimperapparat (das sogen. Räderorgan), der in Thätigkeit wie ein rotierendes Rad aussieht und zur Herbeistrudelung der Nahrung dient. Vom Rücken aus läuft eine zweite Reihe sehr zarter Flimmercilien an beiden Seiten zu der Mundöffnung herab und leitet durch ihre Bewegungen die vom Räderorgan gesammelten festen Teilchen in den Mund. Die Verdauungsorgane bestehen aus einem Schlundkopf mit eigentümlichem Kieferapparat, einer engen Schlundröhre, einem bewimperten Chylusdarm und Enddarm. Ein besonderes Blutgefäßsystem fehlt ebenso wie der Atmungsapparat; letzterer wird durch die gesamte Haut ersetzt. Das Nervensystem besteht aus einem über dem Schlund gelegenen Ganglion und den davon ausstrahlenden Nerven; von Sinnesorganen sind Augen und wahrscheinlich Tastorgane vorhanden. Die Exkretionsorgane werden von zwei langen Kanälen, welche einerseits mit der Leibeshöhle, anderseits mit dem Enddarm in Verbindung stehen, gebildet. Die R. sind getrennten Geschlechts; die Männchen sind viel kleiner als die Weibchen, von abweichender Körperform und ohne Darm. Sie verlassen völlig ausgebildet das Ei, nehmen keine Nahrung ein und leben nur kurze Zeit. Die Weibchen erzeugen, wohl immer parthenogenetisch, dünnschalige Sommereier, aus welchen die Männchen hervorgehen, und befruchtete dickschalige Wintereier. Die Entwickelung verläuft ohne oder mit unbedeutender Metamorphose. Die R. bewohnen meist das süße Wasser, schwimmen frei umher oder legen sich mittels des zweizangigen Fußendes an festen Gegenständen vor Anker. Einige leben in Gallerthülsen und zarten Röhren, andre stecken mit ihrem Fußende in einer gemeinsamen Gallertkugel und sind zu einer schwimmenden Kolonie vereinigt, wenige leben parasitisch. Von Ehrenberg wurden sie mit den Infusorien zusammengeworfen, weil sie gleich diesen mikroskopisch klein sind und sich gewöhnlich in Gemeinschaft mit ihnen vorfinden. In neuerer Zeit hat man sie auch wohl zu den Arthropoden (Gliederfüßlern) gestellt, rechnet sie jedoch jetzt allgemein zu den Würmern. Vgl. Ehrenberg, Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen (Leipz. 1838); Leydig, Bau und Stellung der R. ("Zeitschr. für wissenschaftl. Zoologie", Bd. 6, 1854).
Räderwerke (Rädergetriebe), Verbindungen von Rädern und Radwellen (s. Rad) derart, daß sie zur Bewegungsübertragung von Welle zu Welle dienen. Sie beruhen in der Hauptsache auf dem Prinzip des Rades an der Welle (s. d.) und unterliegen daher im allgemeinen den Hebelgesetzen. Zu jedem Räderwerk gehören mindestens zwei mit je einem Rad versehene Wellen (sogen. Vorgelege), deren eine auf irgend eine Weise (z. B. vermittelst einer an ihr befestigten Kurbel) eine Drehbewegung empfängt und mit Hilfe ihres Rades (des treibenden Rades) auf das Rad der Nachbarwelle (das getriebene Rad) und somit auch auf diese überträgt. Die Kraftübertragung von Rad zu Rad geschieht entweder mittels ineinander greifender Vorsprünge (Kämme, Zähne) oder unter Anwendung eines künstlichen Druckes durch die Reibung der Radkränze, wonach man Zahn-^[folgende Seite]