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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ricke; Rickert; Ricord; Ricotti; Ricotti-Magnani; Ridderstad

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Ricke - Ridderstad.

seine Samen reift. Er wird bei uns als Zierpflanze in mehreren Varietäten kultiviert (16 verschiedene Typen, Unterarten) und bildet eine der schönsten Blattpflanzen für den Rasen. Die Blätter des R. dienen der bengalischen Seidenraupe (Bombyx Cynthia) als Futter, auf den Antillen und am Senegal gegen Migräne und zur Beförderung der Milchabsonderung. In Italien wird die Pflanze besonders hochgeschätzt (Palma Christi, römische oder indische Bohne, Höllenfeige, Sonnenkorn, Schaflaus, Ölkaffee, Pomadenbohne), und man kultiviert sie zu Florenz in Glashäusern, um auch im Winter Blätter davon zu haben. Die Samen (Purgier-, Brechkörner) schmecken herb und beißend scharf, sind giftig und enthalten gegen 40 Proz. fettes Öl, welches in Indien, Italien, Frankreich, Nordamerika durch Pressen dargestellt wird. Das offizinelle Rizinusöl (Christpalmöl, Kastoröl) ist farblos oder gelblich, durchsichtig, dickflüssig, geruchlos, schmeckt mild, hintennach etwas kratzend, spez. Gew. 0,95-0,97, erstarrt bei -18°, ist bei 20° mit starkem Alkohol und Äther mischbar, wird an der Luft ranzig, zäh und trocknet, besteht aus Glyceriden der sirupdicken, scharf kratzend schmeckenden Rizinölsäure und mehrerer fester Säuren, beginnt bei 265° zu kochen und zersetzt sich unter Bildung von Önanthol, Önanthsäure, Acrolein und einem schwammigen Rückstand, gibt, mit Kalilauge destilliert, Kaprylaldehyd, mit Salpetersäure Önanthylsäure. Es wirkt stark purgierend, doch ist die Ursache dieser Wirkung nicht bekannt. Man benutzt es als abführendes Mittel, als Schutzmittel gegen Motten, Ungeziefer, bei Hautkrankheiten etc., zu Seifen, Schmieren, als Haaröl, zu Collodium elasticum und besonders in der Türkischrotfärberei (in Form von rizinusölsaurem Natron), in Indien als Brennöl. Der R. war schon dem Herodot bekannt, zu dessen Zeiten das Öl in Ägypten vielfach als Brennöl und zu Salben benutzt wurde; der "Kürbis" vor Jonas' Hütte (Jonas 4, 6), den ein Wurm stach, daß er verdorrte, scheint ein R. gewesen zu sein, der in der That gegen Verletzungen sehr empfindlich ist, auch in Griechenland wurde die Pflanze, wie noch jetzt, unter dem Namen Kiki kultiviert; Theophrast nannte sie Croton, Dioskorides wandte die Samen als Abführmittel, das Öl äußerlich an. Auch Albertus Magnus kultivierte den R., und im 16. Jahrh. erscheint er als Gartenpflanze unter dem Namen R. oder Kik. Später kam die Pflanze in Vergessenheit, und erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde das Öl von Westindien aus wieder als Abführmittel empfohlen, um bald darauf allgemeine Anerkennung zu finden. 1870-71 exportierte Kalkutta 654,917 Gallons; außerdem kommt Rizinusöl aus Italien in den Handel, wo man die Pflanze besonders bei Verona und Legnago kultiviert, aber auch ostindische Samen preßt. - Großer Rizinussame, s. Jatropha.

Ricke, das weibliche Tier vom Reh (s. d.).

