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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Römisches Reich

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Römisches Reich (Geschichte bis 201 v. Chr.).

tur, welche 367 für die Rechtspflege eingesetzt und den Patriziern vorbehalten worden war, mit einem Plebejer besetzt, und 300 erlangten die Plebejer endlich durch die Lex Ogulnia den Zugang zu dem Augurat und Pontifikat. Hiermit war hinsichtlich sämtlicher politisch bedeutender Ämter die völlige Gleichstellung der Plebejer mit den Patriziern erreicht. Aber auch hinsichtlich der Komitien gelangten die Plebejer zum Ziel, indem schon 339 durch die Publilischen Gesetze und noch einmal 286 durch die Lex Maenia und Hortensia wie für die Centuriat- so auch für die Tributkomitien die Notwendigkeit der Bestätigung ihrer Beschlüsse seitens der Kuriatkomitien aufgehoben wurde.

Nachdem die Gleichstellung der beiden Stände im wesentlichen erreicht worden war, zeigte sich das römische Volk nach außen kräftiger und mächtiger als je. Die wiederholten Angriffe der Gallier wurden siegreich zurückgeschlagen. Mit dem ersten Samniterkrieg (343-341) begannen die 70 Jahre dauernden Kriege, die von den Römern mit der größten Tapferkeit und Ausdauer geführt wurden und mit der völligen Unterwerfung von Mittel- und Unteritalien endeten. Nachdem der Konsul M. Valerius Corvus die Samniter am Berge Gaurus und bei Suessula besiegt hatte, wurde der Kampf mit ihnen durch den Latinischen Krieg (340-338) unterbrochen, in welchem die Latiner in der Schlacht am Vesuv durch die Konsuln T. Manlius Torquatus und P. Decius Mus besiegt und als Bürger lateinischen Rechts, die das Jus sine suffragio, das Bürgerrecht ohne Stimmrecht, d. h. die Pflichten, aber nicht die Rechte eines römischen Bürgers hatten, zu Unterthanen gemacht wurden. Mit den Samnitern brach der Krieg (zweiter Samniterkrieg) 326 von neuem aus, der sich Schritt für Schritt über die sämtlichen sabellischen Völker, über Etrurien und Umbrien verbreitete und unter mancherlei Wechselfällen bis 304 dauerte. Das Ergebnis desselben war, daß die Samniter, Lukaner, Apulier, Picenter, Päligner, Herniker, Etrusker und Umbrer unterworfen wurden und in das Verhältnis von Bundesgenossen (socii) zu Rom traten. Noch einmal kam der Krieg mit den meisten dieser Völker 298 zum Ausbruch (der dritte Samnitische Krieg, 298-290), und dieser Krieg nahm 295 eine besonders gefährliche Gestalt dadurch an, daß die Gallier sich mit den Etruskern, Samnitern und Umbrern verbanden; indessen auch diese Gefahr wurde glücklich durch die Schlacht bei Sentinum überwunden, in welcher die Römer, nachdem Decius, der Sohn des Konsuls vom J. 343, sich für das Vaterland geopfert, einen entscheidenden Sieg gewannen. Ein letzter großer Krieg (280-272) ging von Tarent aus, in welchem der König Pyrrhos von Epirus den Tarentinern mit einem mächtigen Heer zu Hilfe kam und die Römer bei Heraklea (280) und bei Asculum (279) besiegte, aber 275 bei Beneventum unterlag, worauf er Italien verließ und Tarent erobert wurde. Damit wurde die Unterwerfung von ganz Mittel- und Unteritalien vollendet und ein dichtes Netz von Kolonien, in denen römische Bürger und Latiner auf den Gebieten, die den besiegten Völkern abgenommen worden, angesiedelt und die durch Militärstraßen mit Rom verbunden wurden, gesichert.

Die Begründung von Roms Weltherrschaft (264-133).

