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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Remy; Ren; Renaissance; Renaix; Renan

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Remy - Renan.

rent de R., Kammerherrn Napoleons I. (geb. 28. Aug. 1762, gest. 15. Mai 1823), ward 1802 der Kaiserin Josephine als Gesellschaftsdame beigegeben und erhielt später den Rang einer Palastdame. Nach ihrem Tod (16. Dez. 1821) veröffentlichte ihr Sohn aus ihrem Nachlaß den "Essai sur l'éducation des femmes" (1824, neue Ausg. 1842) und ihr Enkel Paul de R. (s. unten) "Mémoires de Madame de R." (1879-1880, 3 Bde.) und "Lettres" (1881, 2 Bde.). Die Memoiren geben über die Personen und das Leben am Hof Napoleons (1802-1808) höchst interessante Aufschlüsse; allerdings sind dieselben, da Frau v. R. ihr Tagebuch 1815 aus Angst vor Verfolgungen verbrannte, erst 1818 aus dem Gedächtnis niedergeschrieben, aber, da die Verfasserin mit Verständnis und Urteil den Ereignissen folgte und auf ihre Gründe und Ursachen zurückzugehen sich bemühte, dennoch von bedeutendem historischen Wert.

3) Paul Louis Etienne, Graf von, franz. Schriftsteller und Politiker, Sohn des vorigen, geb. 17. Nov. 1831 zu Paris, studierte die Rechte, widmete sich dann aber ausschließlich litterarischer Beschäftigung, wurde 1857 Mitredakteur des "Journal des Débats" und 1865 Mitglied des Stadtrats zu Toulouse. 1870 begleitete er Thiers auf seiner diplomatischen Rundreise an den Höfen Europas. Im Februar 1871 wurde er vom Departement Obergaronne in die Nationalversammlung gewählt, wo er seinen Platz im linken Zentrum nahm. Während sein Vater das Ministerium des Auswärtigen verwaltete, war er dessen Kabinettschef. Seit 1876 ist er Senator. Eine Auswahl seiner für die "Revue des Deux Mondes" geschriebenen Artikel erschien unter dem Titel: "Les sciences naturelles" (1857).

Remy, 1) Jules, Reisender, geb. 2. Sept. 1826 zu Châlons sur Marne, ward 1848 Lehrer der Naturgeschichte am Collège Rollin zu Paris und bereiste seit 1851 die Kanarischen Inseln, Südamerika und Polynesien. Auf den Sandwichinseln, wo er die Freundschaft des Königs Kamehameha III. gewann, verweilte er drei Jahre. Darauf begab er sich nach Kalifornien und an den Salzsee, besuchte nochmals Südamerika (Bolivia, Chile, Peru) und kehrte durch die Vereinigten Staaten nach Paris zurück. Außer einigen botanischen Schriften veröffentlichte er: "Ascension du Pichincha" (Châl. 1858); "Récits d'un vieux sauvage pour servir à l'histoire ancienne de Hawaii" (das. 1859); "Voyage aux pays des Mormons" (Par. 1860, 2 Bde.); "Ka Mooolelo Hawaii. Histoire de l'archipel havaiien" (Text und Übersetzung, das. 1862) u. a.

Ren (lat., Mehrzahl Renes), Niere; R. mobilis, Wanderniere; renal, die Nieren betreffend.

