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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rouge et noir; Rouget de Lisle; Rouge végétale; Rouher

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Rouge et noir - Rouher.

Papyrus im Britischen Museum den (vor 3000 Jahren verfaßten) ägyptischen Roman "Die zwei Brüder" (der erste erfolgreiche Versuch, einen ganzen hieratischen Papyrus zu übersetzen) und später das Sesostris-Epos, schrieb eine sorgfältige Analyse einer Inschrift im Grab Aahmes (aus der 18. Dynastie), eine andre über eine Stele Ramses' XII. in der "Bibliothèque nationale" die sehr wertvollen "Recherches sur les monuments qu'on peut attribuer aux six premières dynasties de Manéthon" (Par. 1865) und eine "Chrestomathie égyptienne", deren Herausgabe erst nach seinem Tod beendigt ward (1867 bis 1876, 4 Hefte). - Sein Sohn Jacques edierte aus seinem Nachlaß: "Inscriptions hiéroglyphiques copiées en Égypte" (Par. 1877-79, 4 Bde.); "Inscriptions et notices recueillies à Edfou" (das. 1880, 2 Bde.). Vgl. H. Wallon, "Notice historique sur la vie et les travaux de M. E. de R.", in den "Comptes rendus de l'Académie des inscriptions", 1877, S. 381 ff.

Rouge et noir (franz., spr. ruhsch e nŏahr, "Schwarz und Rot"), ein Glücksspiel (s. d.), zu welchem sechs vollständige Whistspiele, also 312 Karten, erforderlich sind. Die Zahl der Pointeure, welche gegen den Bankier spielen, ist unbeschränkt. Man spielt an einem Tisch, dessen Decke in zwei voneinander durch einen Streifen getrennte Felder zerfällt, ein rotes und ein schwarzes, auf deren eins jeder Pointeur seinen Satz stellt. Bei Beginn des Spiels läßt der Bankier die sämtlichen Karten nach rechts durch die Hände der Mitspielenden gehen, von denen jeder das Recht hat, sie zu mischen. Wenn sie alle wieder bei ihm eingetroffen, mischt er sie selbst noch einmal, nimmt von dem Stoß so viel herunter, als er bequem in der Hand halten kann, und zieht mit dem Ruf: "Le jeu est fait!" eine Karte ab, die er offen mitten auf den Tisch legt. Die Karten stets in der linken Hand behaltend, fährt er fort, sie einzeln abzuziehen und sie neben der ersten auf den Tisch zu reihen, wobei er den Wert der einzelnen Karte sowie den der aufliegenden Augensumme sagt, bis diese letztere 31 überschritten und 40 noch nicht erreicht hat. Hierbei gelten die Figuren 10, die andern Karten so viel, als sie Augen haben, die Asse für 1. Die so gelegte Reihe gilt für die Pointeure des roten Feldes; nach ihr legt der Bankier in der gleichen Weise eine zweite für die gegnerische Partei. Die Pointeure derjenigen Farbe, deren Reihe der 30 zunächst steht, gewinnen ihren gemachten Satz einfach, was der Bankier mit dem Ausruf "Le rouge perd!" (oder gagne) verkündet. Derselbe zieht hierauf alle in dem verlierenden Feld stehenden Sätze ein und bezahlt die Sätze in dem andern Feld. Haben beide Reihen denselben Wert, was der Bankier durch "Après" anzeigt, so bleibt der Koup unentschieden, und die Reihen müssen von neuem gelegt werden, es sei denn, daß derselbe beiderseits 31 beträgt (refait de trente-un), in welchem Fall dem Bankier die Hälfte aller Sätze in beiden Feldern zufällt. Die gebrauchten Karten werden nicht wieder benutzt; für jeden neuen Koup werden auch neue Karten von dem Stoß des Bankiers abgezogen.

