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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rückfall

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Rückert - Rückfall.

ken enthält. Aber auch in dem reinen Lied, in der poetischen Erzählung, in den Formen des Sonetts, der Terzine, Oktave etc. hat R. einen fast unerschöpflichen Stimmungs- und Formenreichtum zu Tage gelegt. Zwar ist nicht zu leugnen, daß uns unter der fast unübersehbaren Menge seiner kleinern und größern Gedichte vieles begegnet, dem höhere Bedeutung mangelt. Je nachdem die eine oder die andre Seite der oben erwähnten Hauptelemente der Begabung Rückerts in seinem Schaffen überwiegend hervertritt, erscheinen die schwächern seiner Erzeugnisse als mehr oder weniger inhaltsarme Sprachspielereien oder als mehr oder weniger kühle Reflexionspoesien. Seine Sprachvirtuosität, die z. B. in den Nachbildungen der Haririschen Makamen an wortbildender, wortfindender und wortzwingender Geschicklichkeit das Unglaubliche verwirklicht, verführte den Dichter nicht selten zu Künsteleien, die staunenerregend, aber nicht eigentlich poetisch wirken, und anderseits trifft man häufig bei R. auf gnomische Gedichte, die nicht viel mehr als in Verse gebrachte geistreiche Pointen heißen können. Trafen aber in seinem Schaffen beide Elemente mit der echten Poetenstimmung schöpferischer Begeisterung zusammen, so waren Kunstwerke edelster Art und höchster Vollendung die Frucht dieser Vereinigung. Rückerts höchste Meisterschaft besteht darin, daß er dem scheinbar Unbedeutendsten eine poetische Bedeutung abzugewinnen verstand, wie sich das besonders in seinen "Haus- und Jahresliedern" bekundet, in denen an das Geringste und Unscheinbarste in ungezwungener Verknüpfung überaus liebliche und bedeutende Ideen gereiht erscheinen. Aber auch das Großartige und Tiefsinnige war dem Dichter mit Künstleraugen zu ergründen und mit Prophetenmund zu verkünden verliehen. Rückerts "Gesammelte Gedichte" erschienen Erlangen 1834-38, 6 Bände; Frankfurt a. M. 1843, 3 Bände; eine Auswahl derselben das. 1841 (22. Aufl. 1886). Eine Gesamtausgabe seiner "Poetischen Werke" umfaßt 12 Bände (Frankf. 1867-69 u. 1881). Nach dem Tode des Dichters erschienen aus seinem Nachlaß: "Lieder und Sprüche" (Frankf. 1866); "Aus Friedrich Rückerts Nachlaß" (Leipz. 1867, Übersetzungen von 20 Idyllen des Theokrit, von Aristophanes' "Vögeln" und der "Sakuntala" des Kalidasa enthaltend); "Kindertotenlieder" (Frankf. 1872; neue Ausg. u. d. T.: "Leid und Lied", das. 1881); die Übersetzung von Saadis "Bostan" (hrsg. von Pertsch, Leipz. 1882); Teile einer Übersetzung des Korans (hrsg., von A. Müller, Frankf. 1888) und "Poetisches Tagebuch, 1850-1866" (das. 1888). Die zuerst in den "Wiener Jahrbüchern der Litteratur" (1827-28) veröffentlichten philologischen Abhandlungen wurden von Pertsch unter dem Titel: "Grammatik, Poetik und Rhetorik der Perser" (Gotha 1874) neu herausgegeben. Vgl. Fortlage, R. und seine Werke (Frankf. 1867); Beyer, Friedrich R. Ein biographisches Denkmal (das. 1868); Derselbe, Neue Mitteilungen über Friedr. R. (Leipz. 1872-73, 2 Bde.); Derselbe, nachgelassene Gedichte Rückerts und neue Beiträge zu dessen Leben u. Schriften (Wien 1877); Boxberger, R.-Studien (Gotha 1878); Amelie Sohr, Heinrich Rückert (der Sohn des Dichters, dessen Biographie vieles auf den Vater Bezügliche enthält, Weim. 1881).