Es folgte nun die Zeit der Blüte der Republik, wo im Innern, von einigen gegen Ende des Abschnitts bemerkbar werdenden Krankheitserscheinungen abgesehen, Eintracht und Vaterlandsliebe herrschten und das Volk durch Besiegung der mächtigsten Reiche rings um das Mittelmeer seine Weltherrschaft begründete. Durch die letzten Kriege hatte Rom eine außerordentliche Streitmacht erlangt; wenige Jahrzehnte später wird die waffenfähige Mannschaft, über die es zu gebieten hatte, von einem sachkundigen und zuverlässigen Geschichtschreiber auf mehr als 700,000 Mann berechnet. Bei dem ihm einwohnenden Herrschergeist konnte es nicht fehlen, daß es nach Unterwerfung Italiens zu Kriegen mit den jenseit desselben herrschenden Reichen fortgetrieben wurde. So entstand der erste Punische Krieg (264-241) mit Karthago, welches seit langer Zeit nach dem Besitz des benachbarten Sizilien strebte und eben jetzt sich den größten Teil der Insel unterworfen hatte. Dieser Krieg wurde zuerst auf Sizilien zu Lande geführt; 260 aber schufen sich die Römer in kürzester Frist eine Kriegsflotte, mit der sie unter Führung des Gajus Duilius den Seesieg bei Mylä gewannen; 256 wagten sie es nach einem zweiten großen Seesieg am Berg Ecnomus, den Krieg nach Afrika überzutragen, erlitten aber 255 eine völlige Niederlage, in der fast das ganze Heer vernichtet ward und der Anführer Regulus (s. d.) selbst in Gefangenschaft fiel; hierauf wurde der Krieg ohne Entscheidung fortgeführt, bis durch die patriotischen Beiträge der einzelnen Bürger, da die Staatskasse erschöpft war, von den Römern eine neue Flotte ausgerüstet wurde, welche die Karthager durch den Sieg bei den Ägatischen Inseln 241 zum Frieden zwang. Karthago mußte Sizilien abtreten und sich verpflichten, eine große Geldsumme zu bezahlen und sich jedes Angriffs auf römische Bundesgenossen zu enthalten. Die Römer machten Sizilien zu ihrer ersten Provinz, benutzten den Söldnerkrieg, in den die Karthager verwickelt waren, 238 dazu, um ihnen auch Sardinien zu entreißen, und begründeten durch die zwei Illyrischen Kriege (229-228 und 219) ihre Herrschaft in den dortigen Küstenländern. In einem mehrjährigen Kampf (225-222) besiegten sie darauf die Gallier Oberitaliens und legten in ihrem Gebiet die Kolonien Placentia und Cremona an. Als sie 219 von der Belagerung und dann von der Eroberung und Zerstörung Sagunts durch Hannibal hörten, schickten sie eine Gesandtschaft nach Karthago, welche die Auslieferung Hannibals verlangte und, als diese verweigert wurde, den Krieg erklärte. So kam es zum zweiten Punischen Krieg (218-201). Hannibals (s. d.) Absicht war auf die Vernichtung Roms gerichtet; aber seine Pläne wurden trotz der glänzenden Siege am Ticinus und an der Trebia (218), am Trasimenischen See (217) und bei Cannä (216) teils durch die unerschütterliche Standhaftigkeit, mit der die Römer immer neue, größere Streitkräfte zur Bekämpfung Hannibals aufboten, und durch die Treue ihrer meisten Bundesgenossen, teils dadurch vereitelt, daß die Versuche, ihm ein Heer aus Spanien zur Hilfe zuzuführen, lange Zeit scheiterten und endlich Hasdrubal, als er ein solches nach Italien gebracht hatte, 207 am Metaurus eine völlige Niederlage erlitt. Die römischen Waffen gewannen nun trotz aller Feldherrntalente Hannibals nach und nach auch in Italien das Übergewicht über ihn, und als P. Cornelius Scipio nach Afrika übersetzte und die bedrängten Karthager ihren großen Mitbürger aus Italien abriefen, ward dieser 202 bei Zama von Scipio völlig geschlagen. In dem Frieden, der 201 abgeschlossen wurde, mußten die Karthager auf alle Besitzungen außerhalb Afrikas, namentlich Spanien, das römische Provinz wurde, verzichten, 10,000 Talente (etwa 50 Mill. Mk.) bezahlen und alle Kriegsschiffe bis auf zehn ausliefern.