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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Rutilius Lupus - Rutuler.

gleichen System kristallisierenden Anatas zurückführbar zu sein. R. findet sich in säulen-, haar- oder nadelförmigen Kristallen, auf- und eingewachsen, auch derb, in körnigen Aggregaten, Geschieben und Körnern; er ist dunkelrot und braun, bei starkem Eisengehalt schwarz (Nigrin), durchscheinend bis undurchsichtig, von metallartigem Diamantglanz. Härte (6-6,5) und spez. Gew. (4,2-4,3) sind höher als die des Anatas und Brookits. R. findet sich in kleinen Mengen in den kristallinischen Silikatgesteinen, ferner häufig als Einschluß in Bergkristall, mikroskopisch ungemein reichlich in sehr vielen kristallinischen und halbkristallinischen Schiefern, bei Freiberg, Bärnau in Bayern, Saualpe in Kärnten, Pfitschthal in Tirol, Modriach in Steiermark, St. Gotthard, Binnenthal im Wallis, St.-Yrieux, Arendal, Ural, Minas Geraës. Vom Graves Mount in Georgia (Nordamerika) sind sehr große, bis pfundschwere Kristalle bekannt. R. dient zur Herstellung einer gelben Farbe für Porzellanmalerei.

Rutilius Lupus, röm. Rhetor, verfaßte unter Tiberius nach einem griechischen Werk des jüngern Gorgias eine Schrift über die Redefiguren, von der sich zwei Bücher (schemata lexeos) erhalten haben. Ausgaben besorgten Ruhnken (Leid. 1768; 2. Aufl., Leipz. 1841), Jacob (Lüb. 1837), Halm (in den "Rhetores latini minores", Leipz. 1863).

Rutilius Namatianus, s. Namatianus.

Rütimeyer, Ludwig, Paläontolog, geb. 26. Juni 1825 zu Biglen im Emmenthal, studierte in Bern anfangs Theologie, dann Medizin, hierauf in Paris, London, Leiden Naturwissenschaft, habilitierte sich 1854 in Bern und erhielt 1855 die Professur der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Basel. R. erforschte die vorweltliche Fauna der Schweiz, lieferte aber namentlich umfassende Untersuchungen über die Herkunft einiger Säugetiergruppen. In seinem "Versuch einer natürlichen Geschichte des Rindes in seinen Beziehungen zu den Wiederkäuern im allgemeinen" (1867) legte er den Grund zu einer Kenntnis der Beziehungen, welche zwischen den heutigen und den fossilen Wiederkäuern und Huftieren überhaupt bestanden haben, so daß man jetzt einen paläontologisch fest begründeten Stammbaum dieser Klasse entwerfen kann. Weitere Schriften über dasselbe Thema sind: "Lebende und fossile Schweine" (Berl. 1857); "Beiträge zur Kenntnis der fossilen Pferde und zur vergleichenden Odontographie der Huftiere überhaupt" (das. 1863), denen 1876 "Weitere Beiträge" folgten; "Die Rinder der Tertiärepoche" (das. 1878). Außerdem schrieb er: "Vom Meer bis zu den Alpen, Schilderung unsers Kontinents" (Bern 1854); "Fauna der Pfahlbauten in der Schweiz" (Basel 1861); "Crania helvetica" (mit His, das. 1864); "Über Thal- und Seebildung" (das. 1869); "Die Herkunft unsrer Tierwelt" (das. 1867); "Die Grenzen der Tierwelt" (das. 1868); "Die Veränderungen der Tierwelt in der Schweiz seit Anwesenheit des Menschen" (das. 1875); "Über Pliocän- und Eisperiode auf beiden Seiten der Alpen" (das. 1876); "Der Rigi" (das. 1877); "Beiträge zu einer natürlichen Geschichte der Hirsche" (Zürich 1881-83); "Beiträge zur Geschichte der Hirschfamilie" (Basel 1882); "Die Bretagne" (das. 1883).

Rutinsäure, s. Kaprinsäure.

Rutland (Ruotland), s. v. w. Roland.