2) Leopold Immanuel, protest. Theolog, geb. 1797 zu Großhennersdorf in der Oberlausitz, ward 1819 Diakonus in seinem Geburtsort, 1825 Subrektor und 1840 Konrektor am Gymnasium in Zittau und folgte 1844 einem Ruf als Professor der Theologie nach Jena, wo er als Geheimer Kirchenrat 9. April 1871 starb. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: mehrfach aufgelegte Kommentare über die Briefe Pauli an die Römer, Galater, Epheser, Korinther; ferner "Theologie" (Leipz. 1851-52, 2 Bde.); "Das Abendmahl, sein Wesen und seine Geschichte in der alten Kirche" (das. 1856); "Ein Büchlein von der Kirche" (Jena 1857); "Der Rationalismus" (das. 1859); "Kleine Aufsätze" (Berl. 1861).

3) Heinrich, deutscher Geschichtschreiber und Germanist, Sohn von R. 1), geb. 14. Febr. 1823 zu Koburg, studierte 1840-44 in Erlangen, Bonn und Berlin Philologie, habilitierte sich 1845 in Jena für Geschichte und deutsche Altertumskunde, ward 1852 Professor zu Breslau und starb daselbst 11. Sept. 1875. Er hat sich unter anderm durch folgende Werke bekannt gemacht: "Annalen der deutschen Geschichte" (Leipz. 1850, 3 Bde.; 2. Aufl. als "Deutsche Geschichte" 1861 und ergänzt 1873); "Geschichte des Mittelalters" (Stuttg. 1853); "Geschichte der Neuzeit" (das. 1854); "Allgemeine Weltgeschichte" (mit Flegler, das. 1861); "Lehrbuch der Weltgeschichte in organischer Darstellung" (Leipz. 1857, 2 Tle.); "Kulturgeschichte des deutschen Volkes in der Zeit des Übergangs aus dem Heidentum in das Christentum" (das. 1853-54, 2 Bde.). Ferner sind zu erwähnen seine Ausgaben von Werken der ältern deutschen Litteratur, so vom "Leben des heil. Ludwig, Landgrafen von Thüringen" (Leipz. 1851), von "Der welsche Gast des Thomasin von Zirclaria" (Quedlinb. 1852), vom "Marienleben des Bruders Philipp vom Kartäuserorden" (das. 1853) sowie vom "Lohengrin" (das. 1858), "König Rother" (Leipz. 1874), "Heliand" (das. 1876) und die "Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache" (das. 1875, 2 Bde.). Aus seinem Nachlaß gab Pietsch heraus: "Entwurf einer systematischen Darstellung der schlesischen Mundart im Mittelalter" (Paderb. 1878). Vgl. Amelie Sohr und Reifferscheid, Heinrich R. in seinem Leben und seinen kleinern Schriften (Weim. 1877-80, 3 Bde.).

Rückfall, in der Medizin das Wiedereintreten einer Krankheit, kann erfolgen, wenn die erste Krankheit bereits anscheinend oder wirklich geheilt war (Recidiv), oder wenn die Genesung durch neue Schädlichkeiten unterbrochen wird, so daß die Krankheit von neuem beginnt (Rekrudeszenz). Ein eigentlicher R. kommt vor bei Rückfalltyphus, bei Gelenkrheumatismus und Herzklappenentzündung, bei Malaria, bei Syphilis, höchst selten bei Masern und Scharlach, dagegen häufiger bei Nesselsucht. Wenn eine Person eine und dieselbe Krankheit zweimal bekommt, ohne ersichtlichen Zusammenhang, so ist dies kein R. Eine Rekrudeszenz kommt weit häufiger vor, besonders bei Unterleibstyphus nach Diätfehlern, bei Lungen- und Brustfellentzündung nach Erkältung, bei Diphtheritis, Krupp, Ruhr und vielen Krankheiten, in denen die Heilung unterbrochen wird und mangelhafte Stellen (loci minoris resistentiae) zurückbleiben, z. B. bei Blinddarm- und Bauchfellentzündungen. So gewöhnlich man auch den R. bösartiger Geschwülste als Recidiv bezeichnet, so gehört er doch streng gegenommen in das Gebiet der Rekrudeszenz, und es wird sich vielleicht in Zukunft ergeben, daß auch das eigentliche Recidiv nur auf einem erneuten Aufleben schlummernder Krankheitskeime beruht. - Im Strafrecht ist R. im weitesten Sinn die Verübung einer strafbaren Handlung von seiten eines bereits früher wegen einer solchen rechtskräftig Verurteilten. In diesem Sinn wird gewöhnlich in der Verbrecherstatistik von Rückfälligen gesprochen, d. h. von Sträflingen, welche früher schon eine Strafe verbüßt haben. R. im