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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rose

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Rose (Pflanze).

die Bourbonrose (R. borbonica Red.), von der Insel Bourbon, ein Blendling mit der Damaszener R.; ebensolche Blendlinge sind auch die immer blühenden oder remontierenden Rosen (Herbstrosen), welche seit 1812 namentlich in Frankreich aus Samen herangezogen wurden. Eine besondere Gruppe der remontierenden Rosen sind die durch Farbenpracht und samtartigen Schimmer ausgezeichneten Rosomenen, zuerst von Vibert gezogen. Eine in Florenz um 1835 gezüchtete Varietät, die Manettirose, hat in England und Amerika große Wichtigkeit erlangt, weil man sie dort allgemein als Unterlage für feinere Sorten, die darauf sehr leicht anwachsen und sich vorzüglich entwickeln, benutzt. Auch in Frankreich wendet man sie an, während sie für unser Klima kaum hart genug ist.

7) Banksrosen, Sträucher mit aufrechtem, fast rankendem, in der Regel mit Stacheln besetztem Stengel, bleibenden Blättchen, borstenförmigen, nicht verwachsenen, oft rasch abfallenden Nebenblättern und in der Regel doldentraubig geordneten, nicht sehr großen Blüten. Banksrose (R. Banksiae R. Br.), mit völlig unbewehrten, mehr oder weniger rankenden Ästen, auf der Oberseite glänzenden, auf der Unterseite meist unbehaarten Blättchen, zeitig abfallenden Nebenblättern und in unregelmäßigen Dolden stehenden Blüten, in China und Japan, kam 1807 nach Europa, hält im wärmern Frankreich und in England im Freien aus, wird bei uns aber im Kalthaus kultiviert. Sie hat weiße oder gelbe, sehr wohlriechende, gefüllte Blüten; die gelbe Varietät besitzen wir erst seit 1827.

8) Einfachblätterige Rosen (Simplicifoliae), niedrige, aufrechte Sträucher mit einfachen Blättern und dottergelben Blüten. Die einfachblätterigen (R. simplicifolia Salisb., Lowea berberifolia Lindl.), ein Strauch mit aufrechtem, ästigem, behaartem und stachligem Stengel, einfachen, elliptischen, kurzgestielten Blättern, verwachsenen Nebenblättern und gelben Blüten mit braunrotem Fleck an der Basis jedes Blumenblattes, in Sibirien und Tatarei.

Man kultiviert gegenwärtig mehrere tausend Sorten von Rosen und hat diese aus den verhältnismäßig wenigen Arten hauptsächlich wohl durch Anzucht aus Samen erhalten. Die R. gehört zu den ungemein leicht variierenden Pflanzen, und die bei uns wild vorkommenden Arten zeigen zum großen Teil so viele unter dem Einfluß von Boden und Klima entstandene Zwischenformen, daß sie fast unmerklich ineinander übergehen. In derselben Weise variieren bei der Anzucht aus Samen auch die fremdländischen Arten, und die Neigung zum Variieren mußte bei diesen noch mehr hervortreten, nachdem sie aus ihrer Heimat in ein ganz fremdes Klima versetzt worden waren. Auch durch Kreuzung, d. h. durch künstliche Befruchtung der Blüten einer Spielart mit dem Blütenstaub einer andern, sowie durch Hybridisierung (wobei man die erwähnte Operation zwischen zwei verschiedenen Arten vornimmt) sind angeblich viele neue Sorten entstanden; aber gerade über diese letztern Vorgänge ist sehr wenig Sicheres bekannt, und die Zahl echter Hybriden oder Kreuzungen ist jedenfalls verhältnismäßig nur gering. Bei der Bildung der Hauptformen hat ohne Zweifel die Natur das meiste gethan, denn gerade die auffallendsten und besten Rosenarten sind nicht in Gärten entstanden, sondern in ihrem Vaterland entdeckt und in bereits abgeändertem Zustand zu uns gekommen (Zentifolie, Moosrose, Theerose etc.). Die R. gedeiht in jedem nahrhaften Gartenboden, am besten in etwas lehmigem Sandboden, in freier, sonniger, geschützter Lage. Die Vermehrung geschieht durch Absenker, Wurzelschößlinge, Stecklinge; zur Anzucht hochstämmiger Rosen benutzt man bei uns hauptsächlich die Hundsrose, am besten aus Samen erzogene Stämmchen, und veredelt diese durch Pelzen hinter der Rinde, Okulieren, Anplatten, Kopulieren und Absäugen. Bei eintretendem Frost biegt man die Stämme nieder und bedeckt sie mit Streu, Heidekraut, Laub, Moos, Fichtennadeln etc. Topfrosen überwintert man in einem hellen Haus bei 1-3°. Die zum Treiben bestimmten Rosen, kräftige zweijährige Ableger, pflanzt man im März in Töpfe, schneidet sie auf 3-5 Augen zurück, hält sie im Freien, in Erde eingesenkt, bis August feucht, kneift alle an den jungen Trieben erscheinenden Knospen ab, stellt sie Mitte August schattig und trocken und beginnt am besten erst zu treiben, nachdem die Stöcke einer Kälte von 4-6° ausgesetzt gewesen sind. Die getriebenen Rosen läßt man ein Jahr ruhen. Man treibt vorzugsweise die Remontanten, seltener die kleine Zentifolie, Moosrose, Bourbon-, Thee- und Noisetterose, häufig zum Abschneiden die gemeine Monatsrose.