Renaissance (franz., spr. rönäßangs, "Wiedergeburt"), in der Kunstgeschichte Bezeichnung der seit dem Anfang des 15. Jahrh. aufgekommenen Kunstrichtung, welche die Wiedergeburt der alten Kunst im Anschluß an die Überreste derselben, besonders der Baudenkmäler, anstrebte. Brunellesco, Ghiberti und Donatello waren die Bahnbrecher dieser Richtung, welche jedoch schon im 13. und 14. Jahrh. in den Pisani, in Giotto u. a. Vorläufer gehabt hatte (Protorenaissance). Zur Nachahmung der antiken Kunst gesellte sich im 15. Jahrh. das Wiedererwachen des Naturgefühls, welches ein mächtiges Moment in der Entwickelungsgeschichte der R. ausmacht. Den ersten Abschnitt derselben in der italienischen Kunstgeschichte nennt man Frührenaissance (etwa bis 1500). Die Zeit von ca. 1500 bis 1560 bezeichnet man als Hochrenaissance und die folgende, etwa bis 1600 reichende Periode als Spätrenaissance, die allmählich bereits in den Barockstil übergeht. In Frankreich und Deutschland vermischte sich der antike Stil mit nationalen Elementen, welche in der ersten Epoche der R., der Frührenaissance, naturgemäß stärker hervortraten als in der zweiten Periode, der Spätrenaissance, welche die antiken Formen üppiger und kräftiger ausbildete und so zu den Übertreibungen des Barockstils führte. Während in Italien der Geist der R. alle drei Künste gleichmäßig durchdrang, sind in den übrigen Ländern nur Bau- und Bildhauerkunst von der Antike beeinflußt worden. Eine nationale Umwandlung hat die R. auch in den Niederlanden, in England und in Spanien erfahren. Näheres s. bei Baukunst (mit Tafeln XI u. XII), Bildhauerkunst und Malerei; ferner die Tafeln "Wohnhaus I" u. "Ornamente III". Nachdem die R. ihren letzten Ausläufer in der Kunst des Rokoko (s. d.) gefunden, erfolgte eine Reaktion durch strengen Anschluß an die römische und griechische Antike, welche man allmählich in ihrer Reinheit erkennen lernte. Die Nachahmung derselben (besonders durch Schinkel u. Klenze und ihre Nachfolger in Deutschland) führte aber schließlich zu übergroßer Nüchternheit, welche man seit dem Beginn der 60er Jahre durch erneuten Anschluß an die R. zu überwinden suchte. Die alleinige Herrschaft der R. in der Architektur und im Kunstgewerbe dauerte aber nur bis etwa 1880. Seit dieser Zeit machen sich wieder starke Neigungen für Barock- und Rokokokunst geltend. - Im weitern Sinne nennt man R. die Wiedergeburt des klassischen Altertums in seinem Einfluß auf die Wissenschaft, die Litteratur, die Gesellschaft, das Leben der vornehmen Kreise und die Entwickelung der Menschen zu individueller Freiheit im Gegensatz zu dem Ständewesen des Mittelalters. Vgl. außer den bei "Baukunst" etc. angeführten Werken: Burckhardt, Die Kultur der R. in Italien (4. Aufl., Leipz. 1885); Voigt, Die Wiederbelebung des klassischen Altertums (2. Aufl., Berl. 1880); Janitschek, Die Gesellschaft der R. in Italien (Stuttg. 1883); Biese, Die Entwickelung des Naturgefühls im Mittelalter und der Neuzeit (Leipz. 1887).

Renaix (spr. rönäh, vläm. Ronse, lat. Roturnacum), Stadt in der belg. Provinz Ostflandern, Arrondissement Oudenaarde, an der Eisenbahn Gent-St.-Ghislain, von welcher hier Linien nach Courtrai, Tournai und Lessines abzweigen, hat drei Kirchen (darunter die des heil. Hermes mit dessen Grabmal), eine höhere Knabenschule, ein geistliches Seminar, Zwirn-, Spitzen-, Tuch- und Wollzeugfabrikation, Brauerei, Tabaksbau und (1888) 16,003 Einw. Dabei die Ruine eines 1638 vom Grafen Johann von Nassau-Siegen erbauten Schlosses.

Renan (spr. ronang), Joseph Ernest, franz. Orientalist, geb. 27. Febr. 1823 zu Tréguier im Departement Côtes du Nord, gab den geistlichen Beruf, den er erwählt hatte, 1846 auf und widmete sich dem Studium der semitischen Sprachen. Seit 1856 Mitglied der Akademie der Inschriften, unternahm er 1860 im Auftrag der Regierung eine wissenschaftliche Reise nach Syrien, worüber er "Mission de Phénicie" (1874) veröffentlichte, und ward nach seiner Rückkehr 1862 zum Professor der hebräischen, chaldäischen und syrischen Sprache am Collège de France ernannt. Hatte er in verschiedenen wissenschaftlichen Werken Anstoß erregt, so rief er vollends durch sein allbekanntes Werk "Vie de Jesus" (Par. 1863, 2 Bde.; 13. Aufl. 1867; deutsch, 4. Aufl., Leipz. 1870) die allgemeinste Sensation hervor. Das Buch wurde in fast alle europäischen Sprachen übersetzt und veranlaßte