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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rio de Janeiro

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Rio de Janeiro (Provinz und Stadt).

namigen Fluß, 400 m ü. M. und an der Eisenbahn von Rosario nach Mendoza, hat eine große Kaserne, ein Karmeliterkloster und (1887) 11,649 Einw.

Rio de Janeiro (spr. riŭ dĕ schanē-irŭ), brasil. Küstenprovinz, liegt zwischen Espirito Santo, Minas Geraës und São Paulo und umfaßt (ohne das neutrale Munizipium der Stadt R.) 68,982 qkm (1252,8 QM.). Nur an der ziemlich reichgegliederten Küste kommt teilweise sumpfiges Tiefland vor, und dort liegen auch einige fischreiche Haffe. Das Innere ist Bergland und steigt in der Serra dos Organos (s. Orgelgebirge) 1750 m, im äußersten Westen, in der Serra de Mantiquera, bis 2712 m an. Der Parahyba do Sul ist der bedeutendste Fluß. Das Klima ist an der Küste feucht, auf dem Hochland aber lieblich und gesund. Die Urwälder, welche ursprünglich fast die ganze Provinz bedeckten, sind sehr gelichtet worden, liefern aber noch immer Palisander- und andre wertvolle Bauhölzer, Farbholz, Sassaparille, Ipekakuanha und andre Droguen. Eisen, Kaolin, Marmor und andre Bausteine kommen vor. Die Zahl der Bewohner war 1885: 938,831, mit Einschluß von 263,755 Sklaven, welche 1888 befreit wurden. Wohl vier Fünfteile derselben haben Negerblut in ihren Adern. Die Zahl der Deutschen und ihrer im Land gebornen Nachkommen schätzt man auf 15-20,000. Kaffee ist Hauptprodukt des Landbaues und daneben auch Zucker und Baumwolle. Auch der Gemüsebau blüht, aber die Viehzucht ist ungenügend. Die Industrie erstreckt sich auf Zuckersiederei, Brennerei, Brauerei, Baumwollweberei, Fabrikation von Hüten, Zigarren und Konserven. Der Handel geht fast ganz durch die Hauptstadt, und denselben fördern ein ausgedehntes Eisenbahnnetz sowohl als mehrere gute Landstraßen. Hauptstadt ist Nictheroy (s. d.).

Rio de Janeiro (spr. riŭ dĕ schanē-irŭ, São Sebastião do R., gewöhnlich bloß Rio genannt), Hauptstadt des Kaisertums Brasilien, liegt am westlichen Ufer der gleichnamigen Bai des Atlantischen Ozeans und gewährt, vom Meer aus gesehen, einen außerordentlich schönen Anblick. Die inselreiche Bai, welche sich bis tief in das Land hinein erstreckt, ist ringsum von hohen, malerischen Bergen eingefaßt, die sich amphitheatralisch erheben. Ihr Eingang, der nur 1600 m breit ist, befindet sich im S. zwischen zwei nackten Granitfelsen, von welchen der steile, 387 m hohe São de Açucar ("Zuckerhut") mit dem an seinem Fuß liegenden Fort São João die linke (westliche) Seite und der Pico (228 m), auf der östlichen Landzunge liegend, mit dem Fort Santa Cruz die rechte Seite bilden. Schon innerhalb der Bai liegt ein niedriges Felseneiland mit dem Fort Lage, wo einlaufende Schiffe von den Beamten der Gesundheitspolizei empfangen werden. Die Bai von R. liegt nun vor uns. Sie ist 22 km breit und ebenso tief und bildet einen der schönsten, geräumigsten und sichersten Häfen der Welt; nur die aus NW. kommenden Böen (terraes altos) sind den Schiffen manchmal gefährlich und reißen sie von ihren Ankern. Malerische Hügel umgeben die Bai auf allen Seiten und treten stellenweise bis dicht ans Ufer heran. Im W. erhebt sich der bewaldete Alto do Corcovado (712 m); hinter ihm steigt die sonderbare Gestalt der La Gabia an, und ihr schließen sich die Höhen von Tijuca an. Weiter entfernt liegen die Serras de Viuva, de Tingua, de Estrella und dos Orgãos. Unter den Inseln ist die im nordwestlichen Winkel liegende Ilha do Governador die größte. Außer der Hauptstadt liegen an der Bai noch Nictheroy (s. d.) an der Ostseite, Mauá im Hintergrund und zahlreiche kleinere Orte. Beim Einsegeln in die Bai breitet sich vor uns das anmutige Bild der Kaiserstadt mit ihrem Häusermeer, ihren an die umliegenden Hügel sich anklammernden, von der üppigsten Vegetation umgebenen Villen auf. Zur Linken erstrecken sich die gartenreichen Vorstädte bis in den Hintergrund der Botafogobai. Nördlich von ihr entsteigt der liebliche Bananen- und Palmenhügel Morro da Gloria (52 m) dem Meer, an dessen Abhang ein kleines Kirchlein hervorblinkt. Vor uns liegt die Insel Villegagnon mit ihrem Fort, und hinter ihr erhebt sich der Morro do Castello (63 m) mit der ältesten Kirche der Stadt, in welcher der Gründer derselben begraben liegt, und der Sternwarte (22° 53' 51'' südl. Br., 43° 3' 39'' westl. L. v. Gr.). An seinem Fuß liegen die stattlichen Gebäude der Santa Casa de Misericordia, und nach O. hin läuft derselbe in die scharfe Punta do Calabouço aus, mit dem Kriegsarsenal und einem Leuchtturm. Hier fängt das eigentliche R. an, dessen nordöstliche, von Kais eingefaßte Fassade von den auf der Ilha das Cobras liegenden Batterien bestrichen wird. Auf dieser Insel liegt das große Seearsenal mit Werften und Docks, und Kriegsschiffe ankern gewöhnlich südöstlich von ihr, während Handelsschiffe sich dem erwähnten Kai mit Zollhaus zu nähern suchen oder im N. der Stadt vor Anker gehen. R. besteht aus einer Altstadt, einer seit 1808 entstandene Neustadt und zahlreichen Vorstädten: Altstadt wie Neustadt sind auf der Nord- wie auf der Südseite von Morros eingefaßt, auf deren Höhen sich meist Kirchen oder Klöster erheben. Das Innere der Altstadt entspricht kaum den durch ihre malerischen Umgebungen erregten Erwartungen. Die Straßen sind eng und nicht immer reinlich, die aus Granit gebauten und mit Ziegeln gedeckten Häuser schmal und ohne architektonischen Schmuck, die öffentlichen Gebäude nur in seltenen Fällen bemerkenswert und auch die mehrenteils im Stil der Jesuiten errichteten Kirchen den Kirchen in andern amerikanischen Städten kaum ebenbürtig. Dagegen muß rühmend anerkannt werden, daß die Stadt kanalisiert und durch drei Wasserleitungen vom Corcovado und der Serra da Tijuca hinreichend mit Wasser versehen ist. Die bedeutendste dieser Leitungen ist die von Carioca, schon 1750 vollendet und teilweise über eine doppelte Bogenreihe hingeführt. Auch ist die Stadt glänzend mit Gas beleuchtet, hat eine gut organisierte Polizei und

^[Abb.: Situationskärtchen von Rio de Janeiro.]