[Geschichtliches.] Als Mittelpunkt für die geographische Ausbreitung der R. ist Zentralasien zu betrachten, wo auch die Wiege der indogermanischen Menschheit stand. Die Bekanntschaft mit der R. ist mithin uralt, und die frühste Kunde von der R. bezeugt bereits, welche Anerkennung ihre Schönheit gefunden. In Tschudengräbern, welche wenigstens 5000 Jahre vor unsrer Zeitrechnung zurückreichen sollen, fand man eine Münze mit dem Gepräge einer R. In dem Zendavesta erscheint die R. bereits in die religiöse Auffassung und in die Kosmogonie verschlungen; ebenso finden sich Zeichen der Verehrung der R. bei Indern, Syrern und Ägyptern. Doch fehlt die R. auf den Bildwerken des alten Ägypten, und auch Herodot erwähnt sie nicht in seiner Schilderung ägyptischer Sitten, während er erzählt, daß die Babylonier silberne Rosen auf Stäben als festliche Attribute trugen. Nach Griechenland wanderte die R. über Phrygien, Thrakien und Makedonien ein. Homer nennt sie sehr häufig; die Morgenröte heißt stets rosenfingerig, und Persephone pflückt auf der Wiese Rosen und Krokus. Für Makedonien erwähnt schon Herodot die Gärten des Midas, in welchen vielblätterige Rosen wuchsen. Die R. war der Aphrodite geweiht; sie entstand aus dem Blute des Adonis oder aus dem bei der Erschaffung der Aphrodite abfallenden Meeresschaum und erblühte, als Aphrodite den Dorn mit Nektar beträufelte. Von der Aphrodite ging die R. auf den Eros, die Grazien und Musen über. Aber die R. war auch dem Dionysos geweiht und erscheint daher als Schmuck der Gastmähler. Unter den Kranzblumen stand sie als Blumenkönigin voran, und für die Bezeichnung der Schönheit war rosig das allgemeinste Wort. Gleichzeitig singen die Dichter von der Vergänglichkeit der R., sie erscheint als Sinnbild der Vergänglichkeit des Menschen und ist daher auch Symbol des Todes; nach alter Sitte wurden die Gräber mit Rosen bestreut. In der Kosmetik, in der Medizin und im Aberglauben spielten Rosen eine große Rolle. Nach Italien kam die R. früh mit den griechischen Kolonien und gedieh dort vortrefflich. Kampanien brachte Zentifolien hervor, und die Rosen um Pästum blühten zweimal im Jahr. Früh wurde die R. auch hier in den Liebes- und Lebensgenuß verflochten; der Tisch der Schmausenden ist ganz unter Rosen verborgen, das Haupt der Tänzerin, des weinschenkenden Knaben mit einem