Rutland (Rutlandshire, spr. röttländschir), 1) die kleinste Grafschaft Englands, zwischen Lincoln, Northampton und Leicester gelegen, umfaßt 384 qkm (6,91 QM.) mit (1881) 21,434 Einw. und ist ein Hügelland von geringer Erhebung mit fruchtbarem Boden und schönem Weideland; Hauptfluß ist der Welland (Grenzfluß gegen Northampton). Von der Oberfläche sind 47 Proz. unter dem Pflug, 43 Proz. bestehen aus Weideland. Ackerbau und Viehzucht bilden die wesentliche Erwerbsquelle, die Industrie ist von geringer Bedeutung und beschränkt sich auf Gerberei. Hauptstadt ist Oakham. Den Titel Herzog von R. führt seit 1803 die anglonormännische Familie Manners, die bald nach der Eroberung Englands durch die Normannen im Norden eine große Rolle spielte. Inhaber des Titels und siebenter Herzog ist seit dem 4. März 1888 Lord John Manners (s. d.), einer der namhaftesten Führer der konservativen Partei. - 2) Stadt im nordamerikan. Staat Vermont, in den Green Mountains, hat 2 Gefängnisse, große Marmor- und Schieferbrüche, lebhaften Verkehr und (1880) 12,149 Einw.

Rütli (auch Grütli), eine von Felswänden und Gebüsch umgebene Uferwiese am linken Ufer des Urner Sees. Hierher versetzt die Sage den Geheimbund der drei ersten "Eidgenossen", Werner Stauffacher von Schwyz, Walther Fürst von Uri und Arnold Melchthal aus Unterwalden, die hier, nächtlicherweile mit ihren Gesinnungsgenossen vereinigt, Mittwoch vor Martini 1307 schwuren, am kommenden Neujahrstag die Vögte zu verjagen und so die drei Länder gegen die Habsucht des habsburgisch-österreichischen Hauses zu schützen. Im Munde der Überlieferung bildet also das R. die Wiege der schweizerischen Freiheit. Durch eine patriotische Subskription der Schweizer Schuljugend ist dasselbe Nationalgut geworden. Von dem Kurort Seelisberg aus ist das R. auf schroffem Felsenpfad zugänglich. In der Nähe ragt der Mythenstein aus dem See, eine einzelne Felsensäule mit einem Denkmal Schillers, von den Urkantonen dem Dichter des "Wilhelm Tell" 1860 errichtet.

Rutschberge, eigentlich künstliche Eisberge, eine russische Erfindung. Sie bestehen aus einer auf Pfosten ruhenden, mit dicker Eisrinde überzogenen schrägen Holzbahn, auf der man auf niedrigen Schlitten herabgleitet und dabei eine so große Geschwindigkeit erlangt, daß man einen zweiten kleinern Rutschberg ersteigt. Dieses Fahren ist eine gewöhnliche Winterbelustigung in Rußland. Die russischen Truppen brachten sie auch nach Paris (montagnes russes), von wo sie sich später nach Wien, Berlin und andern großen Städten verpflanzte, woselbst man R. auch ohne Eis anlegte, auf denen die Schlitten in Schienen gleiten, welche am Ende des Wegs oft eine aufrechte Schlinge bilden, die man, durch die Zentrifugalkraft gehalten, mit nach unten hängendem Kopf durchfährt.

Rutscher, Tanz, s. Galoppade.

Rutscherzins, eine ehedem bei Reallasten (s. d.), namentlich bei Grundzinsen, übliche Buße, welche der Zinspflichtige bei verspäteter Zinszahlung entrichten mußte, und die sich bei fortdauernder Säumnis erhöhte.

Rutschflächen, s. Verwerfungen.

Rutschschere (Wechselschere), s. Erdbohrer, S. 741.

Rutte, mittelalterliche Kriegsmaschine, Katapult (s. d.), zum Forttreiben von Pfeilen.

Rutte, s. Quappe.

Ruttee (Röttih), ostind. Gewicht, s. Tola.

Rüttelweih, s. Weihen und Bussarde.

Rutuler, kleines Volk an der Küste von Latium, mit der Hauptstadt Ardea, dessen König Turnus in den Fahrten des Äneas als Feind desselben erscheint. Der Name verschwindet in der römischen Königszeit.