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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rhein

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Rhein (Mittel- und Unterlauf, Fischfang, Schiffahrt etc.)

Rheinthal wieder. Der ganze Mittellauf des Rheins hat eine Länge von 450 km. Unter den Nebenflüssen auf dieser Strecke sind die wichtigsten, in Baden: die Elz, Kinzig, Rench, Murg, Alb, Pfinz und der Neckar; in Elsaß-Lothringen: die Ill, Moder (Motter) und Sauer; in Rheinbayern: die Lauter und der Queich; zwischen Hessen und Preußen: rechts der Main und links die Nahe; in Preußen rechts: Lahn und Wied, links: Mosel, Nette und Ahr.

Von Bonn aus geht das Stromgebiet nach und nach in eine weit ausgedehnte Niederung des Flachlandes über, die bis zu den Mündungen reicht. Einige Stunden unter Emmerich betritt der Strom, westliche Richtung annehmend, niederländisches Gebiet. 1,5 km oberhalb der Sternschanze teilt er sich in zwei Arme, von welchen der linke Waal heißt. Diese nimmt zwei Dritteile seines Gewässers auf, vereinigt sich nachher zweimal mit der Maas, führt alsdann bis Dordrecht den Namen Merwede und mündet unter dem Namen Maas unweit Brielle in die Nordsee. Der rechte, kleinere Arm, auf kurzer Strecke Kanal von Pannerden genannt, teilt sich 4 km oberhalb Arnheim wiederum in zwei Arme. Von diesen fließt der rechte unter dem Namen Neue Yssel in dem Bette des Kanals, welchen Drusus behufs der Vereinigung des Rheins mit der Alten Yssel graben ließ, weiter bis Doesburg, wo er sich mit der letztern vereinigt, um sich in den Zuidersee zu ergießen. Der linke Arm fließt unter dem Namen R. der Waal ziemlich parallel bis Wyk bei Duurstede. Hier teilt er sich wiederum; links führt der Lek den größern Teil des Wassers zur Maas, mit deren einem Arm er sich oberhalb Rotterdam vereinigt; rechts geht der Krumme R. nach Utrecht, woselbst nochmals eine Teilung stattfindet: die Vecht, rechts, welche in den Zuidersee bei Muiden mündet, der Alte R., links, der über Leiden zur Nordsee (bei Katwyk) fließt. Der letztere, mehr einem Graben als einem Fluß ähnlich, verlor sich noch zu Anfang des 19. Jahrh. in dem Sande der Dünen, durch welche seit 1805 vermittelst eines Kanals mit großen Schleusenthoren ein künstlicher Ausweg zur See geschaffen worden ist (vgl. Niederlande, S. 140 f.). Im Unterlauf fließt der vielfach sich windende R. zwischen niedrigen Rändern, die oft so wenig über dem Wasserspiegel erhaben sind, daß das umliegende Land durch Deiche gegen Überschwemmung gesichert werden muß. In seinem Unterlauf nimmt er auf und zwar in Preußen: die Sieg, Wipper (Wupper), Ruhr, Emscher und Lippe (rechts), die Erft (links); in den Niederlanden: die Maas, welche in den Waal genannten Rheinarm fließt. Mehr oder minder schiffbar unter den Nebenflüssen des Rheins sind: die Aare, Ill, der Neckar, Main mit Regnitz, die Lahn, Mosel mit der Saar, die Erst, Ruhr, Lippe und Maas. Das Gefälle des Rheins wird, je mehr er sich der Mündung nähert, ein immer geringeres. Es liegen über dem Meer: der Ursprung des Vorderrheins 2344, der Ursprung des Hinterrheins 2216, der R. bei Reichenau 586, der Bodensee 398, der R. bei Basel 226, bei Mannheim 92, bei Mainz 82, bei Bingen 77, bei Köln 36, bei Emmerich 11 und bei Arnheim 9,5 m. Die Breite des Stroms beträgt bei Reichenau 51, an der Mündung in den Bodensee 65, bei Basel 206, bei Mannheim 330, bei Mainz 626, bei Koblenz 435, bei Köln 522, bei Wesel 616 und bei Emmerich 992 m; die Tiefe im normalen Zustand in der Oberrheinischen Tiefebene 1,5-6, zwischen Mainz und Köln 4-5, bei Düsseldorf sogar 16 m. Feste Rheinbrücken, durch die Eisenbahnen hervorgerufen, sind innerhalb des Deutschen Reichs zu Hüningen, Neuenburg, Neubreisach, Maxau, Germersheim, Mannheim, Mainz, Koblenz, Köln, Düsseldorf, Hochfeld u. Wesel. Außerdem bestehen noch mehrere Schiffbrücken und zahlreiche Fähranstalten. Das Stromgebiet des Rheins umfaßt 196,303 qkm (3565 QM.), seine Länge beträgt 1225 km, davon sind schiffbar 886 km, wovon 721 km innerhalb der deutschen Grenzen. Als Produkte des Rheins stehen obenan die Fische. Man fängt Salmen in demselben, die aus der See im Frühling stromaufwärts gehen. Ihr Hauptfang findet in der Gegend von Bacharach und St. Goar statt. Außerdem liefert der R. die sogen. Rheinstöre, Neunaugen, Hechte, Karpfen, oft zu 10 kg, in großer Anzahl. In neuester Zeit und ganz besonders seit dem Anschluß von Elsaß-Lothringen an das Deutsche Reich hat die Fischbrutanstalt zu Hüningen im Oberelsaß ganz außerordentlich für die Wiederbelebung des Rheins und seiner Nebenflüsse mit Fischen gesorgt. Der Sand führt etwas Gold mit sich, doch in so geringer Menge, daß der Ertrag die Arbeit nicht lohnt.