Rickert, Heinrich, Abgeordneter, geb. 1833 zu Danzig, widmete sich dem journalistischen Beruf, wurde erst Mitarbeiter, dann Redakteur und Besitzer der liberalen "Danziger Zeitung" und unbesoldeter Stadtrat in Danzig. 1870 ward er daselbst in das Abgeordnetenhaus, 1874 auch in den Reichstag gewählt und schloß sich in beiden Versammlungen, denen er noch jetzt angehört, der nationalliberalen Partei an. Durch eifriges Studium der Finanzverhältnisse sowie thätigen Anteil an den Verhandlungen über den Staatshaushalt in der Kommission und im Plenum erlangte er bald eine große Autorität in allen Finanzfragen und vermittelte in der Landtagssession 1878-79 die Verständigung mit dem Staatsministerium über die eventuelle Steuererleichterung in Preußen. Nach Einführung der neuen Provinzialverfassung ward er 1876 zum Landesdirektor der Provinz Preußen erwählt, legte jedoch nach der Teilung der Provinz 1878 sein Amt nieder. 1880 trat er aus der nationalliberalen Partei aus und schloß sich der liberalen Vereinigung (Sezessionisten) an. Seit deren Fusion mit der Fortschrittspartei (1884) ist R. einer der Führer der deutschen freisinnigen Partei.

Ricord, Philippe, Mediziner, geb. 10. Dez. 1800 zu Baltimore, war 1831-60 Oberwundarzt am Hospital du Midi zu Paris und seiner Zeit wohl die erste Autorität unter den Syphilidologen, indem er in mehr als 40 Jahren und bei einem überaus großen Material Gelegenheit hatte, reiche Erfahrungen über Syphilis zu sammeln. Die schon von Bell den Anschauungen Hunters gegenüber aufgestellte Lehre, "daß der Scheiden- oder Harnröhrenausfluß eine von der Syphilis unabhängige Krankheit sei", hat er durch Experimente und mit Hilfe des Récamierschen Spekulums unwiderleglich festgestellt (1832). Von seinen zahlreichen Schriften nennen wir: "De l'emploi du speculum" (1833); "Traité des maladies vénériennes" (1838; deutsch von Müller, Leipz. 1838) und "Clinique iconographique de l'hôpital des vénériens" (1841-66, mit 66 Tafeln); "De l'ophthalmie blennorrhagique" (1842); "Lettres sur la syphilis" (1851, 3. Aufl. 1863; deutsch von Liman, Berl. 1851); "Leçons sur le chancre" (hrsg. von Fournier 1857, 2. Ausg. 1860). Seine "Pathologie und Therapie der venerischen Krankheiten" wurde nach seinen Vorträgen und Bemerkungen von Lippert (Hamb. 1846) und Türck (Wien 1846) bearbeitet.

Ricotti, Ercole, ital. Geschichtschreiber, geb. 12. Okt. 1816 zu Voghera, widmete sich zuerst dem Studium der mathematisch-technischen Wissenschaften, dann der Geschichte in Turin, ward wegen seines Werkes "Storia delle compagnie di ventura in Italia" (1844-45, 4 Bde.) 1846 Professor der Geschichte zu Turin, nahm als Kapitän im Geniekorps am Kriege gegen Österreich 1848 teil und fiel in österreichische Gefangenschaft. Nach zehnjährigem Kriegsdienst zu seinen Studien und auf seinen Lehrstuhl zurückgekehrt, veröffentlichte er seine "Storia della Monarchia piemontese" (1861-69, 6 Bde.), wurde ins Parlament gewählt, später zum Senator und 1878 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften ernannt. Nachdem er seine Vorlesungen an der Turiner Universität 1880 wegen Kränklichkeit eingestellt, starb er 24. Febr. 1883. Er schrieb ferner: "Della vita e degli scritti di Cesare Balbo", "Storia della costituzione inglese" und "Sopra la storia d'Italia dal basso impero ai comuni" (1848). Vgl. Manni, Ricordi di E. R. (Turin 1886); Ferrero, Della vita e degli scritti di E. R. (Flor. 1888).

Ricotti-Magnani (spr. -manjāni), Cesare, ital. General, geb. 6. Juni 1822, trat in die sardinische Artillerie, wurde 1859 Oberstleutnant im Generalstab, 1861 General und Kommandant der Provinz Neapel, befehligte 1866 eine Division, die bei Brescello von den Österreichern geschlagen wurde, ward darauf Militärkommandant in Parma und war 1870-1876 sowie 1884-87 Kriegsminister.

Ridderstad, Karl Fredrik, schwed. Schriftsteller, geb. 18. Okt. 1807, betrat zuerst die militärische Laufbahn, nahm jedoch 1840 seinen Abschied, um sich litterarischen Arbeiten zu widmen, und ließ sich in Linköping nieder, wo er seitdem eins der angesehen-^[folgende Seite]