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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rom

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Rom (Geschichte der Stadt 1238-1580).

zur Unterwerfung, zog 1238 wieder in R. ein und brach die Burgen der ihm feindlichen Adelspartei. Als die Päpste während des neuen Kampfes mit dem Kaiser R. wieder verließen, riß der Senator Brancaleone dort die Gewalt an sich und hielt durch grausame Strenge den Adel im Zaum. Er ließ 140 Adelstürme niederreißen, welche zum Teil auf antiken Monumenten erbaut waren, wobei diese zu Grunde gingen. Nach seinem Tod (1258) entstanden wieder heftige Parteikämpfe: die Ghibellinen riefen Manfred von Sizilien zum Senator aus, die Guelfen Karl von Anjou, welcher 1264 durch Prosenatoren vom Kapitol Besitz ergriff und bis 1278 mit Strenge über R. herrschte. Seitdem ernannten die Päpste die Senatoren.

Unter Bonifacius VIII. ward 1300 in R. das erste Jubeljahr gefeiert. Als dieser Papst mit Philipp IV. von Frankreich in Streit geriet, unterlag das Papsttum, und Bonifacius' Nachfolger Clemens V. verlegte 1309 die Residenz der Päpste nach Avignon. In R. brachen nun von neuem die blutigsten Kämpfe zwischen Adel und Volk aus, die Stadt verödete und verfiel mehr und mehr. Der Traum edler Männer, wie Dantes und Petrarcas, R. könne sich auch ohne die Päpste wieder erheben und die Hauptstadt einer neuen Universalmonarchie werden, erwies sich als unmöglich. Der abenteuerliche Versuch Cola di Rienzis (s. d.) hatte anfangs Erfolg, weil die ideelle Macht des alten Römertums ihn und das Volk einige Zeit mit Begeisterung und reiner Hingebung erfüllte; aber bald scheiterte er an den thatsächlichen Verhältnissen, und Rienzi selbst endete 1354 als weichlicher Tyrann. In den blutigen Parteifehden ward allerdings das Haus Colonna fast vernichtet und die Macht des Feudaladels gebrochen. Der Kardinallegat Albornoz (seit 1357) war daher im stande, mit Hilfe von Söldnern die Ruhe herzustellen, den Fehden ein Ende zu machen und 1362 die Herrschaft des Papstes wieder aufzurichten. 1367 zog Urban V. wieder in R. ein, dessen Einwohnerzahl auf 17,000 herabgesunken war. Das Schisma (1378) verwickelte R. wieder in die Kämpfe zwischen Papst und Gegenpapst. Die Colonna und die Orsini stritten sich um die Gewalt in der Stadt, welche mehreremal von Wladislaw von Neapel erobert und durch die Pest verheert wurde. Endlich ward durch die Wahl Martins V., eines Colonna, zum Papst auf dem Konzil zu Konstanz 1417, welche dem Schisma ein Ende machte, auch in R. Ruhe und Friede wiederhergestellt.