In merkantiler Beziehung ist der R. der wichtigste Strom Europas, obwohl er von andern, namentlich von der Donau und Wolga, an Länge weit übertroffen wird. Er durchströmt die bevölkertsten, industriellsten und reichsten Länder des Kontinents, mündet in eins der befahrensten Meere und steht durch schiffbare Nebenflüsse mit dem Innern Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und der Niederlande sowie durch den Ludwigskanal mit der Donau, durch den Rhein-Rhônekanal und durch den Rhein-Marnekanal, welche beide nach Straßburg führen, mit Süd- und Zentralfrankreich in Verbindung. Die Rheinschiffahrt war seit der Römerzeit durch die Erhebung von Zöllen behindert. Die erste Anregung zu freier Schiffahrt auf dem R. gab das französische Direktorium durch seine Abgeordneten auf dem Kongreß zu Rastatt; aber erst der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 beseitigte die bisherigen Rheinzölle und Transitabgaben von der Rheinschiffahrt. Hierauf wurde 15. Aug. 1804 zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich eine Oktroikonvention geschlossen, die aber keineswegs alle Mißstände beseitigte. Am 31. Okt. 1810 wurde von Napoleon die Rheinschiffahrt auch in Holland Beigegeben. Nach Napoleons Sturz wurde im Pariser Frieden (1814) von den verbündeten Mächten, demnach mit Ausschluß von Frankreich und den Niederlanden, zwar bestimmt, daß die Rheinschiffahrt von dem Punkt an, wo der R. schiffbar wird, bis in die See für alle Völker frei sein sollte; allein die niederländische Regierung legte der Ausführung dieser Bestimmung dadurch ein Hindernis in den Weg, daß sie durch einen Beschluß vom 23. Dez. 1813 die von Napoleon früher zugestandene Freiheit der Rheinschiffahrt aufhob. 1815 wurde auf dem Wiener Kongreß eine in 32 Artikeln abgefaßte und der Kongreßakte als integrierender Teil angehängte Rheinschiffahrtskonvention abgeschlossen, welche die Schiffahrt auf dem Rheinstrom in seinem ganzen Lauf bis in die See freigab und einem gleichförmigen Zoll unterwarf. Darauf begann die aus Vertretern sämtlicher Rheinuferstaaten bestehende Rheinschiffahrtszentralkommission 15. Aug. 1816 zu Mainz ihre Verhandlungen, die sich durch diplomatische Intrigen sehr in die Länge zogen. Erst im Herbst 1830 kam man über das Rheinschiffahrtsreglement überein, welches bis zum 17. Juni 1831 von allen Rheinuferstaaten ratifiziert ward. Die wichtigsten Bestimmungen desselben waren folgende: Aufhebung der Umschlagsrechte in Köln