Rouget de Lisle (spr. rūschä d'lihl), Claude Joseph, franz. Dichter, geb. 10. Mai 1760 zu Lons le Saunier, war 1792 Ingenieuroffizier in Straßburg und soll daselbst in einer Nacht die Marseillaise (s. d.) gedichtet und komponiert haben. Nach dem 10. Aug. eingekerkert und erst durch Robespierres Sturz wieder frei geworden, lebte er in Paris in bescheidenen Verhältnissen, bezog unter Ludwig Philipp eine Pension und starb 26. Juni 1836 in Choisy le Roi, wo ihm 1832 ein Denkmal errichtet wurde. Außer der Marseillaise hat er noch eine Anzahl Kriegs- und Revolutionslieder gedichtet, welche in der Sammlung "Cinquante chants français, paroles de divers auteurs, mis en musique par R." (1825) enthalten sind. Seine andern Schriften sind: "Essais en vers et en prose" (1796), das Lustspiel "L'école des mères" (1798), das Idyll "La matinée" (1811), die lyrische Tragödie "Macbeth" (1827), "Romances", "Souvenirs de Quiberon" u. a. Vgl. Poisle-Desgranges, R. et la Marseillaise (Par. 1864).

Rouge végétale, vegetabilisches Rot, s. Safflor.

Rouher (spr. ru-är), Eugène, franz. Staatsmann, geb. 30. Nov. 1814 zu Riom, studierte die Rechte in Paris und ward Advokat zu Riom, wo er nach dem Tod seines ältesten Bruders dessen einträgliche Praxis übernahm. 1848 in seiner Heimat zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt, gehörte er anfangs zur republikanischen Partei, ging aber bald zur Rechten über, wurde dann Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung, in der er sich dem Prinzen Ludwig Napoleon anschloß, und 31. Okt. 1849 zum Justizminister und Präsidenten des Kabinetts ernannt. Am 26. Okt. 1851 zurückgetreten, übernahm er nach dem Staatsstreich wieder dasselbe Portefeuille, legte es aber wegen des Konfiskationsdekrets gegen die Orléans 23. Jan. 1852 nieder und wurde zum Präsidenten des Staatsrats ernannt. Vom 3. Febr. 1855 bis 23. Juni 1863 verwaltete er das Ministerium des Handels, des Ackerbaues und der öffentlichen Arbeiten mit großem Geschick und Erfolg; er führte das Freihandelssystem Napoleons III. durch und schloß den berühmten Handelsvertrag mit England. Nach Billaults Tod ward er 13. Okt. 1863 Staats- (Sprech-) minister und behauptete sich in dieser Stellung bis 1870. Stets bereit, den Ausfällen der Opposition wider die Regierungspolitik im Gesetzgebenden Körper zu begegnen, zeigte sich R. als gewandten und in der Kunst rhetorischer Dialektik erfahrenen Redner. Indem er allen Wendungen der Napoleonischen Politik behend folgte und sich nie scheute, das zu verteidigen, was er kurz vorher mit seinem bekannten "Jamais" für völlig unmöglich erklärt, und das zu bekämpfen, was er früher gebilligt hatte, behauptete er bei Napoleon III. einen so maßgebenden Einfluß und machte sich durch seine Kunst, auch die bedenklichsten Akte des zweiten Kaiserreichs mit eiserner Stirn als erhabenste Weisheit zu preisen, so unentbehrlich in den Tuilerien, daß ihn Ollivier 12. Juli 1867 den "Vizekaiser" nannte. Sein Name war freilich so wenig geachtet, daß er die neue liberale Ära, die 1869 begann, nicht einleiten konnte; er legte sein Amt im Januar 1870 nieder, ward aber zum Präsidenten des Senats ernannt und behielt seinen Einfluß. An der Spitze des Senats hielt er 16. Juli 1870 in St.-Cloud an den Kaiser eine höchst kriegerische Rede. - Nach dem 4. Sept. begab er sich ins Ausland und ward erst 11. Febr. 1872 in Corsica zum Mitglied der Nationalversammlung gewählt. Er trat offen an die Spitze der kleinen bonapartistischen Partei, hatte 22. Mai den Mut, das zweite Kaiserreich inmitten einer feindlichen Kammer gegen die Angriffe Audiffret-Pasquiers zu verteidigen, und nahm an den monarchistischen Reaktionsbestrebungen bedeutenden Anteil. Er vertrat das Interesse des kaiserlichen Prinzen mit Geschick und nicht ohne Erfolg. Dessen früher Tod 1879 bewog ihn, von der Leitung der bonapartistischen Partei zurückzutreten. Seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer, starb er 3. Febr. 1884 in Paris.