Eine neue Zeit begann jetzt für R., das in die Bewegung der Renaissance mit eintrat und durch die Anziehungskraft seiner antiken Monumente und die Fürsorge der Päpste zum Mittelpunkt derselben wurde. Die Stadt bot allerdings bei Martins V. Rückkehr ein Bild trauriger Verödung dar: nur die Tiberufer waren bewohnt, die engen Straßen waren nicht gepflastert, das Vieh lief wie auf dem Dorf umher, das Kapitol diente Ziegen, das Forum Kühen zum Weideplatz, die Peterskirche drohte einzustürzen. Indes Eugenius' IV. Legaten Vitelleschi gelang es, die großen Barone in Latium zu unterwerfen und die Autorität des Papstes in R. wiederherstellen, und unter Nikolaus V. begann in R. die Kultur der Renaissance: Baumeister und Maler wurden berufen, die Mauern, Brücken und Brunnen wurden wiederhergestellt, Kirchen restauriert und mit Malereien geschmückt; der Bau des Vatikans begonnen und die vatikanische Bibliothek begründet. Pius II., einer der gebildeten Humanisten, belegte die Beschädigungen der antiken Monumente mit kirchlichen und weltlichen Strafen. Unter Paul II., welcher die Karnevalszüge von der Piazza Navona nach dem Corso verlegte, wurde der venezianische Palast erbaut und ließen sich die ersten Buchdrucker in R. nieder. Die Humanisten gründeten die Accademia Romana. Besonders Sixtus IV. gestaltete die Stadt durch zahlreiche Bauten (Ponte Sisto, Sixtinische Kapelle und viele Kirchen) und Erweiterung der Straßen um und steigerte den Glanz des päpstlichen Hofs. Unter Alexander VI. (1492-1505) flossen aus der ganzen Christenheit ungeheure Summen nach R. und dienten zur Ausschmückung der Stadt. Bramante baute mehrere seiner herrlichen Paläste, Pinturicchio schmückte den Vatikan mit seinen Malereien, Michelangelo besuchte damals zuerst R. Neben der Pracht und Verschwendung des Vatikans, der päpstlichen Nepoten, der Kirchenfürsten und Barone lebte freilich die Masse des Volkes in Armut und Elend. Unter Julius II. (1503-13), welcher Italien unter dem Papsttum einigen und R. auch zur politischen Hauptstadt Italiens machen wollte, wurde der Bau der neuen Peterskirche nach Bramantes Plänen begonnen, Michelangelo mit der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle beauftragt, 1508 Raffael nach R. berufen und ihm die von Soddoma und Perugino angefangene Ausschmückung der Gemächer des Vatikans, der ein der Größe und Herrlichkeit der Kirche entsprechender Palast werden sollte, übertragen. Am herrlichsten entfaltete sich aber die Blüte der Renaissance unter dem Mediceer Leo X. Neben den Künsten kam auch die Wissenschaft zur Geltung, indem die Sapienza neu organisiert wurde. Die Päpste und Kirchenfürsten begünstigten und trieben selbst klassische Studien, und die Herrschaft über die Kirche und die Christenheit schien bloß deshalb eifersüchtig gewahrt und zur Ausbeutung der Gläubigen benutzt zu werden, damit mit den gewonnenen Reichtümern die heidnische Kunst und Wissenschaft gepflegt und R. zum prachtvollsten Herrschersitz umgeschaffen werde. Die Einwohnerzahl stieg auf 50,000. Die Tribute des gläubigen Abendlandes wurden mitunter in glänzenden Festen verpraßt, daneben aber der Bau der Peterskirche fortgesetzt und der Leitung Raffaels unterstellt, der zugleich zum Oberintendanten der antiken Bauwerke Roms ernannt wurde; auch malte Raffael damals die Loggien des Vatikans. Clemens VII., der zweite Mediceer auf dem päpstlichen Stuhl, setzte Leos Werk fort, ließ das Jüngste Gericht in der Sixtina durch Michelangelo malen, Peruzzi baute unter ihm prächtige Paläste; aber die Einnahme und Plünderung Roms durch das deutsch-spanische Heer 1527 (Sacco di Roma) brachte eine Stockung in die großartige künstlerische Thätigkeit.

Unter Paul III. (1534-49) begann bereits die kirchliche Restauration, um die Hierarchie zum Kampf gegen den Protestantismus zu befähigen, und der Humanismus, das klassische Heidentum, wurde aus R. verbannt. Die Kunst, vor allem soweit sie sich in den Dienst der Kirche begab und diese verherrlichte, wurde aber weiter gepflegt: Michelangelo entwarf die Pläne zu den Palästen des Kapitols und zur Kuppel des Petersdoms, deren Modell 1558 unter Paul IV. vollendet wurde. Aber schon unter Pius V. (1566-72) hatte die streng kirchliche, kulturfeindliche Richtung, die Knechtung des Geistes, den Sieg davongetragen. Pius verbot alle öffentlichen Schauspiele, auch den Besuch der Osterien, führte strenge Sittengesetze ein und handhabte die Inquisition mit unnachsichtiger Härte. In der Architektur trat der Jesuitenstil an die Stelle der Renaissance, die Malerei